Schweizer Wappen

CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Homepage
Mail
Suche

PRESSEMITTEILUNG

Die Schweizerische Konjunktur im Jahre 1999 und Vorausschau auf 2000

Schweizer Konjunktur gewinnt an Schwung

Die schweizerische Wirtschaft hat seit Sommer 1999 deutlich an Schwung gewonnen. Sie wird im Jahre 2000 um schätzungsweise 2% wachsen, nach 1,3% 1999. Positive Impulse werden von der Exportnachfrage ausgehen. Der private Konsum wird etwas weniger expandieren als im Vorjahr. Bei den Bauinvestitionen wird die Belebung, die 1999 eingesetzt hatte, anhalten. Die Ausrüstungsinvestitionen werden erneut deutlich wachsen. Das höhere Wachstum wird eine Beschäftigungszunahme im Ausmass von rund ¾% nach sich ziehen. Die Arbeitslosenquote, die auch 1999 wiederum merklich abnahm, wird sich im Jahresdurchschnitt auf 2 1/4% zurückbilden. Die Teuerung wird mit 1 1/4% im preisstabilen Bereich bleiben.

Im OECD-Raum wird sich das Wachstum im Jahre 2000 mit einer Rate von knapp 3% fortsetzen. Während die US-Wirtschaft etwas von ihrer bisher hohen Dynamik einbüssen wird, gewinnt vor allem der Aufschwung im EU-Raum an Kraft. Japan scheint die Rezession überwunden zu haben. In den Nicht-OECD-Ländern ist die Entwicklung 1999 insgesamt deutlich besser als erwartet ausgefallen, und die Prognosen für das Jahr 2000 konnten spürbar nach oben revidiert werden.

Ein verbessertes weltwirtschaftliches Umfeld und günstige monetäre Bedingungen sind die wesentlichen Faktoren, die die Verstärkung des Aufschwungs der schweizerischen Wirtschaft ermöglichen. Die Auftriebskräfte gehen vom Export aus. Die Auslandnachfrage hat sich bereits im 2. Halbjahr 1999 deutlich erholt.  Zur Stärkung des Auftriebs trägt aber auch der Bausektor bei, wo es nach einer rund acht Jahre dauernden Krise 1999 zu einem Umschwung gekommen ist.

Als Risiken, die den Aufschwung gefährden könnten, sind insbesondere zu erwähnen: eine harte Landung der Konjunktur in den Vereinigten Staaten als Folge einer höheren Inflation und eines abrupten Übergangs des Notenbanksystems zu einer restriktiven Geldpolitik mit merklichen Zinserhöhungen, Währungsturbulenzen namentlich wegen gewachsener aussenwirtschaftlicher Ungleichgewichte, Spannungen innerhalb der EWU, verbunden mit einem Aufwertungsdruck auf den Schweizerfranken.

Die Kommission stuft die sich abzeichnende konjunkturelle Entwicklung als günstig ein und die erwähnten Risiken als gering. Die Geld- und die Finanzpolitik befinden sich auf erfolgreichem Kurs. Der Konjunkturaufschwung soll für Reformen genutzt werden, die auf eine nachhaltige Verbesserung der Wachstumskräfte ausgerichtet sind.

Allgemeine Konjunkturtendenzen

Die Konjunktur in der Schweiz hat seit Sommer 1999 deutlich an Schwung gewonnen. Der Geschäftsgang, die Bestellungseingänge und die Auftragsbestände in der Industrie erholten sich spürbar. Gleiches gilt für das Baugewerbe. In vielen Bereichen des Dienstleistungssektors verstärkte sich der Auftrieb. Die Konsumentenstimmung erreichte im Oktober 1999 ein Niveau, das letztmals in der Hochkonjunkturphase Anfang 1990 beobachtet werden konnte. Im 3. Quartal 1999 expandierte das Bruttoinlandprodukt um vergleichsweise hohe 2,4%. In Teilen des Arbeitsmarktes herrscht Vollbeschäftigung und vielfach ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Der leicht anziehenden Teuerung liegen vor allem die höheren Preise der Erdölprodukte zu Grunde, nicht aber inflationäre Tendenzen.

