Bundesrat beschliesst Verordnung über den Schutz vor Elektrosmog
MEDIENMITTEILUNG
Bundesrat beschliesst Verordnung über den Schutz vor Elektrosmog
Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung die NIS-Verordnung zum Schutz
vor Elektrosmog beschlossen. Er hat im Wesentlichen die Vorschriften des
Vernehmlassungsentwurfs übernommen, die heute schon weitgehend angewendet
werden. Die Verordnung wird am 1. Februar 2000 in Kraft treten. Sie
schützt die Bevölkerung vor schädlichem Elektrosmog und sorgt dafür, dass
die Langzeitbelastung in Wohngebieten möglichst tief ist.
"Nichtionisierende Strahlung" (NIS), wie der Elektrosmog im Fachjargon
heisst, entsteht überall dort, wo elektrischer Strom fliesst oder Radio-
und Mikrowellen ausgesendet werden. Intensive Strahlung ist für den
Menschen erwiesenermassen schädlich. Es gibt ernstzunehmende Hinweise
darauf, dass auch schwache Strahlung schädlich sein könnte und dass sie
das Wohlbefinden stört. Vor allem die Langzeitwirkungen von schwacher
Strahlung sind noch zu wenig erforscht. Das Umweltschutzgesetz, auf das
sich die neue Verordnung stützt, gibt klare Anweisungen, wie mit solchen
Risiken zu verfahren ist. Nach dem Gesetz sind Einwirkungen, die schädlich
oder lästig werden könnten, im Sinne der Vorsorge frühzeitig zu begrenzen,
und zwar so weit, als dies technisch und betrieblich möglich und
wirtschaftlich tragbar ist.
Zum Verordnungsentwurf fand vom Februar bis Mai 1999 eine öffentliche
Vernehmlassung statt. Als vorsorgliche Massnahmen sah der Entwurf unter
anderem Abstände zu Wohngebäuden, Schulen, Spitälern etc. vor. Das
Ergebnis der Vernehmlassung war kontrovers. Umstritten war in erster Linie
die Frage, wie viel vorsorglicher Schutz nötig sei und was für die
Wirtschaft tragbar sei. Während Wirtschaftsvertreter die vorgeschlagenen
Massnahmen als zu weit gehend oder sogar als unnötig bezeichneten,
erachteten Umweltorganisationen und betroffene Bürgerinnen und Bürger die
Regelung als viel zu wenig streng. Die Extrempositionen bezüglich der
Grenzwerte lagen um etwa einen Faktor tausend auseinander.
Heutige Praxis wird beibehalten
Der Bundesrat beschritt nun im Wesentlichen den im Vernehmlassungsentwurf
vorgezeichneten Mittelweg. Er schreibt damit weitgehend die Praxis fest,
die beim Neubau von Mobilfunkantennen seit einem Jahr und bei
Hochspannungsleitungen seit mehreren Jahren angewendet wird. Die
Verordnung enthält Vorschriften für Stromleitungen,
Transformatorenstationen, Unterwerke, Eisenbahnen, elektrische
Hausinstallationen sowie Sende- und Radaranlagen. Sie übernimmt einerseits
die international anerkannten Gefährdungsgrenzwerte, welche auch in einer
neuen Empfehlung der EU-Kommission enthalten sind. Diese
Gefährdungsgrenzwerte müssen überall eingehalten werden, wo sich Menschen
- auch nur kurzfristig - aufhalten. Dies ist nach bisheriger Erfahrung in
der Schweiz kein Problem.
Besonderer Schutz für Wohngebiete
Die EU-Empfehlung überlässt es den Mitgliedsländern, im Sinne der Vorsorge
einen weiter gehenden Schutz festzulegen.
In der Schweiz schreibt das Umweltschutzgesetzt (USG) diese Vorsorge
ausdrücklich vor. Man will damit dort, wo die Auswirkungen
wissenschaftlich noch nicht klar sind, die Einwirkungen möglichst gering
halten. In der NIS-Verordnung wird dies umgesetzt, indem sie für Orte, an
denen Menschen während längerer Zeit einer Strahlung ausgesetzt sind,
strengere Grenzwerte erlässt. Die Erfahrung zeigt, dass die
Langzeitbelastung mit vertretbarem Aufwand weit unter den
Gefährdungsgrenzwerten gehalten werden kann. Die Verordnung enthält zu
diesem Zweck zusätzlich für jeden Anlagetyp einen Anlagegrenzwert. Er
wurde entsprechend den technischen Möglichkeiten festgelegt und ist
wesentlich strenger als der Gefährdungsgrenzwert.
