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Hormone im Wasser: Was bewirken sie bei Mensch und Tier?

Hormone im Wasser: Was bewirken sie bei
Mensch und Tier?

Zahllose Chemikalien werden täglich verbraucht und gelangen mehrheitlich
in die Kläranlage. Dort werden sie nur teilweise eliminiert; der Rest gelangt in
die Gewässer. Untersuchungen von Schweizer Flüssen belegen, dass
alltäglich benutzte Substanzen heimtückische hormonaktive Wirkungen
haben können. Diese Stoffe können bei einigen Tierarten zu
Geschlechtsveränderungen und Unfruchtbarkeit führen. Das BUWAL und die
EAWAG stellen heute in Bern an einer Medienorientierung einen Bericht über
den neusten Stand des Wissens vor. Er zeigt Effekte auf die Umwelt auf und
beinhaltet eine Beurteilung sowie geplante Forschungsaktivitäten. Das
Wissen über die komplexen Wirkungen hormonaktiver Stoffe soll es
ermöglichen, die nötigen Schutzmassnahmen auszuarbeiten.

Hormone steuern wichtige Prozesse im Körper und wirken im Gegensatz zu vielen Schadstoffen
bereits in kleinsten Mengen. Bei Untersuchungen an Fischen unterhalb der Kläranlagen 
konnten
Verweiblichungseffekte beobachtet werden. So bilden zum Beispiel männliche Bachforellen 
in
ihren Hoden Eizellen aus. Gegenteilige Phänomene zeigen Wellhornschnecken in Küstenbereichen
auf der ganzen Welt, sowie rund 100 andere marine Arten: Deren Weibchen entwickeln 
einen Penis
und werden fortpflanzungsunfähig.

Während die Ergebnisse der Untersuchungen von hormonwirksamen Chemikalien im Tierreich
weitgehend unumstritten sind, stellt sich die Frage: Droht auch dem Menschen Gefahr 
oder hat er
bereits Schaden genommen? Die Untersuchungen sind noch unvollständig und bisher 
konnten keine
eindeutigen Wirkungszusammenhänge nachgewiesen werden. Allerdings kann - mit grossen
regionalen Unterschieden - eine Abnahme der Spermienzahlen festgestellt werden.

Schadstoffe wirken hormonaktiv

Das Bootsanstrichmittel Tributylzinn (TBT), welches das Muschel- und Algenwachstum 
an
Schiffswänden hemmt, ist verantwortlich für die Geschlechtsveränderungen der
Wellhornschnecken. Andere bekannte Schadstoffe in den Gewässern stammen aus Kunststoffen.
Mit der Zeit werden diese aus dem Plastikmaterial ausgewaschen. Bei der Benützung 
von
Kunststoffen (Flaschen und Schläuche) können diese Schadstoffe direkt in den menschlichen
Organismus gelangen.

Ein weiteres Beispiel ist Nonylphenol, eine Chemikalie, die als Nonylphenolethoxylat 
in
Industriereinigern enthalten ist. Seine schädlichen Wirkungen sind seit Jahren ein 
Thema; trotzdem
werden in Westeuropa jährlich immer noch 75'000 Tonnen eingesetzt. In der Schweiz 
wurde ein
Verbot dieses Stoffes in Textilreinigungsmitteln beschlossen, verschiedene Firmen 
verzichteten
zudem freiwillig auf seine Verwendung. Nach neusten Messungen sind einige Flüsse 
immer noch
mit beträchtlichen Mengen belastet.

Das BUWAL führt zur Zeit Verhandlungen mit Vertretenden der Industrie über einen 
freiwilligen
Verzicht auf Nonylphenolethoxylat in Industriereinigungsmitteln. Sofern keine Einigung 
zustande
kommt, soll ein generelles Verbot dieses Stoffes beantragt werden.

Vorsorgeprinzip anwenden

Über 50 Chemikalien sind heute bekannt, die ähnlich wie Oestrogen, das weibliche
Geschlechtshormon, wirken. Auch in gut funktionierenden Kläranlagen gelingt es nicht, 
die Stoffe
zu eliminieren. Bei vielen weiteren Stoffen gibt es Hinweise auf ihre hormonaktive 
Wirkung,
eindeutige Wirkungsketten stehen aber noch aus. Die Forschung muss also in Zukunft 
intensiviert

und international koordiniert werden. Es müssen Messmethoden entwickelt werden, 
die schnell
eingesetzt werden können, um problematische Stoffe zu identifizieren. Wenn begründeter 
Verdacht
besteht, muss es im Sinne der Vorsorge möglich werden, auf den Einsatz hormonaktiver 
Stoffen zu
verzichten, auch wenn deren schädigende Wirkung auf Mensch und Umwelt noch nicht 
mit letzter
Sicherheit nachgewiesen ist. An solchen Entscheidungen sind alle betroffenen Partner 
-
Chemieindustrie, Behörden, Landwirtschaft, Wissenschaft, Umweltverbände - zu beteiligen.

Bern, 7. April 1999

BUNDESAMT FÜR UMWELT, WALD UND LANDSCHAFT

Informationsdienst

EAWAG

	Presse und Information

Auskunft

Georg Karlaganis, Chef Abteilung Stoffe, Boden, Biotechnologie, Bundesamt für Umwelt, 
Wald
und Landschaft (BUWAL), Tel. 031 322 69 55, e-mail: georg.karlaganis@buwal.admin.ch

Theresa Büsser, Presse und Information EAWAG, Tel. 01 823 53 92, e-mail: buesser@eawag.ch
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