Neben dieser Ausgangslage ging die Kommission für ihre Prognose für das Jahr 2000 insbesondere von folgenden Annahmen und Rahmenbedingungen aus:
 

Aufgrund dieser günstigen Ausgangslage, Rahmenbedingungen und Annahmen gelangt die Kommission für 2000 zu den nachfolgenden Voraussagen:

Dank einer deutlichen Einkommenszunahme und guter Konsumentenstimmung werden die privaten Haushalte ihren Konsum weiter ausdehnen. Mit Blick auf die vergleichsweise kräftigen Zunahmen in den Jahren 1998 und 1999 ist aber mit gewissen Sättigungstendenzen bei den dauerhaften Konsumgütern, insbesondere den Autokäufen, zu rechnen, so dass der Konsum nicht mehr derart stark wie in den beiden Vorjahren expandieren wird.

Der Auftragseingang und der Auftragsbestand sind bei den an der Erhebung des schweizerischen Baumeisterverbandes teilnehmenden Firmen im 3. Quartal 1999 merklich gestiegen. Der öffentliche Bau wird sich im Jahre 2000 trotz des Wegfalls des Investitionsprogramms 97 positiv entwickeln. Namentlich die grossen Eisenbahnprojekte sowie vermehrte Bauausgaben bei der öffentlichen Hand im Zuge der sich bessernden Finanzlage werden wesentlich dazu beitragen. Von der allgemein besseren Wirtschaftslage wird auch der private Bau, besonders der Wohnungsbau und die Renovationstätigkeit profitieren. Der Übergang verschiedener Kantone zur Gegenwartsbesteuerung sollte die Unterhaltsarbeiten nicht beeinträchtigen, da ausserordentliche Unterhaltskosten, die die jährliche Pauschale übersteigen, beim Bund und den Kantonen abziehbar bleiben. Insgesamt werden die realen Bauinvestitionen im Jahre 2000 um 2% expandieren.

Die Ausrüstungsinvestitionen werden weiterhin von einem starken Rationalisierungs- und Sortimentserneuerungsdruck beeinflusst werden. Hinzu kommen verbesserte Absatzaussichten. Mit einer Zunahme von 5% werden sie allerdings leicht weniger wachsen als 1999, wo hohe Flugzeugeinkäufe die Zunahme stark beeinflusst hatten.

Die im Herbst 1999 verfügbaren Indikatoren zeigen eine deutliche Beschleunigung der Exporte. Diese Erholung ist massgeblich von der Belebung der Weltkonjunktur, die sich fortsetzen wird, beeinflusst. Auch der etwas niedrigere Frankenkurs, der sich allerdings im Jahresverlauf wieder leicht nach oben bewegen wird, dürfte vorübergehend leicht stimulierend wirken. Die Zunahme der Warenexporte wird auf dem geschilderten Hintergrund auf 5%, die der Dienstleistungsexporte auf 3¼% prognostiziert. Das spürbare Wachstum der Gesamtnachfrage wird wiederum deutlich zunehmende Importe nach sich ziehen. Die prognostizierte Zunahme von 4¼% liegt deshalb unter jener des Vorjahres, weil weniger Flugzeuge importiert werden, der Konsum leicht langsamer wächst und die Lager nicht zusätzlich aufgestockt werden.

Die skizzierte Entwicklung wird weitere Besserungen auf dem Arbeitsmarkt ermöglichen. Ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 2% wird ungefähr zu einer Zunahme der Beschäftigung (Voll- und Teilzeitbeschäftigte bis 50% der betriebsüblichen Arbeitszeit) von schätzungsweise ¾% führen. Die Anzahl der registrierten Stellensuchenden wird nochmals abnehmen. Die Arbeitslosenquote wird im Jahresdurchschnitt auf 2¼% sinken. Partielle Engpässe auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere bei qualifizierten Arbeitskräften, werden zunehmen.

Mit der höheren Konjunkturdynamik wird sich die Teuerung auf der Konsumstufe leicht beschleunigen. Der Preiserhöhungsspielraum für die Unternehmungen wird leicht zunehmen. Auch von der Entwicklung der Lohnstückkosten her wird ein geringes Überwälzungspotenzial resultieren. Der von den höheren Preisen für Energieträger herrührende Druck ist temporärer Art. Ein monetär begründetes Inflationspotenzial ist nicht in Sicht. Bei gewissen Güterkategorien wird es weiterhin Preisrückgänge geben. Die Teuerung wird sich damit weiterhin im preisstabilen Bereich halten und im Jahresdurchschnitt rund 1¼% erreichen.

