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CONFOEDERATIO HELVETICA
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Presserohstoff: Walfangübereinkommen - Walfangkommission

PRESSEROHSTOFF

Das Walfangübereinkommen - die Walfangkommission

Das ”Internationale Übereinkommen zur Regelung des Walfangs” ist, wie es
sein Titel besagt, keine internationale Naturschutzkonvention, sondern
eigentlich ein Jagdgesetz. Es will die Erhaltung der Walbestände sichern und
sie vor übermässiger Jagd schützen. In der Vergangenheit stark dezimierte
Bestände sollen sich soweit erholen können, dass ein geregelter Walfang
wieder möglich ist. Nicht dezimierte Bestände sollen nachhaltig genutzt
werden. Das 1946 abgeschlossene Übereinkommen will auch eine ”geordnete
Entwicklung der Walfangindustrie” ermöglichen.

Für den kommerziellen Walfang gilt allerdings seit 1986 ein befristetes
Moratorium. Eine eventuelle Aufhebung oder Teilaufhebung des Moratoriums ist
an definierte Bedingungen gebunden, die vorerst erfüllt sein müssen
(ausreichende Bestandesgrösse, strenge Managementsvorschriften,
Kontrollmassnahmen). Eine generelle Aufhebung des Moratoriums steht jedoch
gegenwärtig nicht zur Diskussion. Der indische Ozean und die südlichen Meere
in der Antarktis wurden auf bestimmte Zeit zu Schutzzonen erklärt. Über
andere Schutzgebiete (Südatlantik, Südpazifik) wird diskutiert.

Die Internationale Walfangkommission (IWC) besteht aus je einem Mitglied der
Vertragsstaaten. Zu ihren Aufgaben gehört es, Richtlinien für den Walfang
und die Fanggeräte, sowie Fangquoten festzulegen. Sie regt auch
wissenschaftliche Untersuchungen über Wale an und organisiert sie und sie
verarbeitet und verbreitet die Ergebnisse solcher Untersuchungen. Von rund
140 Küstenstaaten sind heute nur 39 Mitglieder der IWC. Dazu kommen zwei
Binnenländer, nämlich Österreich und die Schweiz. 6 Mitgliedstaaten haben
kein Stimmrecht wegen des Rückstandes ihrer Beitragszahlungen. Über hundert
Küstenstaaten, die teilweise auch Wale jagen, sind nicht IWC Mitglieder und
folglich nicht an die Beschlüsse der IWC gebunden.
 Der Walfang der Ureinwohner zur Selbstversorgung

Die IWC kennt zwei Walfangkategorien: Den kommerziellen Walfang (gegenwärtig
gilt ein Moratorium) und den Walfang der Ureinwohner zur Selbstversorgung.
Wesentliches Element der zweiten Kategorie ist, dass das Walfleisch an Ort
der menschlichen Ernährung dient. Dies schliesst allerdings nicht aus, dass
es an lokalen Märkten feilgeboten und verkauft wird. Sowohl den Inuits
(Eskimos) an der Ost- und Westküste Grönlands und Alaskas wie auch den
Aleuten und Tschuktschen Sibiriens, den Makah-Indianern im Westen der USA
und den Eingeborenen von St. Vincent sind bisher solche Jahresquoten gewährt
worden (Westgrönland: 19 Finn- und 175 Zwergwale, Ostgrönland: 12 Zwergwale,
Alaska/Sibirien: 56 Grönlandwale, Sibirien/USA: 124 Grauwale, St. Vincent: 2
Buckelwale).
An der diesjährigen Tagung ist im Rahmen der regelmässigen jährlichen
Überprüfung erneut über diese Quoten zu befinden. Bei der Beschlussfassung
sind die Bedürfnisse der Menschen jener Regionen primär zu berücksichtigen.
Die Schweiz hat jedoch immer die Ansicht vertreten, dass auch diese
Walfangkategorie einem modernen, auf wissenschaftlichen Grundlagen
abgestützten, die Erhaltung der Walbestände ebenfalls berücksichtigenden
Management unterworfen werden sollte und sie begrüsst und unterstützt
deshalb das Projekt des wissenschaftlichen Komitees der IWC zur Ausarbeitung
eines ”Aboriginal Subsistence Whaling Scheme”. Weiterhin wird sich die
Schweiz wie bisher dafür einsetzen, dass bei der Waljagd durch die
Ureinwohner Waffen eingesetzt werden, welche eine rasche und möglichst
schmerzlose Tötung der Wale ermöglichen, was heute noch nicht immer der Fall
ist.
 Der kommerzielle Walfang durch Norwegen

