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Revision der freiwilligen AHV/IV für Auslandschweizer/innen

Medienmitteilung  28. April 1999

Revision der freiwilligen AHV/IV für Auslandschweizer/innen: Bundesrat
verabschiedet Botschaft

Der Bundesrat will die chronisch defizitäre freiwillige AHV/IV für
Ausland-schwei-zer/innen sanie-ren und hat die Botschaft für die dazu
notwendige Revi-sion des AHV-Gesetzes verabschiedet. Die freiwillige
Versicherung muss heute durch Gel-der der in der Schweiz wohnhaften Personen
ge-tragen werden, da die Beiträge der freiwillig Versicherten nicht
ausreichen. Angesichts der Entwick-lung der So-zia-len Sicherheit in den
wesentlichen Aufenthaltsstaaten der Aus-land-schwei-zer/innen hat sie zudem
stark an Bedeutung verloren. Es ist insbe-son-dere vor-gesehen, den Kreis
der Versicherungsberech-tigten künf-tig einzu-schränken und den Beitragssatz
der freiwillig Ver-sicherten jenem der obliga-to-risch Ver-si-cherten
anzupassen. Die Ver-nehmlassung hat ge-zeigt, dass das Sa-nie-rung-sziel und
der grösste Teil der Massnahmen auf eine breit abge-stützte Zu-stim-mung
treffen. Mit der Revision entspricht der Bundesrat auch einem Auf-trag des
Parlaments.
Defizit belastet Solidarität
Seit ihrer Schaffung 1948 leidet die freiwillige Versicherung unter einem
chroni-schen Defi-zit. Das Verhältnis der Ausgaben zu den Einnahmen beträgt
heute acht Franken zu drei Franken (ohne Anteil der öffentlichen Hand). 50
Prozent der frei-wil-lig Versi-cher-ten bezahlen ledig-lich den minimalen
AHV/IV-Beitrag (ge-gen-wärtig 378 Fran-ken pro Jahr), während es in der
ob-ligatorischen Versicherung nur 7 Prozent sind. Die nicht durch Beiträge
ge-deckten Ausgaben werden von der Ge-samtheit der Ver-sicherten in der
obligatori-schen AHV/IV und von der öffentlichen Hand finanziert. Das
geltende System muss geändert werden, weil es den Versicherten in der
Schweiz eine finanzielle Belastung als Solidaritätsleistung mit den
Auslandschweizern auferlegt und die freiwil-lig versicherten Personen
privilegiert.
Mit der Revision entspricht der Bundesrat auch dem Auftrag des Parlaments,
das Defi-zit der freiwilligen AHV/IV zu senken. Er ist der Ansicht, dass
sowohl auf der Ein-nah-menseite wie beim Kreis der Versicherten gehandelt
werden muss, um Einnah-men und Aus-gaben in ein akzeptables Verhältnis zu
bringen.
Sozialversicherungsabkommen bieten heute umfassenden Schutz
Dabei soll ein sozialer Schutz für Schweizerinnen und Schweizer, die in
einem Nicht-vertragsstaat wohnen, gewährleistet bleiben (Nichtvertragsstaat:
Staat mit dem die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen
hat). Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die europäischen und
nordamerikanischen Staaten, in welchen sich der Grossteil der
Auslandschweizer/innen niedergelassen hat, Systeme der Sozialen Sicherheit
eingerichtet, die mit jenem der Schweiz vergleichbar sind. Dank den
Ab-kommen mit diesen Staaten werden Schweizerinnen und Schweizer dort wie
eigene Staatsbürger/innen behandelt. Zur Zeit haben sich 81 Prozent der
Auslandschwei-zer/innen in einem Vertragsstaat niedergelassen. Dass die
freiwillige AHV/IV an Be-deutung verloren hat, zeigt sich auch daran, dass
sich nur noch 16 Prozent der be-rechtigten Schweizer/innen dieser
Versicherung an-schliessen.
Daher soll die freiwillige AHV/IV nach einer Übergangsfrist nur noch