Die Gefahren für die schweizerische Konjunktur liegen vor allem bei der Wirtschaftsentwicklung im Ausland. Alles in allem darf davon ausgegangen werden, dass die Weltwirtschaft verstärkt expandieren wird, bei einer Abschwächung des Wachstums in den Vereinigten Staaten. Die Risiken liegen - im Gegensatz zum Vorjahr - bei einer zu kräftigen Dynamik mit abrupten Zinserhöhungen durch die Notenbanken und sich damit verbindenden Einbrüchen bei der Nachfrage. Die Gefahr einer „harten Landung“ dürfte für die Vereinigten Staaten, nach dem schon lange andauernden Aufschwung mit der Möglichkeit von Anspannungen auf dem Arbeitsmarkt und einer Beschleunigung der Inflation, höher einzustufen sein als für den Euroraum. Zudem stellen die niedrige Sparquote der privaten US-Haushalte, die hohe Bewertung der Aktien und das stark gestiegene Aussenwirtschaftsdefizit der Vereinigten Staaten Faktoren dar, die die Gefahr einer „harten Landung“, eines merklichen Einbruchs des Dollarkurses oder eines Aktienkurssturzes begünstigen.

Anmerkungen zur Wirtschaftspolitik

Die schweizerische Wirtschaft befindet sich in einer Aufschwungsphase. Konjunkturelle Probleme zeichnen sich im Moment keine ab. Die schweizerische Wirtschaftspolitik kann damit zu einem spannungsfreien und langandauernden Aufschwung beitragen, indem sie makroökonomische Ungleichgewichte vermeidet. Exogene Störungen sind jedoch nicht auszuschliessen. Zu einzelnen Politikbereichen sei Nachfolgendes angemerkt.

Geldpolitik. Ende 1999 läuft das 1994 von der Nationalbank bekanntgegebene geldpolitische Regime aus, wonach für die Periode 1994 bis 1999 ein durchschnittliches Wachstum der saisonbereinigten Notenbankgeldmenge von jährlich 1% angestrebt werden soll. Seit längerer Zeit ist die Nationalbank allerdings zu einer situativen Geldpolitik übergegangen, die sich am breiten Geldmengenaggregat M3 sowie einer Reihe zusätzlicher Indikatoren orientiert und die den realen Frankenkurs nicht zu stark ansteigen liess. Dieser pragmatische Kurs hat sich als zielführend erwiesen und sollte vorerst weitergeführt werden.

Finanzpolitik. In den vergangenen Jahren haben sich die Defizite der öffentlichen Haushalte spürbar zurückgebildet; merkliche Fortschritte erfolgten über Sanierungsmassnahmen.

Mit Blick auf die Effekte, die in der längeren Frist über die demographische Entwicklung auf die öffentlichen Finanzen ausgehen, soll das Erreichte nicht in Frage gestellt und am eingeschlagenen Weg festgehalten werden. Vielmehr soll der konjunkturelle Aufschwung dazu genutzt werden, dass die festgelegten Sanierungsziele innerhalb der gesetzten Fristen realisiert werden können.

Beim Bund geht es in einem ersten Schritt darum, das in der Bundesverfassung festgelegte Haushaltsziel 2001 zu erreichen, welches ein Defizit vorschreibt, das 2% der Einnahmen nicht überschreitet (weniger als eine Milliarde Franken).

In einem zweiten Schritt soll hernach der Budgetausgleich durch die Einführung einer Schuldenbremse gesichert werden. Das Eidgenössische Finanzdepartement erarbeitet einen Vorschlag für eine automatische Bremsung der Verschuldung, der im Jahre 2000 vorgestellt werden wird.

Das Schwergewicht sollte dabei auf das in den Griff bekommen der öffentlichen Ausgaben, auf das Vorantreiben von Reformen bei den Sozialleistungen sowie auf die Aufhebung oder die Reduktion der die Wirtschaftsentwicklung am meisten störenden Steuern gelegt werden. Die damit verbundenen Steuereinbussen sollten nicht durch anderweitige Steuererhöhungen ausgeglichen werden, indessen durch Ausgabensenkungen (wobei investive Ausgaben nicht stärker als Konsumausgaben gesenkt werden sollten). Es gilt, einen Mechanismus der Ausgabenkontrolle einzuführen.

