Expertenbericht: Externe Gesundheitskosten durch verkehrsbedingte Luftverschmutzung - eine Dreiländerstudie von Oesterreich, Frankreich und der Schweiz
MEDIENMITTEILUNGExpertenbericht: Externe Gesundheitskosten durch verkehrsbedingte
Luftverschmutzung - eine Dreiländerstudie von Österreich, Frankreich und der SchweizJe
rund 2000 vorzeitige Todesfälle in Österreich und der Schweiz und rund 17'600 vorzeitige
Todesfälle in Frankreich, Zehntausende von Kindern und Erwachsenen mit Atemwegserkrankungen,
Tausende von zusätzlichen Spitaleinweisungen und für alle drei Länder zusammen rund
16 Millionen Personen-Tage mit eingeschränkter Aktivität als Folge der beeinträchtigten
Gesundheit sind die Folgen der verkehrsbedingten Luftverschmutzung im Jahr 1996.
Immaterielle Kosten für Schmerzen, Leid, Verlust an Lebensqualität und materielle
Kosten für Produktionsausfall und medizinische Behandlungskosten zusammengenommen,
verursachen der Allgemeinheit in den drei Ländern Kosten von rund 26.7 Mrd. Euro
(43,3 Mrd. SFr.) pro Jahr. Bei ähnlicher Bevölkerungsgrösse liegen die Werte für
Österreich und der Schweiz nahe beieinander (Österreich: 2.9 Mrd. Euro, Schweiz:
2.2 Mrd. Euro), im bevölkerungsreicheren Frankreich dagegen deutlich höher (38.9
Mrd. Euro). Die Studie wurde zuhanden der im Juni 1999 in London stattfindenden
WHO Ministerkonferenz für Umwelt und Gesundheit im Auftrag der nationalen Behörden
ausgearbeitet . Sie zeigt für alle drei Staaten eine ähnliche Grössenordung der
Resultate, denn pro Kopf ergeben sich in Österreich Kosten von rund 360 Euro (580
SFr.), in Frankreich von 370 Euro (600 SFr.) und in der Schweiz von rund 310 Euro
(500 SFr.). Die gemeinsam verwendete Methodik zur Berechnung der Auswirkungen der
Luftbelastung auf die Gesundheit hat für die Schweiz die Resultate der Studie für
das Jahr 1993 bestätigt.Vergleichbare ErgebnisseDie von Epidemiologen, Lufthygienikern
und Ökonomen gemeinsam durchgeführte Studie, stand in Österreich unter der Leitung
des Bundesamtes für Umwelt, Jugend und Familie und des Umweltbundesamts, in Frankreich
unter der Leitung der Agentur für Umwelt und Energiewirtschaft (Agence de l'Environnement
et de la Maîtrise de l'Energie) und in der Schweiz unter der Leitung des Eidgenössischen
Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Sie stützt sich
ab auf ein gemeinsames methodisches Rahmenwerk, auf dessen Grundlage für die drei
Länder vergleichbare, empirische Ergebnisse ausgearbeitet wurden. Im epidemiologischen
Teil der Studie werden die Zusammenhänge zwischen der Schadstoffbelastung der Bevölkerung
und dem Auftreten von bestimmten Gesundheitseffekten (Bronchitis, Asthma, vorzeitige
Todesfälle, etc.) dargestellt. Diese Arbeiten konnten sowohl auf das Nationale Forschungsprogramm
Nr. 26 "Mensch, Gesundheit, Umwelt" und dessen weiterführende schweizerische Forschung,
als auch auf die neuesten europäischen und internationalen Forschungsergebnisse
abgestützt werden. Im lufthygienischen Teil wurde die Ausbreitung des für die Gesundheitsschädigung
massgebenden Leitschadstoffs (PM10: feine Partikel mit einem Durchmesser von weniger
als 0.01 mm) untersucht und die Schadstoffbelastung der Bevölkerung sowie der Anteil
des Verkehrs bestimmt. Gemittelt über die gesamte Bevölkerung beträgt der Verkehrsanteil
an der PM10-Belastung ungefähr ein Drittel. In den Städten liegt der Anteil jedoch
höher (bei rund 50 %). Gesundheitsschäden durch die verkehrsbedingte Luftverschmutzung
in Österreich, Frankreich und der Schweiz (1996)Indikatoren
Verkehrsbedingte Gesundheitsschäden
Zusätzliche Fälle oder Tage Österreich
Frankreich SchweizLangzeit-Sterblichkeit (Erwachsene >30 Jahre)
2'411 17'629 1'762
1'457-3'378 10'681-24'680 1'056-2'472Spitaleinweisungen
(Respiratorisch Erkrankte, alle Altersklassen) 1'470
7'674 694 155-2'792
829-14'622 73-1'320Spitaleinweisungen (Cardiovasculär Erkrankte,
alle Altersklassen) 2'895 10'992
1'580 1'509-4'307 5'807-16'333
819-2'348Chronische Bronchitis (Inzidenz, Erwachsene >25 Jahren)
2'663 20'429 2'248
239-5'293 1'814-40'650 199-4'475Bronchitis (Kinder
<15 Jahre) 20'606 250'434 24'109
9'085-37'228 110'388-452'544 10'626-43'565Tage
mit eingeschränkter Aktivität (Erwachsene >20 Jahre) 1'343'371
13'672'554 1'465'600 1'130'886-1'558'711
11'509'956- 1'233'782-
15'864'240 1'700'534Asthma Attacken (Kinder < 15 Jahre, Personen-Tage)
14'990 134'965 12'539
9'220-20'832 82'960-187'540 7'709-17'427Asthma Attacken
(Erwachsene >15 Jahren, Personen-Tage) 40'484 321'053
33'205 19'716-61'664 156'378-488'994
16'175-50'580Bevölkerung (Anzahl Personen) 8.06 Mio
58.26 Mio 7.08 MioDas auf den epidemiologischen und lufthygienischen
Ergebnissen basierende Mengengerüst (Anzahl vorzeitiger Todesfälle und Erkrankungen)
bildet die Grundlage zur Kostenermittlung. Als gemeinsames methodisches Vorgehen
wurde die Zahlungsbereitschaftsmethode gewählt. Bei diesem Ansatz werden die Gesundheitskosten
anhand des monetären Betrages bestimmt, den die der Luftverschmutzung ausgesetzte
Bevölkerung für eine Verminderung des Gesundheitsrisikos zu zahlen bereit wäre.
