Expertengruppe Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle veröffentlicht Schlussbericht
MEDIENMITTEILUNG
Expertengruppe Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle veröffentlicht
Schlussbericht
Die Expertengruppe Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle (EKRA) hat
ihren Schlussbericht am Montag in Bern veröffentlicht. Darin schlägt sie
als neues Konzept die kontrollierte geologische Langzeitlagerung vor,
welche die Endlagerung mit der Möglichkeit der Reversibilität kombiniert.
Im Rahmen der laufenden Entsorgungsprojekte sollen Überwachung, Kontrolle
und erleichterte Rückholung im Sinne dieses neuen Konzepts untersucht
werden.
Bei der Entsorgung der radioaktiven Abfälle wurde bisher weltweit das
Konzept der End-lagerung bevorzugt. Dem steht heute die gesellschaftliche
Forderung nach Reversibilität (Überwachung, Kontrolle und Rückholbarkeit)
gegenüber. Der Vorsteher des UVEK, Bundesrat Moritz Leuenberger, setzte
deshalb im Juni 1999 die Arbeitsgruppe Entsorgungskonzepte für radioaktive
Abfälle (EKRA) ein. Sie wurde beauftragt, bis Ende 1999 die Grundlagen für
einen Vergleich der verschiedenen Entsorgungskonzepte zu erarbeiten und
besonders die geologische Endlagerung, die kontrollierte und rückholbare
Langzeitlagerung sowie die Zwischenlagerung zu vergleichen und Vorschläge
für das weitere Vorgehen zu erarbeiten.
Gesellschaftliche Erwartungen an die Lagerung radioaktiver Abfälle
Nach der EKRA muss das Hauptziel jedes Entsorgungskonzeptes die Sicherheit
von Mensch und Umwelt sein. Aus der Sicht der Nachhaltigkeit gilt dies für
die heutige wie auch für kommende Generationen. Ein weiteres Ziel ist die
Forderung nach Reversibilität, die auch späteren Generationen den
Entscheid offen lässt, ob das Lager verschlossen wird oder weiter offen
bleibt. Zusätzliche Werte und Ziele bei der Wahl eines Konzepts sind die
Einhaltung des Verursacherprinzips sowie die Akzeptanz.
Das Konzept der kontrollierten geologischen Langzeitlagerung
Zwischen der Forderung nach Sicherheit für eine Dauer von mehr als 100'000
Jahren und der Forderung nach ewiger Kontrolle und Rückholbarkeit bestehen
Zielkonflikte. So erreicht die Lebensdauer einer menschlichen Kultur
erfahrungsgemäss kaum mehr als 1000 Jahre, durchbrochen von Krisen und
Katastrophen. Damit sind die Möglichkeiten der Überwachung und Kontrolle
eingeschränkt. Zudem erhöhen einfach zugängliche Lager das
Sicherheitsrisiko sowohl kurz- als auch langfristig.
Das von der EKRA entwickelte Konzept der kontrollierten geologischen
Langzeitlagerung verbindet die Endlagerung mit der Möglichkeit der
Reversibilität: Zusätzlich zum Hauptlager sieht es die Errichtung eines
Testlagers und eines Pilotlagers sowie eine längere Beobachtungsphase vor.
Auch nach dem Verschluss des Hauptlagers können Überwachung und Kontrolle
im Rahmen des vom Hauptlager unabhängigen Pilotlagers durchgeführt werden.
Beobachtungen im Pilotlager erlauben Eingriffe im Hauptlager und wenn
nötig die Rückholung der eingelagerten Abfälle.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen der EKRA
Das übergeordnete Ziel der nuklearen Entsorgung ist der zeitlich
unbeschränkte Schutz von Mensch und Umwelt. Dazu braucht es eine
Kombination von technischen und natürlichen Barrieren, welche die Abfälle
langfristig von der Biosphäre trennen. Deshalb kommen einzig geologische
Tiefenlager mit verschlossenen Lagerkavernen in Frage. Lager an der
Erdoberfläche, namentlich Zwischen- und Dauerlager sowie Tiefen-Dauerlager
mit offenen Lagerkavernen, sind als langfristige Lösungen auszuschliessen.
· Die öffentliche Debatte zur Frage der nuklearen Entsorgung ist zu
fördern.
· Im Kernenergiegesetz ist der neue Vorschlag der EKRA vorzusehen. Im
Rahmen der laufenden konkreten Projekte sind deshalb Überwachung,
Kontrolle und erleichterte Rückholung zu dokumentieren.
· Die finanzielle Unabhängigkeit des Entsorgungsprogramms von den
Betreibern der Kernkraftwerke ist schon heute zu sichern.
· Der Standort Wellenberg erfüllt auf Grund der heutigen Kenntnisse die
Anforderungen sowohl für die geologische Endlagerung als auch für die
kontrollierte geologische Langzeitlagerung. Das Projekt ist
weiterzuverfolgen, wobei das angepasste Lagerkonzept Wellenberg als
Ausgangspunkt dienen kann. Die notwendigen Schritte zur Realisierung eines
Sondierstollens am Wellenberg sind in die Wege zu leiten.
· Das im Hinblick auf ein Lager für hochaktive Abfälle erkundete
Wirtsgestein Opalinuston ist grundsätzlich für beide Lagerkonzepte
geeignet. Nach Abschluss des noch ausstehenden Entsorgungsnachweises sind
die Standortcharakterisierung voranzutreiben und die Lagerplanung und
Standorterkundung an die Hand zu nehmen. Ausländische Lageroptionen
stellen keinen Ersatz für die Suche nach einer Lösung der Entsorgung in
der Schweiz dar.
Bern, 7. Februar 2000
UVEK Eidgenössisches Departement für
Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation
Pressedienst
Auskünfte: Prof. Walter Wildi, Universität Genf, Tel. 079 310 00 39
Dr. Michael Aebersold, Bundesamt für Energie, Tel. 031 / 322 56 31