Bundesrat verabschiedet kernenergiepolitisches Paket
MEDIENMITTEILUNG
Bundesrat verabschiedet kernenergiepolitisches Paket
Der Bundesrat hat den Vernehmlassungsentwurf zum Kernenergiegesetz (KEG)
verabschiedet. Der Entwurf enthält Vorschläge zur Betriebsdauer der
bestehenden Kernkraftwerke, ein Verbot der Wiederaufarbeitung abgebrannter
Brennelemente und Vorschriften zur Entsorgung der radioaktiven Abfälle
sowie deren Finanzierung. Er sieht für neue Kernkraftwerke das fakultative
Referendum vor. Gleichzeitig hat der Bundesrat die Verordnung über den
Entsorgungsfonds für Kernkraftwerke verabschiedet. Mit der Schaffung
dieses Fonds soll noch vor dem neuen KEG die Finanzierung der Entsorgung
radioaktiver Abfälle besser sichergestellt werden. Als Folge der
Verzögerungen beim KEG beantragt der Bundesrat dem Parlament die
Verlängerung des Bundesbeschlusses zum Atomgesetz. Für das Zentrale
Zwischenlager für radioaktive Abfälle in Würenlingen (ZZL) hat der
Bundesrat mit einer Änderung der Kernenergiehaftpflichtverordnung die
Prämie für die Bundesdeckung festgelegt. Schliesslich erteilte er die
Betriebsbewilligung für die Abfallbehandlungsanlage im ZZL.
1. KEG: Vernehmlassung eröffnet
Im Atomgesetz von 1959 und im Bundesbeschluss zum Atomgesetz von 1978 sind
viele heute aktuelle Fragen nicht geregelt. Der Bundesbeschluss ist bis
Ende 2000 befristet. Im September 2000 läuft das Kernenergie-Moratorium in
der Bundesverfassung aus. Ende September 1999 sind zwei neue
Volksinitiativen eingereicht worden, die den Ausstieg aus der Kernenergie
bzw. ein weiteres Moratorium verlangen.
Die Revisionsarbeiten am Atomgesetz dauern seit Mitte der 70er Jahre. Sie
wurden mehrmals zurückgestellt, insbesondere wegen Volksinitiativen und
wegen Tschernobyl. Von 1996 bis 1999 fanden verschiedene Dialog-Runden
statt, die auch einen Weg aus der teilweise festgefahrenen Situation in
der Kernenergiepolitik hätten aufzeigen sollen. Dabei konnte in mehreren
wesentlichen Fragen keine Einigung erzielt werden. Anfang Februar 2000
machte schliesslich eine Expertengruppe Empfehlungen zur Konzeption der
Entsorgung radioaktiver Abfälle.
Der Vernehmlassungsentwurf enthält Vorschläge zu den wichtigsten Fragen um
die Kernenergie:
· Zur Befristung des Betriebs der bestehenden Kernkraftwerke werden zwei
Varianten zur Diskussion gestellt: Befristung, wobei die konkrete Frist
aufgrund der Vernehmlassung noch festzulegen wäre, und keine Befristung.
Für eine Befristung sprechen vorwiegend energiepolitische Gründe. Dagegen
spricht, dass es aus heutiger Sicht schwierig ist, Sicherheitskriterien
für das Festlegen einer Frist zu finden. Die Frage der Verfassungsmäs
-sigkeit der Befristung wird während der Vernehmlassung geprüft.
· Die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente bzw. die damit
zusammenhängenden Ausfuhren sollen nicht mehr erlaubt sein. Die
bestehenden Verträge können innerhalb eines gesetzlich definierten Rahmens
noch erfüllt werden.
· Lufttransporte plutoniumhaltiger Kernmaterialien sollen in Zukunft
verboten sein.
· Das Konzept der Entsorgung basiert auf den Empfehlungen der
Expertengruppe Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle (EKRA). Um den
Forderungen nach Überwachung und erleichterter Rückholbarkeit der Abfälle
zu entsprechen, wird das Konzept der geologischen Tiefenlagerung
vorgeschlagen. Falls die Abfälle nicht zurückgeholt werden, kann das
Tiefenlager nach einer längeren Beobachtungsphase in ein geologisches
Endlager überführt werden.
· Für die Finanzierung der Stilllegungs- und der Entsorgungskosten lehnt
sich der Vernehmlassungsentwurf an die Stilllegungsfondsverordnung und an
die Verordnung über den Entsorgungsfonds für Kernkraftwerke an. Zusätzlich
soll auch beim Entsorgungsfonds eine solidarhaftungsähnliche
Nachschusspflicht der anderen Betreibergesellschaften eingeführt werden,
wie sie beim Stilllegungsfonds gilt. Diese Nachschusspflicht wird auf die
wirtschaftliche Tragbarkeit beschränkt; nötigenfalls beschliesst die
Bundesversammlung über eine Bundesbeteiligung an den nicht gedeckten
Kosten.
· Für neue Kernanlagen ist weiterhin eine Rahmenbewilligung erforderlich.
Gegen deren Erteilung kann künftig das Referendum ergriffen werden. Die
Bewilligungsverfahren werden koordiniert. Gegen Verfügungen und
Bewilligungsentscheiden können Betroffene Beschwerde an eine
verwaltungsunabhängige Gerichtsbehörde erheben.
· Zur Stilllegung von Kernanlagen legt der Vernehmlassungsentwurf
Grundsätze fest und regelt die einzelnen Stilllegungsschritte.
Nach Auswertung der Vernehmlassung wird die Botschaft zum KEG auszuarbeiten
sein. Der KEG-Entwurf soll als materieller Gegenvorschlag zu den beiden
neuen Volksinitiativen ("Strom ohne Atom" und "Moratorium-Plus") dienen.
