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Rauer Wind für Schweizer Spirituosengewerbe

PRESSEROHSTOFF

Rauer Wind für Schweizer Spirituosengewerbe

Importierte und Schweizer Spirituosen werden ab 1. Juli 1999 einheitlich
mit 29 Franken pro Liter 100 % Alkohol besteuert. Im Zusammenhang mit
den WTO-Verpflichtungen und der europäischen Harmonisierung mussten die
diskrimi-nierenden Bestimmungen beseitigt und die Steuersätze auf
inländischen und importierten Spirituosen zusammen-geführt werden.
Während die Steuer für Produkte aus der Schweiz um drei Franken steigt,
sinkt die Fiskalbelastung auf ausländischen Destillaten um bis zu 29
Franken. Damit dürfte der Preis für inländische Produkte leicht steigen.
Im Gegenzug werden beliebte Marken-produkte aus dem Ausland teilweise
markant billiger. Ungewiss bleibt die Konsumentwicklung.

Nach der letzten Teilrevision des Alkoholgesetzes schafft nun die
revidierte Alkohol-verordnung die rechtlichen Voraussetzungen zur
Liberalisierung des schweizerischen Spirituosenmarktes.

Die wichtigsten Revisionspunkte:

? Eine zentrale Änderung betrifft die Steueraussetzung. Ab nächsten Juli
können importierte Spirituosen direkt in betriebseigene Steuerlager
transferiert werden. Erst beim Verlassen dieser Lager muss die
Fiskalabgabe bezahlt werden. Das System der Steuerlager gilt für in der
Schweiz hergestellte Destillate bereits seit Mitte 1997. Im Steuerlager
dürfen Spirituosen hergestellt, bearbeitet, gelagert, gealtert und zum
Versand bereit gestellt werden. Mit entsprechenden Begleitdokumenten
können Spirituosen unversteuert von einem Steuerlager ins nächste
transferiert werden.

? Staatliche Kontrollen sind - wegen der Steuergerechtigkeit - auch im
liberalisierten Alkoholmarkt notwendig. Wo möglich wird das Verfahren
aber vereinfacht und mehr risikoorientiert ausgerichtet, beispielsweise
wenn Betrugsrisiken oder Gefahr der Steuerhinterziehung bestehen.

Die Kontrollbestimmungen, namentlich die Vorschriften betreffend
Etikettierung, sind nun mit dem europäischen Recht vereinbar.

Die Verwendung von konsumfähigem Alkohol wird überwacht. Gemäss Praxis
in der EU werden sämtliche Spirituosen sowie hochgradiger Ethylalkohol
besteuert. Alkohol, der vollständig denaturiert, das heisst ungeniessbar
gemacht wurde, ist steuerfrei und untersteht keiner staatlichen
Kontrolle mehr.

? Ab Juli 1999 gilt eine einheitliche Bemessungsgrundlage (Liter 100 %
Alkohol). Inländische Spirituosen wurden schon bisher nach Liter reinem
Alkohol besteuert, importierte jedoch grundsätzlich nach 100 kg brutto.

? So genannte Lohnbrenner, welche für Dritte Spirituosen produzieren,
sollen ebenfalls von der Liberalisierung des Marktes profitieren. Das
Monopol, das ihnen die Eidg. Alkoholverwaltung (EAV) innerhalb eines
Tätigkeitsgebietes zugesprochen und gleichzeitig auferlegt hatte, wird
aufgehoben. Wer eine fahrbare Brennerei besitzt, muss der EAV aus
Kontrollzwecken mitteilen, wo gearbeitet wird.

? Lohnbrenner und Gewerbebrenner können mit entsprechender Bewilligung
der EAV ihre Brennapparate abändern, modernisieren und die
Produktionskapazität vergrössern.