Im Jahre 1993 beschloss die norwegische Regierung, die Wiederaufnahme einer
kommerziellen Walfangaktivität vor der norwegischen Küste. Die Quote wurde
vorerst auf 226 Zwergwale festgelegt, ist jedoch inzwischen immer wieder
erhöht worden und liegt heute bei 753 Zwergwalen. Die Schweiz hat sich an
der IWC von allem Anfang an gegen diese einseitige Wiederaufnahme einer
kommerziellen Walfangtätigkeit ausgesprochen und Resolutionen unterstützt,
welche Norwegen ersuchen, diesen Walfang wieder einzustellen.
Allerdings ist anzumerken, dass die Walfangtätigkeit Norwegens nicht im
Widerspruch zu den Bestimmungen des Walfangübereinkommens steht: Norwegen
hat seinerzeit einen Vorbehalt gegen den Moratoriumsbeschluss eingereicht
und ist deshalb nicht an diesen Beschluss gebunden. Aufgrund eines weiteren
Vorbehalts im Rahmen von CITES * könnte Norwegen Fleisch, das aus dieser
Walfangaktivität stammt, sogar legal nach Japan oder Island exportieren. Die
norwegische Regierung hat allerdings erklärt, dass sie bis auf weiteres
keine entsprechenden Ausfuhrbewilligungen erteilt.

* CITES = Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten
Arten freilebender Tiere und Pflanzen
 Der wissenschaftliche Walfang durch Japan

Jeder Mitgliedstaat der IWC kann seinen Staatsangehörigen durch eine
Spezialbewilligung erlauben, zu wissenschaftlichen Zwecken Wale in
beschränkter Anzahl zu erlegen und zu verarbeiten. Die Mitgliedstaaten der
IWC entscheiden also unabhängig und selbständig über den Fang und die
Verarbeitung von Walen zu wissenschaftlichen Zwecken. Sie haben die
Kommission über jede derart erteilte Spezialbewilligung zu unterrichten. Die
IWC hat über den wissenschaftlichen Walfang nicht Beschluss zu fassen, sie
kann also solche Projekte weder gutheissen noch verurteilen, weder
bewilligen noch verbieten. Gelegentlich nimmt sie in Form von
unverbindlichen Resolutionen zu einzelnen Projekten Stellung. Japan
organisiert nicht nur aufwendige jährliche Walzählungen, sondern erlegt in
einem Langzeitprojekt alljährlich auch über 400 Zwergwale in der Antarktis
und rund 100 im Pazifik. Es werden eine Reihe von Proben entnommen und
wissenschaftlichen Daten erhoben und die Forschungsergebnisse werden
regelmässig veröffentlicht. Das Fleisch der Tiere wird auf dem Inlandmarkt
verkauft. Da Japan einen Vorbehalt gegen den Beschluss der Schutzzone in der
Antarktis eingereicht hat, handelt dieser IWC Mitgliedstaat nicht gegen die
Bestimmungen des Übereinkommens. Die Schweiz hat sich immer dafür
eingesetzt, dass wissenschaftliche Untersuchungen an Walen nach Möglichkeit
mit nicht letalen Methoden durchgeführt werden sollten. Bedingt der
Forschungszweck ausnahmsweise dennoch die Tötung von Tieren, so vertritt die
Schweiz die Ansicht, dass, entsprechend unserer Tierschutzgesetzgebung, zur
Erreichung des Forschungsziels die kleinste notwendige Anzahl Tiere
einzusetzen ist. Die Schweiz unterstützte auch Resolutionen, welche Japan
ersuchen, den wissenschaftlichen Walfang im antarktischen Schutzgebiet zu
beenden.