Personen in Nicht-vertragsstaaten offen stehen. Bereits erworbene Ansprüche
bleiben aber ge-wahrt. Die Beiträge werden auf das Niveau jener in der
obliga-torischen Versiche-rung angehoben und der reduzierte Beitrags-satz
bei tie-feren Einkommen wird auf-gehoben. Die Revi-sion sieht gleichzeitig
Ver-besserungen für Invalide und Auslän-der/innen vor. Dank letzterem Punkt
hebt sie auch eine Diskriminierung auf, die ge-mäss dem UNO-Pakt über
wirtschaftliche, so-ziale und kulturelle Rechte untersagt ist.
Auslandschweizer/innen, die aufgrund der neuen Bestimmungen der freiwilligen
AHV/IV nicht mehr beitreten können und deshalb in finanzielle
Schwierigkeiten geraten, haben Anspruch auf Fürsorgeleistungen des Bundes.
Die Revision der freiwilligen AHV/IV erweist sich auch in Zusammenhang mit
den bila-teralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU als notwendig.
Ohne Einschrän-kung des Versichertenkreises könnten sich alle Bürgerinnen
und Bürger der EU freiwil-lig der schweizerischen AHV/IV anschliessen. Dies
würde das Defizit dieser Versiche-rung deutlich vergrössern.
Vernehmlassung: Grundsätzliche Unterstützung
Die Vernehmlassung bei den Kantonen, Parteien, Verbänden und interessierten
Or-ga-nisationen hat eine grundsätzliche und breit abgestützte Zustimmung
zum Sa-nie-rungsziel und zum grössten Teil der Massnahmen ergeben. Eine
starke Min-der-heit kritisierte allerdings die Einschränkung des
Versichertenkreises. Der Bun-desrat will diesen zentralen Revisionspunkt
dennoch beibehalten, da er überzeugt ist, dass das Angebot eines besonderen
Sozialversicherungsschutzes heutzutage auf Perso-nen in Nichtvertragsstaaten
beschränkt werden kann.
Mehrfach wurde angeregt, die von den Auslandschweizerinnen und -schweizern
de-klarierten Einkommen müssten stärker kontrolliert werden, da man zur
Beitragsbe-messung auf die Angaben der Versicherten selbst vertrauen muss.
Auch wenn die-ses Anlie-gen berechtigt ist, so findet sich kein
Kontrollverfahren, das mit einem vertretba-ren Aufwand durchführbar wäre.
Voraussichtliche finanzielle Auswirkungen
Die vorgeschlagenen Massnahmen dürften die jährlichen AHV-Ausgaben von Bund
und Kantonen längerfristig von 36 Mio. auf 6 Mio. Franken reduzieren
(haupt-säch-lich aufgrund des reduzierten Versichertenkreises). Die Ausgaben
der AHV sin-ken von 178 Mio. auf 30 Mio. Franken jährlich.
Im Bereich der IV werden die Ausgaben des Bundes von 11 Mio. auf 2 Mio.
Franken zurückgehen. Der Beitrag der Kantone sinkt von 4 Mio. Franken auf 1
Mio. Franken. Die Ausgaben der IV werden von 30 Mio. Franken auf 5 Mio.
Franken zurückgehen. Bei diesen Einsparungen sind jährliche Mehrausgaben von
9 Mio. Franken aufgrund der Streichung der IV-Versicherungsklausel
einberechnet.
Insgesamt erlaubt die Revision längerfristig Einsparungen von jährlich
voraussicht-lich 117 Mio. Franken. Die heutigen Kosten der freiwilligen
AHV/IV insgesamt be-tragen 208 Mio. Franken, wovon heute 59 Mio. durch
Beiträge der Versicherten ge-deckt wer-den.
Die Beitragseinnahmen werden nach Inkraftsetzung der Revision rasch sinken.
Die Summe der ausbezahlten Renten wird aber nur allmählich abnehmen, da
durch Bei-tragszahlung erworbene AHV/IV-Rentenansprüche gewährt bleiben.
Daher werden die genannten Einsparungen erst langfristig spürbar: Die
Ausgaben sinken nach 20 Jahren um 25 Prozent, nach 30 Jahren um 50 Prozent
und nach 40 Jahren um 75 Prozent.

