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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Mündliche Information durch Vizekanzler Achille Casanova (12.5.1999)

Mündliche Information  durch Vizekanzler Achille Casanova

Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung über die Lage im Kosovo und
über die humanitären Hilfeleistungen der Schweiz diskutiert. Weder auf
politischer noch auf militärischer Ebene lässt sich zum gegenwärtigen
Zeitpunkt ein Ende des Konfliktes absehen.

Trotz des von der jugoslawischen Führung angekündigten teilweisen Rückzugs
ihrer Truppen aus dem Kosovo weisen die anhaltenden Massenvertreibungen und
Tötungen im Kosovo durch serbische Truppen nicht auf einen Kurswechsel
Belgrads hin.

Die NATO-Bombardierungen gehen nach sieben Wochen unvermindert weiter, und
auf politischer Ebene ist die Durchsetzung der von der G-7 und Russland
erarbeiteten Erklärung im UNO-Sicherheitsrat noch nicht erfolgt.

Die EU hat am 30. April das Oel-Embargo gegen Jugoslawien in Kraft gesetzt,
ohne jedoch seine nachhaltige Durchsetzung gegenüber Drittstaaten zu
beschliessen. Am 10. Mai hat die EU zudem eine Verstärkung ihrer Sanktionen
beschlossen. Assoziierte Drittstaaten und auch die Schweiz wurden
aufgefordert, sich diesen Sanktionen anzuschliessen.

Der Bundesrat hat diese Fragen heute ein erstes Mal diskutiert.

* Grundsätzlich ist die Schweiz bereit, weitere Sanktionen der EU zu prüfen.

* Vor einem Entscheid bedürfen die einzelnen dieser Sanktionen der genauen
Ueberprüfung im Lichte der EU-Verordnungstexte. Diese liegen zur Zeit
noch nicht vor, dürften aber in den nächsten Tagen von der EU
gutgeheissen werden.

* Die vertiefte Abklärung der Tragweite einzelner Sanktionen muss auch
dahingehend gemacht werden, ob sie wichtige schweizerische Interessen
tangieren und/oder aus neutralitätsrechtlicher Sicht problematisch sein
könnten.

Der Bundesrat hat das dafür zuständige EVD beauftragt, in enger Abstimmung
mit den übrigen involvierten Stellen der Bundesverwaltung die weiteren
Sanktionen der EU zu überprüfen und die allfälligen Anpassungen der
entsprechenden Verordnungen in Erwägung zu ziehen.

Was den humanitären Einsatz der Schweiz betrifft, hat der Bundesrat mit
Befriedigung festgestellt, dass die Verstärkung unserer Botschaft in Tirana
es nun ermöglicht, den Zustrom von Gesuchstellern - etwa 130 Personen
täglich - zu bewältigen. Falls nötig, wird der Bundesrat nicht zögern,
zusätzliches Personal in die albanische Hauptstadt zu entsenden.

Seit der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad stellt sich
auch die Frage der Sicherheit unserer eigenen Botschaftsangehörigen.
Botschafter Wipfli hat erklärt, er empfinde keine unmittelbare Bedrohung.
Und er hat den Wunsch geäus-sert, seine Mission weiterführen zu dürfen.

Bundesrat Deiss hat dem Begehren stattgegeben und gleichzeitig entschieden,
bei der NATO in Brüssel zu intervenieren und auf den Schutz ausländischer
Vertretungen in der jugoslawischen Hauptstadt und der dortigen
Zivilbevölkerung zu drängen.

Was die Situation im Ausländer- und Asylbereich betrifft, nehmen die
Visa-Gesuche deutlich zu. In den vergangenen zwei Wochen wurden im Bundesamt
für Ausländerfragen ungefähr 400 Gesuche behandelt, davon rund die Hälfte
gutgeheissen. Frau Bundesrätin Metzler-Arnold informierte den Bundesrat,
dass das Härtefall-Kriterium nicht restriktiv gehandhabt werde.

Zum Transport von Vertriebenen aus den Flüchtlingslagern ist festzuhalten,
dass zwei Flugzeuge bis jetzt etwa 300 Flüchtlinge in die Schweiz gebracht
haben. Es wird versucht, mit einem Rhythmus von zwei Flügen pro Woche
jeweils rund 300 Personen wöchentlich aufzunehmen. Dieser Rhythmus
entspricht demjenigen anderer Aufnahmeländer.

Im weiteren stellt der Bundesrat mit Befriedigung fest, dass keine
gewalttätigen Aktionen zwischen ex-jugoslawischen Ethnien in der Schweiz zu
verzeichnen sind. Auch der Zuwachs von Asylgesuchen an der Grenze ist bis
heute ausgeblieben.

Und schliesslich hat der Bundesrat vom Fortgang der Aktion "Focus" Kenntnis
genommen.