 Der irische Kompromiss-Vorschlag

Einige Delegationen in der IWC vertreten die Ansicht, Wale seien
grundsätzlich nicht kommerziell zu bejagen. Andere Delegationen äussern ein
legitimes Interesse an einer nachhaltigen Nutzung bestimmter Walbestände.
Diese unvereinbaren Standpunkte verhindern Verhandlungsfortschritte und
machen es der IWC schwer, die ihr auferlegten Aufgaben zu erfüllen,
insbesondere die Walfangtätigkeit auf den Weltmeeren zu regeln und zu
kontrollieren; die IWC droht an dieser Zerreissprobe zu zerbrechen. Um die
unfruchtbare Pattsituation zu durchbrechen, stellte Irland 1997 einen
Kompromiss-Vorschlag zur Diskussion:
-  Das Bewirtschaftungsschema (RMS) ist fertigzustellen und anzunehmen.
Diese modernen Managementvorschriften würden gegebenenfalls die nachhaltige
Nutzung bestimmter Walbestände und die Überwachung eventueller kommerzieller
Walfangtätigkeit unter strenger Kontrolle sicherstellen. Gleichzeitig
sichern sie die Erhaltung der Walpopulationen.
- Sofern die IWC zukünftig Fangquoten für bestimmte Walbestände festlegen
sollte, so hat dies unter Berücksichtigung der Bestimmungen des RMS zu
geschehen und darf nur die Küstenzonen von Mitgliedstaaten betreffen, welche
heute bereits Walfang betreiben. Für alle übrigen Regionen der Weltmeere
gilt gleichzeitig ein Fangverbot (Nullquote).
- Das Fleisch, das aus solcher Walfangtätigkeit anfällt, ist lokal zu
konsumieren, darf also nicht international gehandelt werden.
- Wissenschaftliche Forschungsprojekte, welche auf dem Fang von Walen
beruhen, sind auf einen noch festzulegenden Zeitpunkt zu beenden. Danach
dürfen Wale nur noch ausnahmsweise und in Einzelfällen und erst nach
Zustimmung des wissenschaftlichen Komitees zu wissenschaftlichen Zwecken
gefangen werden.
Die 4 Punkte gelten als Einheit und sind nicht unabhängig voneinander zu
betrachten. Allen Beteiligten ist klar, dass eine Verwirklichung dieses
Projekts, in welcher Form auch immer, nur im Konsens und nicht als
Mehrheitsbeschluss möglich ist. Die IWC-Mitgliedstaaten müssten sich alle
bereit erklären, die erforderlichen Verpflichtungen einzugehen. Bis jetzt
haben sie jedenfalls beschlossen auf die Debatte einzutreten. In Grenada
werden die Gespräche weitergeführt. Die Schweiz spielt in diesem Prozess -
auf Einladung Irlands - eine wichtige kritisch/konstruktiv mitarbeitende,
vermittelnde und koordinierende Rolle. Dies ist nur deshalb möglich, weil
sich die Schweiz immer bemüht hat, die Bestimmungen des Übereinkommens zu
respektieren, ihre Entscheide auf wissenschaftlichen Grundlagen abzustützen
und eine Politik zu vertreten, die keine Doppelstandards enthält. Die
Schweiz gilt deshalb als vertrauenswürdiger, glaubwürdiger und geachteter
Gesprächspartner. Der Schweiz liegt viel daran, dass in dieser Angelegenheit
Fortschritte erzielt werden.