? In der Vernehmlassung unbestritten war die vereinfachte Einteilung der
Alkohol-produzenten und -produzentinnen in drei Kategorien:
Gewerbe-produzenten / Landwirte / Kleinproduzenten. Bei den
Kleinproduzenten handelt es sich um jene rund 100 000 Privatpersonen in
der Schweiz, die Obst destillieren lassen und die gemäss revidiertem
Alkoholgesetz von einer reduzierten Steuer profitieren sollen, sofern
sie eigene Rohstoffe oder selbst gesammeltes inländisches Wildgewächs
verarbeiten. Die Steuer für Kleinproduzenten wird um 30 Prozent
ermässigt. Die Ermässigung wird für höchstens 5 Liter reinen Alkohols je
Haushalt und Rechnungsjahr gewährt

Umbruch im Schweizer Spirituosenmarkt

Nach Berechnungen der EAV macht der Anteil der einheimischen
Spirituosenproduktion am Gesamtverbrauch heute rund 50 Prozent aus. 1980
wurden hierzulande noch zu 60 Prozent inländische Spirituosen
konsumiert. Parallel zum Konsumrückgang um mehr als 25 Prozent stiegen
die Importe zwischen 1980 und 1998 um 13 Prozent. Dieser Trend könnte
durch den Einheitssteuersatz noch verstärkt werden. Kenner der Branche
rechnen mit einem schmerzlichen Struktur-wandel, der allerdings schon
begonnen hat.

Obwohl zahlreiche Produktions-beschränkungen für das Schweizer Gewerbe
wegfallen, steht die Branche vor einer grossen Herausforderung. Um im
Markt von morgen bestehen zu können, erwägen oder intensivieren die
Spirituosenhersteller verschiedene Massnahmen: Schaffung von mehr
trendigen Produkten, stärkere Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse,
Entwicklung von mehr Spezialitäten, Pflege von qualitativ sehr guten
Hochpreis-Destillaten, moderne Gestaltung von Verpackung/ Aufmachung,
Investition in leistungsfähige Produktionsanlagen etc. Wer sich künftig
in einer Nische behaupten will, wird wohl noch stärker auf die gute
Qualität von Obst und Destillaten achten müssen.

Landwirtschaftiche Spirituosenproduktion: Status quo

Im Zusammenhang mit den Modalitäten rund um den steuerfreien Eigenbedarf
der landwirtschaftlichen Spirituosenproduzenten wurden in der
Vernehmlassung zur revidierten Alkoholverordnung ganz unterschiedliche
Vorstellungen geäussert. Dies gilt insbesondere für die Höhe des
steuerfreien Eigenbedarfs. Zurzeit lassen sich die unterschiedlichen
Meinungen nicht in Einklang bringen, sodass die heutige Zuteilung und
die entsprechenden Auflagen vorläufig bestehen bleiben. Allerdings soll
das administrative Verfahren, namentlich bei der Einteilung der
Landwirte, vereinfacht werden.

Landwirte und Landwirtinnen haben gemäss Alkoholgesetz das Recht, jene
Spirituosen steuerfrei verwenden zu können, die aus Eigengewächs
hergestellt und für den eigenen Haushalt bzw. Landwirtschaftsbetrieb
benötigt werden. Bei besonderen Betriebsverhältnissen besteht die
Möglichkeit, die Steuerfreiheit auf eine bestimmte Spirituosenmenge zu
begrenzen. Wer seine Spirituosen verschenkt oder verkauft, muss diese
versteuern.

Der landwirtschaftlichen Spirituosenherstellung kommt heute nicht mehr
die gleiche Bedeutung zu wie vor 20 und mehr Jahren. So nahm die Anzahl
der Produzenten im Laufe der Jahre stark ab: Waren es 1978 noch über 87
000, so wurden im letzten Jahr etwas mehr als 64 000 eingeschriebene
Produzenten gezählt. Deren Erzeugung schwankt je nach Grösse der
Obsternte; insgesamt wurden die Mengen bis heute aber kleiner.

Die Gründe für den Rückgang der landwirtschaftlichen
Spirituosenproduktion sind vielfältig:
? Rückgang der Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz
? Generationenwechsel auf den Höfen
? breites und erschwingliches Angebot an Spirituosen im Handel
? Mobilität
? geändertes Konsum- und Freizeitverhalten.

