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Bundesrat lehnt die Initiative "für eine freie Arzt- und Spitalwahl“ ab

Medienmitteilung  14. Juni 1999
Bundesrat lehnt die Initiative "für eine freie Arzt- und Spitalwahl“ ab:
Unzumutbare Verteuerung der Krankenkassenprämien
Der Bundesrat hat die Botschaft zur Volksinitiative "für eine freie Arzt-
und Spi-talwahl“ zu Handen der Eidgenössischen Räte verabschiedet und
empfiehlt die Initiative zur Ableh-nung. Die Initiative  fordert eine
uneingeschränkte Wahl des Leis-tungs-erbringers für die Kranken- und
Unfallversicherten innerhalb der gan-zen Schweiz und die entsprechende
Kostenübernahme. Der Bundesrat wendet sich insbesondere gegen eine
uneingeschränkte Wahl im Bereich der Spitäler, wo die Kosten nicht zuletzt
dank dem Instrument der Spital-planung einge-dämmt werden konnten. Mit dem -
durch die Initiative provozier-ten - Wegfall die-ses Steuerungsinstrumentes
ist ein erneuter massiver Kostenan-stieg mit direkter Auswirkung auf die
Prä-mien der Kranken-Grundversicherung zu befürchten. -Zudem geht der
Bundesrat da-von aus, dass die Forderungen der Initianten heute im Be-reich
der Unfallversi-cherung vollständig und in der Krankenversicherung zu einem
erheblichen Teil be-reits erfüllt sind.
Am 23. Juni 1997 hat ein Initiativkomitee "Interessengemeinschaft für eine
freie Arzt- und Spitalwahl" die Volksinitiative "für eine freie Arzt- und
Spitalwahl" mit 134 015 gülti-gen Unterschriften eingereicht. Die Initiative
will in der Bundesverfassung das Recht al-ler Pati-entinnen und Patienten
auf freie Wahl des Leis-tungserbringers (Spitäler, Ärzte usw.) innerhalb der
ganzen Schweiz veran-kern, wobei die Kosten von der obligatori-schen
Kran-kenversicherung (inklusive Unfalldeckung) oder der obli-gato-ri-schen
Un-fallversiche-rung gedeckt werden müssten. Die Initiative will jegliche
Be-schrän-kung der Wahl des Arztes oder der Ärztin und insbesondere des
Spitals verhindern.
Spitalplanung: Wirksame Massnahme zur Kosteneindämmung steht auf dem Spiel
Damit ein Spital nach geltendem Gesetz von der obligatori-schen
Kranken-pflegeversi-cherung anerkannt wird und Rechnung stellen kann, muss
es bestimmte Anforderungen er-füllen. Unter anderem muss es einer von einem
oder mehreren Kantonen gemeinsam erstellten Planung entsprechen und damit
dem Kriterium einer bedarfsgerechten Ver-sorgung der Bevölke-rung genügen.
Die Spitalplanung hat in den vergangenen Jahren nicht nur die Übersicht über
das Leistungsangebot verbessert sondern ist auch eine Mass-nahme zur
Kosten-eindämmung. Sie ist insbesondere von Bedeu-tung, weil die Spitäler
die Leistungser-bringer mit dem am stärksten ins Gewicht fallenden
Kosten-an-stieg waren und auch heute noch den stärksten Kostenfaktor im
Gesundheitswesen darstellen.
Die jährlichen Ausgaben der Krankenversicherung (Grund- und
Zusatzver-siche-rung) für die Deckung von Heilanstaltskosten einer
versicherten Person stiegen zwischen 1986 und 1993 im Minimum um 5.2 Prozent
(1989) und im Maximum um 14.3 Prozent (1991). Der Kostenanstieg im alten
Krankenversicherungsgesetz lag zwischen 0.5 (1989) und 13.2 (1991) Prozent;
jener der Spitalzusatzversicherungen lag jeweils be-trächtlich höher. Mit
dem Inkrafttreten des neuen Krankenversicherungsgesetzes (KVG) ist die
Ko-stenent-wicklung im Spitalbereich deutlich ein-gedämmt worden: Stiegen
die Spitalko-sten pro versicherte Person in der Grundversicherung im Jahre
1995 noch um 7.9 Prozent, san-ken sie im Jahre 1996 (Inkrafttreten des KVG)
um 3.6 Pro-zent. 1997 war nur ein leich-ter Anstieg von 0.3 Prozent zu
verzeichnen. Die Kosteneindämmungs-mass-nah-men im Spi-talbereich,
insbesondere die Spitalplanung, zeigen allmählich Wirkung.
Prämienerhöhungen durch Initiative zu erwarten
Bei freier Wahl des Leistungserbringers und Kostenübernahme im Sinn der
Initiative hätte die Krankenversicherung bei jedem Spitalaufenthalt einen
Beitrag an die Behand-lungskosten zu leisten - unabhängig davon, ob die
jeweilige Heilanstalt einer zweck-mässigen Bedarfsplanung entspricht oder
nicht. Eine solche Regelung hätte insbeson-dere zur Fol-ge, dass ein
wich-tiges im KVG enthaltenes Instrument zur Schaffung von Transparenz und
zur Kosten-eindämmung - die Spitalplanung - seine Wirksamkeit verlieren
