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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Entlastung des Bundesgerichts

Bundesrat mit Sofortmassnahmen zur Entlastung des Bundesgerichts
einverstanden

Stellungnahme zu einer parlamentarischen Initiative der
Geschäftsprüfungskommissionen des National- und Ständerates

Der Bundesrat hat am Montag zu einer parlamentarischen Initiative
Stellung genommen, mit der bis zum Inkrafttreten eines neuen
Bundesgerichtsgesetzes das Bundesgericht und das Eidgenössische
Versicherungsgericht (EVG) punktuell entlastet werden sollen.
Vorgeschlagen werden unter anderem die Abschaffung des
Einstimmigkeitserfordernisses im Zirkulationsverfahren, die weitgehende
Aufhebung der Direktprozesse in der Zivilrechtspflege, eine
Einschränkung der Legitimation des Geschädigten zur
Nichtigkeitsbeschwerde, die Schaffung einer Rekurskommission für
Staatshaftungsstreitigkeiten des Bundes und die Erhöhung der Richterzahl
am EVG. Ferner soll das EVG in Streitigkeiten über
Sozialversicherungsleistungen grundsätzlich nur noch prüfen, ob eine
Rechtsverletzung vorliegt. An die Sachverhaltsfeststellung durch das
vorinstanzliche Gericht soll das EVG gebunden sein, wenn diese weder
unvollständig noch offensichtlich unrichtig ist noch auf einer
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen beruht. Eine analoge
Vorschrift gilt seit langem für das Bundesgericht. Die
Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte hatten die Initiative auf
Anregung der beiden Gerichte ausgearbeitet.

Grundsätzliche Zustimmung

Der Bundesrat stimmt den Vorschlägen der Geschäftsprüfungskommissionen
grundsätzlich zu. Zur Ablehnung beantragt er jedoch die Änderung, wonach
das Bundesgericht auch dann auf dem Weg der Aktenzirkulation urteilen
könnte, wenn sich unter den beteiligten Richtern keine Einstimmigkeit
ergibt. Nach Auffassung des Bundesrates soll die Frage, ob und wieweit
die Tradition der öffentlichen Beratung am Bundesgericht aufzugeben ist,
bei der Schaffung des neuen Bundesgerichtsgesetzes entschieden werden.
Bei dieser Gelegenheit werden Rolle und Aufgaben des obersten Gerichts
in einem grösseren Zusammenhang diskutiert.
Eher skeptisch beurteilt der Bundesrat die Wirksamkeit der
vorgeschlagenen Massnahmen. Einzig von der Wahl zweier zusätzlicher
Richter ins EVG und von der Abschaffung der Vorschrift, die dem EVG
einen umfassenderen Prüfungsmassstab auferlegt als dem Bundesgericht,
erwartet er eine nennenswerte Entlastung.

Bundesrat setzt weiterhin auf Totalrevision der Bundesrechtspflege

Der anhaltenden Überlastung des Bundesgerichts und des EVG kann nach
Meinung des Bundesrates nur mit einer Gesamtrevision der
Bundesrechtspflege nachhaltig begegnet werden. Die Arbeiten an einer
solchen Gesamtrevision sind sowohl auf Verfassungs- wie auf
Gesetzesstufe in vollem Gange. Das Paket Justizreform der laufenden
Verfassungsreform dürfte von den Eidgenössischen Räten noch in diesem
Jahr verabschiedet  werden.
Die Volksabstimmung  ist für das nächste Jahr geplant, ebenso die
Vorlage einer Botschaft für ein Bundesgesetz über das Bundesgericht und
die richterlichen Vorinstanzen.

Bern, den 5. Oktober 1999

Weitere Auskünfte:
Heinrich Koller, Bundesamt für Justiz, Tel. 322 41 01