Kleinwale

Es gibt in den Meeren und einigen Flüssen etwa 90 verschiedene Walarten.
Davon sind einige (z.B. verschiedene Flussdelphine) heute sehr selten
geworden, während andere in grosser Zahl vorkommen (z. B. Zwergwale,
Pottwale, Grauwale, Grindwale). Im ”schedule”, dem operativen Teil zum
Walfangübereinkommen sind jedoch nur 20 Arten namentlich aufgeführt (alle
Bartenwale und zehn Zahnwalarten). Daraus zogen manche IWC-Mitgliedstaaten
den Schluss, dass die Bestimmungen des Übereinkommens auf die übrigen rund
70 Arten - sog. ”Kleinwalarten” - nicht anwendbar seien. Die Schweiz hat
immer die Meinung vertreten, dass das Walfangübereinkommen für alle 90
Walarten Geltung haben soll. Zur Klärung der Frage ist eine spezielle
interne Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Sie kam 1995 zum Schluss, dass die
IWC in Bezug auf Kleinwale fortan nur berechtigt sei, wissenschaftliche
Informationen zu sammeln und zu verarbeiten, nicht aber das Management zu
regeln (”scientific advice, but no managment advice”). Damit hat sich die
IWC für Fragen des Schutzes und der Nutzung der sogenannten Kleinwale, zu
denen z. B. auch der Narwal, der Weisswal (Beluga), der Schweinswal, oder
der Grosse Tümmler gehören, als nicht zuständig erklärt.
Aus Angaben, welche die IWC-Mitgliedstaaten freiwillig liefern, kann ersehen
werden, dass sie alljährlich etwa 40'000 Kleinwale jagen oder als
sogenannte ”unerwünschte Beifänge” registrieren. Auch viele Vertreter ”
grosser” Walarten verenden in den Netzen als ”Beifang”. Wenn man bedenkt,
dass weltweit noch viele Individuen dazu kommen, die von Nicht-IWC-Staaten
gejagt oder als Beifänge getötet werden, so wird ersichtlich, dass hier ein
Problem vorliegt, das dringendst einer Lösung bedarf. Es ist nicht sicher,
ob diese Lösung innerhalb der IWC gefunden werden kann. Dies gilt übrigens
auch für andere globale Probleme (z. B. Umweltbelastung der Meere,
Verdünnung der Ozonschicht), deren Lösung den Rahmen des
Walfangübereinkommens und die Möglichkeiten der IWC bei weitem sprengen. Die
Schweiz ist aber bereit, auch Lösungsvorschläge, die innerhalb der IWC
ausgearbeitet werden, zu unterstützen.

 Die Gefährdung von Walen durch die Umwelt

Den kommerziellen Walfang in grossem Stil, wie er in früheren Jahrzehnten
und Jahrhunderten ausgeübt wurde, gibt es heute nicht mehr und alle Zeichen
sprechen dafür, dass er auch zukünftig nicht mehr wiederaufgenommen wird.
Wale, insbesondere die grossen Arten, sind also heute nicht primär durch
Walfangaktivitäten gefährdet, sondern durch negative Einwirkungen aus ihrer
Umwelt. Dazu gehören die Belastung der Meere mit Schadstoffen, die globale
Erwärmung durch die Anreicherung der Atmosphäre mit CO2, die Verdünnung der
Ozonschicht und Lärmimmissionen. Der wissenschaftliche Ausschuss der IWC
organisiert Tagungen zu dieser Problematik, regt zu Forschungsprojekten an,
unterstützt die Forschung auf diesem Gebiet und sammelt und verbreitet alle
möglichen Informationen zu diesem Thema. Er hat aber weder das Mandat, noch
ist er personell oder finanziell in der Lage selber grössere
Forschungsvorhaben zu realisieren, sondern er ist auf die
Forschungstätigkeit und die Unterstützung anderer Institutionen und
Organisationen angewiesen. Die Schweiz unterstützt Resolutionen, welche ein
Engagement der IWC in dieser Thematik fordern. Die Einflussmöglichkeiten der
IWC zur Behebung dieser Umweltgefahren sind allerdings bescheiden, hat sie
doch in diesem Bereich kaum Regelungskompetenz. Der Schutz der Wale - ja von
Tieren und Pflanzen generell - vor Einflüssen, die mit der Bejagung nicht in
Verbindung stehen, hat deshalb im Rahmen anderer internationaler
Konventionen und Gremien zu geschehen, die sich allgemein mit dem Schutz der
Biosphäre und der Atmosphäre befassen. Auch in diesen anderen
internationalen Foren spielt die Schweiz eine aktive Rolle und geht - wie
auch auf nationaler Ebene - oft mit gutem Beispiel voran.

Bundesamt für Veterinärwesen / Mai 1999