würde. Der Verzicht auf das Kostensparpotential der Spitalplanung brächte
nicht nur eine markante Erhöhungen der Grundversicherungsprämien mit sich,
sondern würde dadurch auch einen Mehrbedarf an Kantons- und Bun-desmitteln
für die Prä-mienverbilligung nach sich sich ziehen.
 Forderungen der Initiative sind zu einem guten Teil schon erfüllt
In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung wie auch in der
obligatorischen Un-fallversicherung haben die Versicherten heute schon eine
weitgehende Wahlfreiheit. In der Krankenversicherung haben sie die Auswahl
unter den zugelassenen Ärztinnen und Ärzten im Wohnkanton und unter den
Spitälern, die der Wohnkanton im Rahmen seiner Spitalplanung in die
Spitalliste aufgenommen hat. Ausserkantonale Behandlungen sind aus
medizinischen Gründen und bei Notfällen voll abgedeckt. Wer sich ohne diese
Aus-nahmegründe ausserkantonal behandeln lässt, kann dies in Listenspitälern
tun, hat aus der Grundversi-cherung jedoch nur die Vergütung nach den
Tarifen seines Wohnkan-tons (ambulant: auch am Arbeitsort geltender Tarif
möglich) zugute. In der obligatori-schen Unfallversi-cherung nach
Unfallversicherungs-Gesetz gilt eine ähnliche Regelung für die Behand-lung
bei Leistungserbringern, mit welchen der Unfallversicherer keinen Vertrag
abge-schlossen hat. Der Wohnsitz der Versicherten spielt in der
Unfallversiche-rung keine Rolle.
Somit sind die Forderungen der Initiative im ambulanten Bereich der sozialen
Kranken-versicherung sowie in der Unfallversicherung schon heute weitgehend
erfüllt. Auch im stationären KVG-Bereich gilt eine recht weitgehende
Wahlfreiheit. Hingegen bestand nach Inkrafttreten des neuen
Kranken-versiche-rungs-gesetzes noch Unsicherheit darüber, inwieweit die
obligatorische Grundversicherung die Behandlungs-kosten zu übernehmen hat,
wenn sich eine Patientin oder ein Patient in der halbprivaten oder privaten
Abteilung eines ausser-kantonalen Spitals aufhält. In zwei
Grundsatzent-scheiden vom Dezember 1997 hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht (EVG) klargestellt, dass die Bei-tragspflicht der
Kantone beim Aufenthalt in einem ausserkan-tonalen öffent-lichen oder
öf-fentlich subventionierten Spital unabhängig da-von besteht, in welcher
Ab-teilung sich eine versicherte Person aufhält. Keine Beitrags-pflicht der
Wohnkantone besteht jedoch beim Aufenthalt in einem nicht subven-tionierten
Privat-spital. Die Initianten wei-sen in ihren Unterlagen darauf hin, dass
Versi-cherte, welche über eine Zusatzversiche-rung verfügen, in vielen
Fällen keinen Beitrag aus der Grund-versiche-rung an die Be-handlungskosten
erhalten. Mit den erwähnten EVG-Entschei-den ist die Unsicherheit bezüglich
der Beitragspflicht der Krankenversicherung beseitigt und die grundsätzliche
Forderung nach einem So-ckelbeitrag der Grundversicherung gegen-standslos
geworden. Auch in  und der Frage der Gleich-behandlung der Spitäler ist die
Rechtslage nun klar.
Völlig freie Spitalwahl bedeutet unübersehbare Kostenfolgen
Der Bundesrat lehnt die Übernahme der Behandlungskosten in allen Spitälern
der Schweiz durch die soziale Krankenversicherung ab. Auf die Spitallisten
als Instrument einer dem effektiven Bedarf entsprechenden Spitalplanung,
also eines wichtigen Kon-troll- und Steuerungsinstruments der Kantone, kann
keinesfalls verzichtet werden. Der Wegfall der Spitalplanung würde
unüberseh-bare Kostenfolgen auslösen, die ebenso massive Prämiensteigerungen
zur Folge hätten wie die Verlagerung von Finanzlasten von der
Zusatzversicherung auf die Grundversicherung als Konsequenz der Initiative.
Das In-teresse der gesamten Versicherten-gemeinschaft an einer finanziell
tragbaren Krankenversiche-rung bei einer qualitativ guten Versor-gung,
welche durch eine zweckmässige Planung sichergestellt wird, ist nach Ansicht
des Bundesrats höher zu gewichten als das Interesse von einzelnen
Versicherten an einer uneingeschränkten In-anspruchnahme von
Gesundheits-dienstleistungen.

 EIDG. DEPARTEMENT DES INNERN
 Presse- und Informationsdienst

Auskünfte: 031 / 322 90 04
 Fritz Britt, Vizedirektor
 Chef Hauptabteilung Kranken- und
 Unfallversicherung
 Bundesamt für Sozialversicherung

Beilage:  Botschaft zur Volksinitiative "für eine freie Arzt- und
Spitalwahl"