Die aus der neuesten Literatur verwendeten Kostensätze für die einzelnen Krankheitsindikatoren
enthalten sowohl die immateriellen Kosten wie Schmerz, Leid und Verlust an Lebensqualität
als auch die materiellen Kosten (medizinische Behandlungskosten, Produktionsausfall).
Der Zahlungsbereitschaftswert für die Risikoverminderung von vorzeitigen Todesfällen
beträgt pro Fall 0.9 Millionen Euro (1.46 Mio. SFr.). Dieser Kostenfaktor liegt
unterhalb der in der EU gegenwärtig verwendeten Werte (2.6-3.1 Mio EUR). In der
Schweiz führte die Luftverschmutzung durch den motorisierten Verkehr 1996 zu Gesundheitskosten
von rund 3.6 Mrd. SFr. (ca. 2.2 Mrd. EUR). Davon entfallen gut 70% auf die Kosten
der vorzeitigen Mortalität. Die Ergebnisse dieser tri-lateralen Forschung zeigen
für alle drei Staaten eine ähnliche Grössenordung: Pro Kopf ergeben sich in Österreich
Kosten von rund 360 Euro (580 SFr.), in Frankreich von rund 370 Euro (600 SFr.)
und in der Schweiz von rund 310 Euro (500 SFr.). Gesundheitskosten durch die verkehrsbedingte
Luftverschmutzung in Österreich, Frankreich und der Schweiz 1996*
Österreich Frankreich Schweiz
Verkehrsbedingte Kosten in Mio EUR (Mio SFr)**Mortalität Mio. EUR (SFr.)
2'170 (3'515) 15'866 (25'703) 1'586 (2'569)Morbidität Mio.
EUR (SFr.) 722 (1'170) 5'749 (9'313) 630 (1'021)TotalMio.
EUR (SFr.) 2'892 (4'685) 21'615 (35'016) 2'216 (3'590)*Zahlungsbereitschaft
für einen verhinderten Todesfall = 0.9 Mio. EUR (1.46 Mio. SFr.)** 1 EUR = 1.62
SFr.Ein direkter Vergleich dieser neuen Ergebnisse mit den Resultaten aus der Untersuchung
von 1996 ist wegen methodischer Unterschiede nicht sinnvoll. Die in der vorliegenden
tri-lateralen Studie verwendete und international anerkannte Zahlungsbereitschaft
bewertet die immateriellen Kosten wesentlich höher als der in der Untersuchung von
1996 verwendete Ansatz (gerichtlich zugesprochene Genugtuungsleistungen für Todesfälle).
Vergleicht man indessen die Fallzahlen, zeigt sich, dass die Resultate beider Untersuchungen
(trotz modifizierter Methodik des tri-nationalen Projektes) eine nahezu identische
Bandbreite aufweisen (1993: 1'500-2'600 Fälle vorzeitiger Mortalität; 1996: 1'056-2'472).In
Anbetracht der beachtlichen Auswirkungen der verkehrsbedingten Luftverschmutzung
auf die menschliche Gesundheit, hält das UVEK eine weitere Reduktion der Luftbelastung,
beispielsweise durch eine verursachergerechtere Anlastung dieser Kosten als unumgänglich.
Damit verfolgt die Schweiz auch ein Ziel, das in der von der WHO an der Ministerkonferenz
für Umwelt und Gesundheit ratifizierten Charta für Umwelt und Gesundheit enthalten
ist. Folgende Berichte sind in englischer Sprache verfügbar:- Synthesebericht: Health
Costs due to Road Traffic-related Air Pollution; An Impact assessment project
of Austria, France and Switzerland, Synthesis Report; EDMZ-Nr. 801.633e- Technischer
Bericht Lufthygiene: PM10 Population Exposure; EDMZ-Nr. 801.630e- Technischer Bericht
Epidemiologie: Air Pollution Attributable Cases; EDMZ-Nr. 801.631e- Technischer
Bericht Ökonomie: Economic Evaluation; EDMZ-Nr. 801.632eAlle Berichte sind auf der
Homepage der WHO erhältlich: http://www.who.dk.Bern, 17. Juni 1999UVEK Eidgenössisches
Departement fürUmwelt, Verkehr, Energie, KommunikationPressedienstAuskünfte: Dienst
für Gesamtverkehrsfragen (Gesamtleitung): R. Seethaler (Tel. 031-322 43 46)Bundesamt
für Umwelt, Wald und Landschaft (Lufthygiene): P. Filliger (Tel. 031-322 68 58)Institut
für Sozial- und Präventivmedizin (Epidemiologie): N. Künzli (Tel. 061 267 65 14)Ecoplan,
Institut für Umwelt und Wirtschaftsstudien (Ökonomie): H. Sommer (Tel. 041-870 90
60)Beilagen:Presserohstoff (Zusammenfassung des Syntheseberichtes in deutscher und
englischer Sprache)