Die Schweiz hat bilaterale Sozialversicherungsabkommen mit folgenden Staaten
abgeschlossen:

     A Oesterreich        I Italien
     B Belgien       IL Israel
     CAN / QUE Kanada / Quebec       IRL Irland (noch nicht ratifiziert)
     CY Zypern       L Luxemburg
     CZ Tschechien       N Norwegen
     D Deutschland       NL Niederlande
     DK Dänemark       P Portugal
     E Spanien       RCH Chile
     F Frankreich        RSM Rep. San Marino
     FIN Finnland        S Schweden
     FL Liechtenstein        SK Slowakei
     GB Grossbritannien        SLO Slowenien
     GR Griechenland       TR Türkei
     H Ungarn      USA USA
     HR Kroatien       YU Jugoslawien (Nachfolgestaaten)
 Die 15 EU-Staaten

 EIDG. DEPARTEMENT DES INNERN
 Presse- und Informationsdienst

Auskünfte: Tel. 031 / 322 90 33
 Alfons Berger, Vizedirektor
 Chef Abteilung AHV/EO/EL
 Bundesamt für Sozialversicherung

Beilagen: - Übersicht: Revisionsmassnahmen
 - Botschaft mit Vernehmlassungsbericht

Die Revisionsmassnahmen in der Übersicht

• Nur noch Personen, die in einem Nichtvertragsstaat wohnen, können der
Versi-cherung beitreten. Bedingung ist, dass sie in der obligatorischen
AHV/IV unmit-tel-bar vor ihrer Abreise ins Ausland während mindestens fünf
aufeinanderfolgen-den Jahren versichert gewesen sind.
• Übergangsregelung für Vertragsstaaten: Die bei Inkrafttreten der Revision
be-reits versicherten Personen in Vertragsstaaten können während sechs
Jahren die freiwillige Versicherung beibehalten. Wenn sie über 50jährig
sind, können sie die Versicherung bis zum Rentenalter fortführen.
• Der AHV/IV-Beitragssatz wird auf das Niveau des Satzes für
Unselbständig-erwer-bende in der obligatorischen Versi-cherung angehoben:
von 9,2 auf 9,8 Prozent (AHV: 8,4%, IV: 1,4%).
• Die sinkende Beitragsskala (reduzierter Beitragssatz für Personen mit
einem Ein-kommen von gegenwärtig weniger als 47'800 Franken im Jahr) wird
aufgeho-ben.
Verbesserungen für Ausländer/innen und Invalide
• Öffnung der freiwilligen Versicherung für ausländische Staatsangehörige.
Diese können der freiwilligen Versicherung ebenfalls beitreten, wenn sie in
der obligato-ri-schen AHV/IV während mindestens fünf aufeinanderfolgenden
Jahren versichert waren und in einem Nichtvertragsstaat wohnen.
 Damit entspricht die Schweiz dem Internationalen Pakt der UNO über
wirtschaft-liche, soziale und kulturelle Rechte, den sie ratifiziert hat.
Die heutige Beschrän-kung auf Schweizer Bürger/innen widerspricht dem
Diskriminie-rungsverbot des Paktes.
• Personen, welche die einjährige Mindestbeitragsdauer (in der
obligatorischen oder freiwilligen Versicherung) erfüllt haben, haben
Anspruch auf IV-Renten, auch wenn sie zum Zeitpunkt, in dem sie invalid
werden, nicht freiwillig versichert sind (die "IV-Versicherungsklausel"
entfällt). Die Berechnung der Leistungen hängt aber in je-dem Fall von den
effektiven Beitragsjahren ab.
• Nichterwerbstätige Studierende unter 30 Jahren und nichterwerbstätige
Ehe-part-ner/innen von obligatorisch Versicherten (also z.B. von ins Ausland
ent-sand-ten Versicherten) können sich weiterhin in der obligatorischen
AHV/IV versi-chern.