Die meisten Kantone und Gemeinden kennen keine einer Schuldenbremse entsprechende Automatismen. In der Vergangenheit erwies sich die Budgetpolitik der öffentlichen Hände nicht immer als „optimal“ in dem Sinne, als die davon ausgehenden Impulse prozyklisch ausfielen; die Kantone und Gemeinden zeigten eine Tendenz zu Ausgabenausweitungen in Phasen sich beschleunigenden Wachstums und Teuerung.

Mit Blick darauf, dass das Bundesbudget lediglich einen Drittel des konsolidierten öffentlichen Haushalts erreicht, ist die Kommission der Ansicht, dass Kantone und Gemeinden eingeladen werden sollen, eine Strategie ähnlich der des Bundes zu übernehmen.

Stärkung der Wachstumskräfte. Strukturelle Reformen bringen in einer ersten Phase vielfach Belastungen mit sich; Kapital und Arbeit müssen sich neuen Rahmenbedingungen anpassen, was unter anderem auch mit Arbeitsplatzverlusten, Investitionen, die unrentabel werden und anderem mehr verbunden sein kann. Es ist deshalb sinnvoll, solche Reformen in konjunkturellen Aufschwungsphasen zu realisieren und nicht mit dem Argument „es gehe jetzt ja wieder besser“ zu verschleppen, bis sie sich dann bei wieder schlechterer Wirtschaftslage aufzwingen.

Die Kommission hat im Spätsommer 1999 einen Bericht über ein „Liberales wirtschaftspolitisches Konzept “ verabschiedet. Ausgehend von einem wachstumspolitischen Ansatz hat sie dabei sechs hauptsächliche Stossrichtungen ausführlich dargestellt, nämlich:

(1) Entstehung und Nutzung von qualifiziertem Humankapital begünstigen;
(2)  Entstehung und Nutzung von innovativem Sachkapital begünstigen;
(3)  Technologischen Fortschritt begünstigen;
(4)  Integration in die Weltwirtschaft fördern;
(5)  Staatliche Aktivitäten optimieren;
(6)  Erhaltung des Grundkonsenses.

In wichtigen Bereichen sind Reformen im Gang oder entsprechende Vorarbeiten an die Hand genommen (Bildungs- und Forschungspolitik, Liberalisierung im Infrastrukturbereich, Entwicklung eines Abgabe- und Steuerkonzepts, Konsolidierung der Sozialversicherungen).
Im Augenblick erscheint es der Kommission besonders wichtig darauf hinzuweisen, dass bei der Ausländerpolitik die früheren Fehler nicht wiederholt werden. Mit dem Fortschreiten des Aufschwungs wird die Arbeitskraft ganz allgemein knapper und sich der Ruf nach mehr Gastarbeitern rasch verstärken. Diesem Wunsch der Wirtschaft soll indessen nur in differenzierter Weise nachgekommen werden, indem die Einwanderung qualifizierter Arbeitskräfte begünstigt, diejenige unqualifizierter erschwert wird. Das Abkommen mit der EU über die Personenfreizügigkeit wird die Rekrutierung qualifizierten Personals erleichtern. Erstzulassungen aus nicht EU/EFTA-Ländern sollten nur qualifizierten Arbeitskräften ermöglicht werden.

Ein weiterer Reformbedarf, der jetzt realisiert werden soll, sieht die Kommission bei der Arbeitslosenversicherung. Sie hat sich dazu in ihrer „Stellungnahme zur befristeten Weiterführung des 3. Lohnprozentes“  geäussert. Die Erwartung, dass in der Schweiz nach wie vor ein enger Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftswachstum, der Beschäftigungsentwicklung und der Arbeitslosigkeit besteht, hat sich bestätigt. Die Kommission ist weiterhin der Ansicht, dass eine Verbesserung der Finanzlage der Arbeitslosenversicherung vor allem über eine weitere Senkung der Arbeitslosigkeit und Minderausgaben erfolgen soll.

Die Auswirkungen des in den letzten Jahren stattgefundenen Ausbaus der Arbeitslosenversicherung auf die Sockel- oder Normalarbeitslosigkeit sind schwer abzuschätzen. Die Kommission ist der Ansicht, dass mögliche negative Effekte verringert werden können, wenn insbesondere:
 


Auskunft: Werner Aeberhardt, Tel. 031/ 322 21 42, Max Zumstein,  Tel. 031/ 322 21 17
Internet:  www.seco-admin.ch/KFK/