Presserohstoff: Aktuelle Fragen zur Entsorgung radioaktiver Abfälle in der Schweiz
ROHSTOFFAktuelle Fragen zur Entsorgung radioaktiver Abfälle in der SchweizPosition
der Eidgenössischen Kommission für die Sicherheit von Kernanlagen (KSA)KurzfassungDie
Entsorgung radioaktiver Abfälle in der Schweiz wird in letzter Zeit wieder intensiver
diskutiert. Die Nagra hat Personal- und Budgetreduktionen bekanntgegeben, die mit
Pro-grammänderungen verbunden sind. Im Zuge dieser Entwicklungen vertreten für die
Entsor- gung verantwortliche Stellen und gegenüber der Kernenergie kritisch eingestellte
Organisa- tionen teilweise ähnliche Meinungen – wenn auch aus unterschiedlichen
Motiven. Einige der geäusserten Ansichten sind mit dem bestehenden Entsorgungskonzept
nicht vereinbar und widersprechen den Anforderungen an eine nachhaltige Entwicklung.
Die KSA begrüsst es, dass die Frage der nuklearen Entsorgung öffentlich diskutiert
wird. Sie hält es jedoch nicht für vertretbar, das Lagerkonzept auf Kosten der Sicherheit
und zu Lasten kommender Generatio-nen abzuschwächen. Sie legt daher ihre Position
zu sieben zentralen Fragen der Endlagerung und deren Weiterentwicklung dar und formuliert
folgende Empfehlungen:1. An der Endlagerung der radioaktiven Abfälle in geeigneten
geologischen Formationen ist fest- zuhalten. Das Lagerkonzept soll präzisiert
und bei Bedarf ergänzt werden.2. Im Endlager selbst und in dessen Umgebung sind
bis zum Verschluss die Felsmechanik, der Wasser- und der Wärmehaushalt so zu
überwachen, dass die den Sicherheitsanalysen zugrunde gelegten Modellannahmen
überprüft und die Prognosen über das Langzeitverhalten erhärtet werden können.
Nach dem definitiven Verschluss des Endlagers darf eine Überwachung nicht mehr
erforderlich sein. Überwachungsmöglichkeiten dürfen die Anforderungen an die passive
Sicherheit des Lagers nicht reduzieren. 3. Massnahmen zur erleichterten Rückholung
von Abfällen dürfen keinesfalls die Einhaltung der Schutzziele für Endlager in
Frage stellen. Beim Abwägen zwischen dem Handlungsspielraum und der Sicherheit
kommender Generationen ist der Sicherheit Priorität einzuräumen.4. Endlager für
radioaktive Abfälle sollen zur Verfügung stehen, sobald Abfälle vorliegen, die zur
Endlagerung bereit sind. Dementsprechend soll ein Endlager für schwach- und mittelaktive
Abfälle (SMA) so rasch wie möglich bereitgestellt werden. Am Zieltermin 2020
für die Bereitstellung eines Endlagers für hochaktive und langlebige mittelaktive
Abfälle (HAA/LMA) ist grundsätzlich festzuhalten. Verschiebungen auf spätere
Termine wären primär mit Sicherheitsüberlegungen zu begründen. 5. Die Option
Opalinuston für die Endlagerung der HAA/LMA soll mit Nachdruck weiterverfolgt
werden. Bei der Option Kristallin sind eine Bilanz und ein klarer Entscheid über
Abbruch oder Weiterführung der Untersuchungen erforderlich. 6. Konkrete Standorte
für Endlager in der Schweiz sind in jedem Fall nachzuweisen. Eine End- lagerung
der HAA/LMA im Ausland soll nicht a priori ausgeschlossen, jedoch nur als zusätzliche
Option neben der Endlagerung im Inland verfolgt werden. Die Abklärung einer Endlageroption
im Ausland darf die Suche nach einem Endlagerstandort im Inland keinesfalls beeinträchtigen
und den Termin für die Endlagerung nicht verzögern. 7. Personalbestand und Budget
der Nagra sind dem Entsorgungsprogramm unter Berücksichtigung der vorliegenden
KSA-Empfehlungen anzupassen. Eine Neuorientierung der Nagra darf nicht dazu führen,
dass wesentliche Schritte zur Realisierung der Endlager verzögert werden.Würenlingen,
30. November 1998Eidgenössische Kommission für die Sicherheit von Kernanlagen