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Keine Strafverfolgung gegen Nationalrat Ziegler

Pressemitteilung

Keine Strafverfolgung gegen Nationalrat Ziegler

Der Bundesrat hat am Mittwoch erneut die Ermächtigung zur Verfolgung
eines politischen Delikts verweigert. Er gab den Strafanzeigen, welche
die Bestrafung Nationalrat Jean Zieglers wegen seiner Äusserungen im
Buch "Die Schweiz, das Gold und die Toten" verlangen, keine Folge.
Ziegler wurde vorgeworfen, er stelle in seinem Buch unwahre und
entstellende Behauptungen auf, die im Ausland gegen die Schweiz
gerichtete Bestrebungen hervorriefen (Artikel 266bis StGB).

Sicherheit der Schweiz gefährdet?

Am 31. August 1998 reichten alt Nationalrat Martin H. Burckhardt und 20
Mitunterzeichner bei der Bundesanwaltschaft eine Strafanzeige gegen
Nationalrat Jean Ziegler ein. Sie warfen ihm vor, er verletze mit seinem
Buch "Die Schweiz, das Gold und die Toten", das sich mit der Rolle der
Schweiz im zweiten Weltkrieg befasst, den Artikel 266bis
Strafgesetzbuch. Dieser Artikel bedroht gegen die  Schweiz gerichtete
ausländische Bestrebungen mit Strafe. Das Delikt kann darin bestehen,
dass ein Schweizer durch unwahre und entstellende Behauptungen
ausländische Aktivitäten gegen die Sicherheit der Schweiz auslöst. Die
Anzeige machte zudem geltend, Jean Ziegler habe die unwahren und
entstellenden Behauptungen an einem von Senator D'Amato veranstalteten
Hearing wiederholt.

Ein solches Strafverfahren setzt voraus, dass die eidgenössischen Räte
die Immunität von Jean Ziegler als Parlamentarier aufheben und der
Bundesrat die Ermächtigung zur Verfolgung eines politischen Delikts
erteilt. Während die Bundesanwaltschaft der Meinung war, die Aufhebung
der Immunität müsste zuerst erfolgen, stellte sich die Kommission für
Rechtsfragen des Nationalrates, an welche die BA sich gewandt hatte, am
26. Januar 1999 auf den Standpunkt, vorgängig habe der Bundesrat zu
entscheiden. Dieser hat nun auf Antrag des Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartementes beschlossen, die Ermächtigung zu verweigern. Damit
entfällt ein Strafverfahren, und die Räte müssen sich nicht mehr mit der
Aufhebung der Immunität befassen.

Interessenabwägung

Der Bundesrat nimmt mit diesem Entscheid in keiner Weise Stellung zur
Frage, inwiefern Nationalrat Jean Ziegler in seinem Buch unwahre oder
entstellende Behauptungen aufstellt. Das wäre in einem Strafverfahren
erst gründlich abzuklären. Vor allem wäre zu beweisen, dass Ziegler die
Absicht hatte, die Sicherheit der Schweiz zu beeinträchtigen. Massgebend
für den Bundesrat war die Abwägung der Opportunität der Strafverfolgung
gegenüber den Interessen an der Ausübung der Meinungsfreiheit und an der
Notwendigkeit einer öffentlichen Auseinandersetzung um die Rolle der
Schweiz im Zweiten Weltkrieg. Eine umfassende Aufarbeitung dieses
schwierigen Kapitels der Schweizergeschichte tut not, soll aber nicht
durch den Strafrichter erfolgen, sondern durch die Wissenschaft (z.B.
die Kommission Bergier).

Der Bundesrat hält mit diesem Entscheid an seiner bisherigen Praxis
fest. Im Sommer 1998 hatte er mit vergleichbaren Argumenten die
Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen Verantwortliche für den
Fernsehfilm "Nazigold und Judengeld" verweigert.

24. Februar 1999

EIDGENÖSSISCHES JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst

Weitere Auskünfte: Vizedirektor Martin Keller, GS EJPD, 031-324 48 20