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Volksinitiative für ein Konstruktives Referendum

Pressemitteilung

Bundesrat lehnt Volksinitiative für ein Konstruktives Referendum ab

Der Bundesrat hat am Montag die Volksinitiative "Mehr Rechte für das
Volk dank dem Referendum mit Gegenvorschlag (Konstruktives Referendum)
ohne Gegenvorschlag abgelehnt.

Die Volksinitiative wurde am 25. März 1997 mit 123'205 gültigen
Unterschriften eingereicht. Sie will ein neues Volksrecht in der
Bundesverfassung verankern: Auf Verlangen von 50'000 Stimmberechtigten
oder acht Kantonen soll über den Gegenvorschlag zu einem Bundesgesetz
oder einem allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss abgestimmt werden
müssen. Die Initiantinnen und Initianten möchten damit den
Stimmberechtigten die Möglichkeit einräumen, differenziert zu einer
Vorlage Stellung zu nehmen. Das konstruktive Referendum soll
ermöglichen, mit einem Gegenvorschlag einzelne Kritikpunkte in einer
Vorlage zu verbessern, ohne die gesamte Vorlage zu Fall zu bringen.
Damit könne verhindert werden, dass eine Vorlage wegen einzelner,
behebbarer Mängel abgelehnt würde.

Anliegen der Initiative bereits erfüllt

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Initiative gültig ist. Er
beantragt die Ablehnung der Initiative ohne Gegenvorschlag. Seiner
Auffassung nach kommen die Neuerungen, welche er für die
Verfassungsreform im Rahmen des Reformpakets "Volksrechte" vorgeschlagen
hat, den Anliegen der Initiantinnen und Initianten nach differenzierter
Stimmabgabe bereits weitgehend entgegen. Diese Neuerungen enthalten
zudem keine schwerwiegenden Nachteile wie die vorliegende Initiative.
Diese enthält keine Vorkehren, die sicherstellen, dass Gegenentwürfe zu
Bundesgesetzen und allgemeinverbindlichen Bundesbeschlüssen mit der
Verfassung und dem Völkerrecht vereinbar sind. Daraus ergäben sich
Gefahren für die Kohärenz der Rechtsordnung. Eine Prüfung der Gültigkeit
von Gegenentwürfen durch das Parlament ist zwar mit dem Initiativtext
nicht unvereinbar, könnte indessen den Gesetzgebungsprozess weiter
verlangsamen.

Das konstruktive Referendum wurde, in etwas anderer Form als in der
Initiative vorgeschlagen, kürzlich in den Kantonen Bern und Nidwalden
eingeführt. Es bestehen aber noch keine ausreichende Erfahrungen mit
diesem neuen Volksrecht. Dessen Auswirkungen sind sehr schwer
abzuschätzen. Bei einer Häufung von Gegenvorschlägen zur gleichen
Vorlage und bei einer Kombination des neuen Volksrechts mit dem
negierenden Referendum können beträchtliche Abstimmungsprobleme
entstehen, die gegebenenfalls mehrere nachfolgende Abstimmungen zur
selben Vorlage erforderlich machen. Die Belastung der Stimmbürgerinnen
und Stimmbürger würde weiter vergrössert.

Ausgleichsfunktion des Parlaments gefährdet

Das konstruktive Referendum eröffnet politischen Gruppen die
Möglichkeit, Einzelpunkte aus einer vom Parlament verabschiedeten
Vorlage auszuwählen und zur Abstimmung zu unterbreiten. Dadurch würde
die Ausgleichsfunktion des Parlaments gefährdet. Es würde bei der
Wahrnehmung der Aufgabe, unter den wichtigen politischen Kräften des
Landes einen Kompromiss zu finden, beeinträchtigt und letztlich an
politischer Bedeutung verlieren.

5. März 1999

EIDGENÖSSISCHES JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst

Weitere Auskunft:

Luzius Mader, Vizedirektor, Bundesamt für Justiz, Tel. 031/322 41 02
Werner Bussmann, Bundesamt für Justiz, Tel. 031/322 47 98