Vor allem in der Zentral- und Innerschweiz stehen die selbst gemachten
Obstbrände nach wie vor hoch im Kurs. Der steuerfreie Eigenbedarf pro
Betrieb ist in den Kantonen Luzern, Zug, Schwyz und Nidwalden am
grössten. «Führend» ist der Kanton Luzern; hier beträgt die
durchschnittliche Eigenbedarfsmenge pro Betrieb 35 Liter effektiv, d.h.
in Trinkgradstärke (Stand 1996/97). Im Kanton Schaffhausen sind die
entsprechenden Mengen am tiefsten. Der Schweizer Durchschnitt liegt bei
rund 17 Litern.

Alkoholprävention

Im Hinblick auf die Liberali-sierung des Alkoholmarktes gewinnt die
Prävention durch Information und Aufklärung an Bedeutung.
Präventionsfachleute befürchten, dass der Einheits-steuersatz und die
damit verbundene Vergünstigung von importierten Spiri-tuosen sowie die
liberaleren Produktionsbedingungen den Konsum wieder an-steigen lassen.

Auf diesem Hintergrund ist das kürzlich lancierte nationale Programm zum
Umgang mit Alkohol besonders zu begrüssen. Das Programm wird durch das
Bundesamt für Gesundheit (BAG), die EAV und die Schweizerische
Fach-stelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme getragen.
Federführend ist das BAG. „Alles im Griff?“ dauert in einer ersten Phase
bis ins Jahr 2002. Um die Bevölkerung zu einem kritischen Umgang mit
Alkohol zu moti-vieren, stellt die Kampagne in den Massenmedien ein
wichtiges Instrument dar. 1999 beträgt das gesamte Budget 3,9 Millionen
Franken. Die EAV steuert pro Jahr 230 000 Franken bei.

Der Alkoholmissbrauch verursacht eines der grössten sozialmedizinischen
Probleme in der Schweiz. Gleichzeitig ist der Genuss von Alkohol eine
tief verwurzelte Tradition. Es wäre unrealistisch und auch nicht
zweckmässig, den Alkoholkonsum auf null reduzieren zu wollen. Die
Bevölkerung soll jedoch motiviert werden Alkohol so zu geniessen, dass
weder für die eigene Gesundheit noch für das soziale Umfeld Probleme
entstehen. Ziel des Programmes ist die Reduktion risiko-reicher
Trinkmuster. Dazu zählt insbesondere das sporadische Rauschtrinken.
Risikoreich ist auch der so genannte situations-inadäquate
Alkohol-konsum, beispielsweise vor dem Auto fahren, an der Arbeit, bei
Krankheit, sportlicher Aktivität und Schwanger-schaft.

Von besonderer Bedeutung ist der Jugendschutz im Alkoholbereich.
Trinkalters-vorschriften von Bund und Kantonen gründen auf der Einsicht,
dass Jugendliche vor den Folgen des Alkoholkonsums geschützt werden
müssen. Damit die Werbebestimmungen eingehalten und alkoholische
Getränke nicht an Minderjährige verkauft werden, braucht es das
Engagement aller Beteiligten: Behörden auf Bundes-, Kantons- und
Gemeindestufe, Verkaufs- und Service-Personal sowie Eltern.

Die EAV, das BAG und die kanto-nalen Dienststellen evaluieren derzeit
neue Strategien, damit den existierenden Vorschriften besser nachgelebt
wird. Nach einer ersten Fachtagung im letzten Jahr laden nun EAV und BAG
Vertreterinnen und Vertreter der mit dem Vollzug beauftragten
Kantonsbehörden sowie Fachleute der Prävention zu Workshops ein. Das
Ziel ist, Schritt für Schritt eine Sensibilisierung der Verantwortlichen
zu erreichen, damit den Vorschriften langfristig besser nachgelebt wird.
Die beiden ersten Veranstaltungen dieser Art verliefen positiv.

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EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst
12.5.1999