Verkehrshalbierungs-Initiative: Radikalkur nach falschem Rezept
MEDIENMITTEILUNG
Verkehrshalbierungs-Initiative: Radikalkur nach falschem Rezept
Volk und Stände sollen am kommenden 12. März die Verkehrshalbierungs
-Initiative ablehnen. Dies empfiehlt Bundesrat Moritz Leuenberger im Namen
des Bundesrates. Zum einen lassen sich die Ziele des Volksbegehrens nur
mit einschneidenden Zwangsmassnahmen erreichen. Zum anderen hätte ein Ja
unabsehbare Konsequenzen für Berg- und Randgebiete. Das Eidg. Departement
für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat heute die
Kernargumente gegen die Initiative veröffentlicht.
Die Verkehrshalbierungs-Initiative verlangt, den motorisierten
Strassenverkehr innerhalb von nur zehn Jahren auf den Stand von 1970
zurückschrauben. Diese Forderung geht dem Bundesrat viel zu weit. Mit vier
autofreien Sonntagen zum Beispiel könnte die Verkehrshalbierung nur gerade
zu einem Fünfzigstel erreicht werden. Selbst mit so drastischen Massnahmen
wie einer Erhöhung des Benzinpreises auf drei Franken würde das
Reduktionsziel verfehlt. Nötig wären deshalb Zwangsmassnahmen wie
temporäre Fahrverbote oder Kilometerkontingentierungen. Der Staat müsste
also sagen, wer wieviel Auto fahren darf. Bundesrat Leuenberger dazu:
"Eine derartige Bevormundung der Bürgerinnen und Bürger widerspricht
unserem Staatsverständnis. Der Drang nach Mobilität liess sich nie und
lässt sich auch heute nicht unterdrücken.
Nicht Mobilität, sondern schädliche Folgen bekämpfen
Bundesrat Leuenberger zum menschlichen Grundbedürfnis nach Mobilität: "Aus
unserem Ziel, allen Menschen die Teilnahme an der Gesellschaft zu
garantieren, und aus unserem Bestreben, eine möglichst chancengleiche
Gesellschaft zu verwirklichen, ergibt sich der politisch begründete
Anspruch auf Mobilität. Diese ist eine Bedingung, dass sich die einzelnen
Menschen soziale Geltung verschaffen können, und ein Mittel, um das
Grundrecht auf Chancengleichheit zu garantieren. Der Anspruch auf
Mobilität ist zwar nicht wie ein verfassungsmässiges Recht einklagbar,
aber seine Verweigerung kann eine politische und soziale Diskriminierung
bedeuten. Nicht die Mobilität, sondern deren schädliche Auswirkungen sind
zu bekämpfen."
Bereits Massnahmen getroffen
Auf diesem Weg haben Bund und Kantone in den vergangenen Jahren bereits
zahlreiche Massnahmen ergriffen. Leuenberger erinnert etwa an die
Verschärfung der Abgas- und Lärmvorschriften, die bevorstehende Einführung
der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, das CO2-Gesetz, den vom
Parlament beschlossenen Einstieg in die ökologische Steuerreform, die
Modernisierung unserer Bahnen sowie verschiedene Verbesserungen im Bereich
der Verkehrssicherheit. Diesen Weg gilt es in den kommenden Jahren im
Einklang mit der Europäischen Union konsequent weiterzuverfolgen.
Nicht haltbar ist die Behauptung des Initiativkomitees, eine Halbie-rung
des motorisierten Strassenverkehrs lasse sich wirtschaftsverträglich
umsetzen. Eine vom Dienst für Gesamtverkehrsfragen in Auftrag gegebene
Studie kommt zum Schluss, dass "eine Verkehrshalbierung überwiegend
negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum zeitigt. Eine
fristgerechte Umsetzung dürfte die Wirtschaftskraft derart schwächen, dass
auch die Beschäftigung negativ betroffen wird." (Reduktionspotenziale beim
motorisierten Strassenverkehr, EDMZ Nr. 801.564d)
Grosse Nachteile für Randregionen und Tourismus
Besonders einschneidend sind die Auswirkungen für die Berg- und
Randgebiete, den Tourismus sowie das Transportgewerbe. Der öffentliche
Verkehr ist nicht in der Lage, den zu erwartenden Mehrverkehr zu
verkraften. Dieser müsste seine Kapazität innerhalb von zehn Jahren
verdoppeln. Das ist allein schon aus finanziellen Gründen unrealistisch.
Moritz Leuenberger warnt im weiteren vor einer drohenden internationalen
Isolation. Um ihre internationalen Verpflichtungen einzuhalten, müsste die
Schweiz entweder Sonderregelungen treffen, die sich gegen die eigene
Wirtschaft und Bevölkerung richteten, oder dann die entsprechenden
Verträge kündigen. Im Fall des Landverkehrsabkommens würde damit das ganze
bilaterale Vertragswerk mit der Euro-päischen Union hinfällig.
Bern, 31. Januar 2000
UVEK Eidgenössisches Departement für
Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation
Pressedienst
Beilagen: Argumentarium