Neue Leitplanken für die Gentechnologie
MEDIENMITTEILUNG
Neue Leitplanken für die Gentechnologie
Die Chancen der Gentechnologie sollen genutzt, die Risiken für Mensch und
Umwelt begrenzt werden. Der Bundesrat hat heute über die Gen-Lex-Vorlage
entschieden. Die entsprechende Botschaft an das Parlament soll in den
kommenden Wochen verabschiedet werden. Die Gen-Lex verstärkt die
gesetzlichen Leitplanken im Bereich der ausserhumanen Gentechnik.
Kernpunkte sind eine Haftpflicht für Hersteller von gentechnisch
veränderten Produkten und Kriterien zur Definition der Würde der Kreatur.
Oberstes Ziel der neuen Leitplanken für die Gentechnologie sind der Schutz
von Mensch und Umwelt, die Sicherung der biologischen Vielfalt und deren
nachhaltige Nutzung sowie die Achtung der Würde von Tieren und Pflanzen.
Geprüft wird die Sicherheit und die ethische Verantwortbarkeit. Dabei gilt
es, den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt zu
ermöglichen und die Wohlfahrt zu sichern.
Der Bundesrat hat bei der Gen-Lex folgende Entscheide gefällt:
- Würde der Kreatur: Die Würde der Kreatur ist durch die Verfassung
geschützt. Die Gen-Lex hält fest, was unter dieser Würde zu verstehen ist.
Tiere und Pflanzen werden in ihrer Würde beeinträchtigt, wenn sie ihre
artspezifischen Eigenschaften und Lebensweisen (Fortpflanzung, Bewegung
usw.) nicht mehr ausüben können. Die Gen-Lex verlangt, dass bei
gentechnischen Veränderungen von Pflanzen und Tieren diese Würde nicht
missachtet wird. Fragen der Ethik werden von der im April 1998
geschaffenen Ethik-Kommission beurteilt, welche neu als beratendes Gremium
in die bisherigen Kontrollverfahren miteinbezogen wird. Sie kann
konkretisieren, wann ein Eingriff eine Missachtung dieser Würde darstellt
und wann ein Eingriff tolerierbar ist.
- Biologische Vielfalt: Mit der Gen-Lex wird das Übereinkommen von Rio zum
Schutz der Biodiversität auf Gesetzesebene verankert. Die Gen-Lex schreibt
vor, dass die biologische Vielfalt der Schweiz erhalten und nachhaltig
genutzt werden muss. Der Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen
darf dieses Ziel nicht beeinträchtigen.
- Strenge Haftpflicht für Hersteller: Der Hersteller von in Verkehr
gebrachten GVO haftet für Schäden, welche diese verursachen. Er haftet
auch für finanzielle Einbussen, die ein Bauer als Folge einer Bestäubung
seiner Pflanzen mit gentechnisch verändertem Pollen erleidet.
Ersatzansprüche müssen innert drei Jahren nachdem der Schaden bekannt
geworden ist, geltend gemacht werden. Die Verjährungsfrist für Schäden im
Zusammenhang mit gentechnisch veränderten Organismen beträgt 30 Jahre ab
dem Schadenereignis. Die Verlängerung der Haftpflicht vom 10 auf 30 Jahre
ist nötig, weil durch GVO verursachte genetische Veränderungen an anderen
Pflanzen oder Organismen unter Umständen erst nach vielen Jahren bekannt
werden.
- Einzelfallprüfung bei Gesuchen für eine Freisetzung von gentechnisch
veränderten Organismen: Jedes einzelne Gesuch soll nach festgelegten
Kriterien überprüft werden. Neu wird diese Prüfung auch Überlegungen zur
Beachtung der Würde der Kreatur und zur Erhaltung der biologischen
Vielfalt umfassen. Zusätzlich kann eine Freisetzung abgelehnt werden, wenn
dadurch öffentliche Interessen verletzt würden. Der Bundesrat will die
Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung in einer Verordnung
regeln.
- Transparenz und Kommunikation: Die Konsumentinnen und Konsumenten sollen
wählen können, ob sie gentechnisch veränderte Produkte kaufen wollen oder
nicht. Bereits heute ist im Umweltschutzgesetz eine Deklarationspflicht
für gentechnisch veränderte Organismen vorgeschrieben. Neu erhält der
Bundesrat die Kompetenz, Toleranzwerte einzuführen für den Fall, dass
nicht gentechnisch veränderte Produkte während der Verarbeitung oder dem
Transport mit GVO-Organismen verunreinigt werden. Der Bundesrat kann auch
eine sogenannte Negativ-Deklaration einführen, ein Kennzeichnungssystem
für Produkte, die keine gentechnisch veränderten Organismen enthalten. Die
Gen-Lex will zudem den öffentlichen Dialog über die Gentechnologie fördern
(Informationsveranstaltungen, Vorträge, Hearings). Die Gen-Lex führt
ausserdem ein allgemeines Aktenzugangsrecht im Bereich der Gentechnologie
ein.
Die Gen-Lex konkretisiert den Artikel 120 der neuen Bundesverfassung
(bisher Artikel 24novies). Die Vorlage des Bundes-rates beinhaltet eine
Änderung des Umweltschutzgesetzes und verschiedener anderer Gesetze, wie
Tierschutzgesetz und Landwirtschaftsgesetz.
Bern, 19. Januar 2000
UVEK Eidgenössisches Departement für
Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation
Pressedienst
Auskünfte:
Philippe Roch, Direktor Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL),
Tel. 031 322 93 01
Georg Karlaganis, Chef Abteilung Stoffe, Boden, Biotechnologie, Bundesamt
für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Tel. 031 322 69 55
Hans Hosbach, Abteilung Stoffe, Boden, Biotechnologie, Bundesamt für
Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Tel. 031 322 54 36
Beilagen:
Informationsblätter zur Gen-Lex