Der Bundesrat wird Anfang 2001 die entsprechen-de Botschaft ans Parlament
verabschieden. Die Revision des Kernenergiehaftpflichtgesetzes wird
anschliessend an die Totalrevision des Atomgesetzes erfolgen.
2. Verordnung über den Entsorgungsfonds für Kernkraftwerke verabschiedet
Die Finanzierung der Stilllegung der Kernkraftwerke und der Entsorgung der
radioaktiven Abfälle war bisher unterschiedlich geregelt. Seit 1984 werden
die Kosten für die Stilllegung durch den Stilllegungsfonds sichergestellt.
Dieser Fonds wird durch jährliche Beiträge der Kernkraftwerkbetreiber
gespiesen. Eine entsprechende Regelung fehlte für die Entsorgungskosten.
Im Juni 1999 sandte deshalb der Bundesrat einen Vorentwurf für eine
Verordnung über den Entsorgungsfonds für Kernkraftwerke in die
Vernehmlassung. Die Errichtung eines Fonds fand bei den meisten
Vernehmlassern Unterstützung. Im Übrigen gingen die Meinungen der
Vernehmlasser stark auseinander. Umstritten waren insbesondere die Wahl
des Fondsmodells, d.h. welche Entsorgungskosten durch den Fonds abgedeckt
werden sollen, ferner die für die Berechnung der Beiträge anzunehmende
Betriebsdauer, die Nachschusspflicht und die Übergangsfrist für die
Äufnung des Fonds aus den bestehenden Rückstellungen der
Kernkraftwerkbetreiber.
Gemäss der vom Bundesrat verabschiedeten Verordnung soll für die Entsorgung
der radioaktiven Abfälle eine mit dem Stilllegungsfonds vergleichbare
Regelung eingeführt werden. Nach der Verordnung werden sämtliche
Entsorgungskosten, die nach Betriebsende der jeweiligen Kernkraftwerke
entstehen, durch den Entsorgungsfonds sichergestellt. Die vor Betriebsende
anfallenden Entsorgungskosten sind von den Kernkraftwerkbetreibern wie bis
anhin direkt zu bezahlen. Die Betreiber werden verpflichtet, jährliche
Beiträge an den Fonds zu leisten, so dass nach einem 40-jährigen Betrieb
die erforderlichen finanziellen Mittel im Fonds vorhanden sind. Ab 1.
Januar 2001 haben die Betreiber ihre für die Entsorgungskosten getätigten
Rückstellungen in den Fonds einzubringen und Beiträge in den Fonds zu
bezahlen.
3. Verlängerung des Bundesbeschlusses zum Atomgesetz beantragt (Botschaft
zum Bundesgesetz über die Änderung des Bundesbeschlusses zum Atomgesetz)
Der Bundesbeschluss ist bis Ende 2000 befristet. Ursprünglich wurde davon
ausgegangen, dass bis zu diesem Zeitpunkt das neue KEG in Kraft gesetzt
werden kann. Verschiedene Umstände führten aber immer wieder zu
Verzögerungen. Ein neues KEG dürfte frühestens im Jahre 2002 in Kraft
treten. Die Geltungsdauer des Bundesbeschlusses zum Atomgesetz soll ohne
inhaltliche Änderungen um zehn Jahre, d.h. bis Ende 2010, verlängert
werden.
4. Änderung der Kernenergiehaftpflichtverordnung (KHV)
Der Bundesrat hat mit einer Änderung der KHV die Versicherungsprämie der
Zwischenlager Würenlingen AG (ZWILAG) für die Bundesdeckung festgelegt.
Diese Versicherung ist für die Differenz zwischen der privat versicherten
(700 Mio. Fr.) und der gesetzlich vorgeschriebenen Deckungssumme (1 Mia.
Fr.) abzuschliessen. Die Bundesversicherung deckt zudem diejenigen
Risiken, die von den privaten Versicherern ausgeschlossen werden dürfen.
Dies sind einerseits Schäden aus ausserordentlichen Naturvorgängen und
kriegerischen Ereignissen und anderseits Ansprüche aus Spätschäden.
5. Erteilung der Betriebsbewilligung für die Abfallbehandlungsanlagen des
Zentralen Zwischenlagers für radioaktive Abfälle in Würenlingen
Der Bundesrat hat für das ZZL die Betriebsbewilligung für die
Abfallbehandlungsanlagen (Konditionierungs- sowie Verbrennungs- und
Schmelzanlage) erteilt. Anlässlich des durchgeführten öffentlichen
Verfahrens wurden keine Einwendungen vorgebracht, welche die Begutachtung
durch die Sicherheitsbehörden entkräftet oder eine Ergänzung der
Begutachtung erfordert hätten. Die nötigen Sicherheitsmassnahmen zum
Schutz von Menschen und Gütern sind getroffen.
Bern, 6. März 2000
UVEK Eidgenössisches Departement für
Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation
Pressedienst
Auskünfte:
Peter Koch, Fürsprecher, Bundesamt für Energie, Tel. 031/322 56 36
Beilagen:
- Medienrohstoff (http://www.uvek.admin.ch/doku/presse/2000/d/00030602.pdf)
- Vernehmlassungsentwurf des KEG
(http://www.uvek.admin.ch/doku/presse/2000/d/00030603.pdf)
- Verordnung über den Entsorgungsfonds für Kernkraftwerke
(http://www.uvek.admin.ch/doku/presse/2000/d/00030604.pdf)
- Vernehmlassungsbericht zum Entwurf einer Verordnung über den
Entsorgungsfonds
Weitere Beilagenexemplare können bezogen werden beim Bundesamt für Energie,
Mischa Frosio, Tel. 031/322 56 76