Mit dem Anlagegrenzwert wird die Strahlung begrenzt, die von einer
einzelnen Anlage stammt - daher auch der Name. Dieser Anlagegrenzwert muss
dort eingehalten werden, wo Menschen sich längere Zeit aufhalten, z.B. in
Wohngebäuden, Schulen und Spitälern. Für Mobilfunkantennen beträgt der
Anlagegrenzwert je nach Netz 4 bis 6 Volt pro Meter. Umgesetzt in Metern
heisst das folgendes: bei einer starken Antenne muss der Abstand zu
Nachbargebäuden unter Umständen vierzig bis fünfzig Meter betragen. Weil
die Antenne nach unten schwächer strahlt, genügen für das Haus, auf dem
die Antenne steht - dank der Abschirmung durch das Dach - nach unten
bereits ein Meter Abstand zu Wohnräumen. Der Grenzwert wird bereits seit
einem Jahr bei der Bewilligung neuer Antennen angewendet.
Bestehende Anlagen müssen saniert werden, wenn sie den Anlagegrenzwert
nicht einhalten. Davon ausgenommen sind lediglich bestehende
Stromleitungen sowie Eisenbahnleitungen, weil dort Sanierungen -
insbesondere die Verlegung an einen andern Standort - technisch nicht
möglich oder zu aufwändig wären.
Keine neuen Bauzonen in belasteten Gebieten
Die Verordnung enthält nicht nur Vorschriften für Anlagen, die Elektrosmog
erzeugen, sondern auch für die Raumplanung. Künftig dürfen neue Bauzonen
nur noch dort ausgeschieden werden, wo der Anlagegrenzwert eingehalten
ist. Hingegen überlässt es der Bundesrat den Kantonen und Gemeinden, wie
sie mit bereits bestehenden Bauzonen im Nahbereich von Anlagen verfahren
wollen.
Mobiltelefone: Bund unterstützt Produkte-Deklaration
Von der Verordnung nicht betroffen sind Handys. Für die Begrenzung der
Strahlung von Handys und anderen elektrischen Geräten sind internationale
technische Vorschriften nötig, welche die Schweiz nicht im Alleingang
erlassen kann. Ein wirksames Mittel, um die Produzenten zur Entwicklung
strahlungsarmer Geräte zu motivieren und die Konsumenten über die
Belastung ihres Handys zu informieren, ist die Deklaration der Strahlung.
Der Bund unterstützt die Bemühungen der Konsumentinnen- und
Konsumentenorganisationen zur Einführung einer solchen Produkte
-Deklaration.
Die NIS-Verordnung beruht auf dem gegenwärtigen Kenntnisstand über
gesundheitliche Wirkungen und über die technischen Möglichkeiten zur
Verringerung der Strahlung. Der Bundesrat wird neuen Erkenntnissen
Rechnung tragen und die Verordnung bei Bedarf anpassen.
Bern, 23. Dezember 1999
UVEK Eidgenössisches Departement für
Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation
Pressedienst
Auskünfte: Jürg Baumann, Chef des Dienstes Nichtionisierende Strahlung,
Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Tel. 031 322 69 64
Beilagen: NIS-Verordnung und Erläuterungen, Ergebnisse des
Vernehmlassungsverfahrens
Internet: Die NIS-Verordnung mit den Erläuterungen finden Sie auch im
Internet unter:
http://www.admin.ch/buwal/recht/d/dinkridx.htm
Erklärung der Begriffe
Die Verordnung über Nichtionisierende Strahlen (NISV) enthält zwei Typen
von Grenzwerten: Gefährdungs- und Anlagegrenzwerte.
Gefährdungsgrenzwerte
Gefährdungsgrenzwerte schützen vor wissenschaftlich nachgewiesenen
Gesundheitsschäden. Sie berücksichtigen die gesamte Strahlung, die an
einem Ort vorhanden ist.
Gefährdungsgrenzwerte sind international abgestimmt und können in der
Schweiz problemlos eingehalten werden.
Anlagegrenzwerte
Das Vorsorgeprinzip, wie es im Umweltschutzgesetz verankert ist, verlangt,
dass die Belastung möglichst niedrig sein soll. Anlagegrenzwerte liegen
deutlich unterhalb der Gefährdungsgrenzwerte. Sie gelten für die Strahlung
einer einzelnen Anlage und müssen dort eingehalten werden, wo Menschen
sich längere Zeit aufhalten (Wohnungen, Schulen, Spitäler). Der
Anlagegrenzwert wird entsprechend den jeweiligen technischen Möglichkeiten
festgelegt.