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Treffen der Innenminister des Europarates in Strassburg/Intervention von BR A. Koller

Es gilt das gesprochene Wort

Treffen der Innenminister des Europarates 5./6. November 1998 in
Strassburg

Intervention von Bundesrat Arnold Koller

(Anrede)

Die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und der Korruption gehört
in den Mitgliedstaaten des Europarates zu den grössten
sicherheitspolitischen Herausforderungen. So sind allein in unserm Lande
in den letzten Jahren Hunderte von Millionen Dollars an Drogengeldern
beschlagnahmt worden - und dies ist nur ein Mosaikstein im bedrohlichen
Lagebild zur Organisierten Kriminalität.

Art und Intensität der Bedrohung durch Organisierte Kriminalität und
Korruption sind von Land zu Land verschieden, aber überall sind sie ein
Krebsübel für freiheitliche Demokratien. Wo Bestechung herrscht, sind
die freie demokratische Willensbildung und die Unparteilichkeit der
Behörden nicht mehr gewährleistet. Wo Organisierte Kriminalität und
Korruption sich breit machen, wird das Vertrauen der Bürger in den Staat
und das Recht zerstört. Wo Organisierte Kriminalität überhand nimmt, ist
der demokratische Rechtsstaat in seiner Existenz gefährdet.

Deshalb müssen Organisierte Kriminalität und Korruption unter allen
Umständen rechtzeitig und entschieden bekämpft werden. Denn wenn sie
sich in Politik, Verwaltung und Wirtschaft erst einmal eingenistet
haben, können sie kaum mehr oder nur unter riesigen Anstrengung wieder
ausgerottet werden.

Für die Schweiz liegt die Hauptgefahr des internationalen Organisierten
Verbrechens im Missbrauch ihres Finanzplatzes. Mein Land hat deshalb
frühzeitig Gegensteuer gegeben. Seit den 90er-Jahren haben wir neue
rechtliche Grundlagen und zusätzliche polizeiliche Vollzugsinstrumente
geschaffen.

So haben wir 1990 als eines der ersten Länder in Europa Strafnormen
gegen Geldwäscherei eingeführt. Wir haben seit April dieses Jahres zudem
ein verwaltungsrechtliches Geldwäschereigesetz, das auch Finanzinstitute
ausserhalb des Bankensektors zur Sorgfalt verpflichtet und diese anhält,
bei Verdacht auf Geldwäscherei den Polizeibehörden Meldung zu erstatten.
Der Gesetzgeber hat sich 1994 sodann klar gegen die Einnistung
krimineller Organisationen ausgesprochen, indem jede Form der
Beteiligung oder Unterstützung solcher Organisationen strafbar erklärt
wurde. Bei gleicher Gelegenheit wurde eine neue Einziehungsreglung
geschaffen, die es erlaubt, Vermögenwerte von kriminellen Organisationen
einzuziehen, wobei der Nachweis der Zugehörigkeit zu einer kriminellen
Organisation genügt, ohne dass der Bezug zu einer konkreten Straftat
nachgewiesen werden muss.

In einem nächsten Schritt werden wir in unserm Recht nicht nur die
Voraussetzungen schaffen, um der OECD-Konvention gegen Korruption
beizutreten, sondern zugleich auch das landesinterne
Korruptionsstrafrecht gründlich überarbeiten und verstärken. Die
Korruption wird härter bestraft werden, und es sollen die
Voraussetzungen geschaffen werden, damit auch Praktiken, welche die
Korruption erst vorbereiten, unter Strafe gestellt werden können.

Parallel dazu wurden die mit der Bekämpfung Organisierter Kriminalität
betrauten Polizeiorgane des Bundes und der Kantone ausgebaut und mit
modernsten technischen Mitteln und Informationssystemen ausgestattet.

All unsere Anstrengungen können jedoch nur dann zu nachhaltigen Erfolgen
führen, wenn der Organisierten Kriminalität, die praktisch immer
internationale Kriminalität ist, auch durch ein international
koordiniertes Vorgehen begegnet wird.

Mit Blick darauf hat die Schweiz mittels bilateraler Abkommen mit den
Nachbarstaaten Frankreich und Italien ihren klaren Willen manifestiert,
sich in die europäische Polizeizusammenarbeit einzugliedern.
Entsprechende Abkommen werden zur Zeit auch mit Deutschland und
Oesterreich ausgearbeitet.

Des weitern arbeitet unser Land polizeilich bereits heute im Rahmen von
Interpol, zum Teil aber auch auf bilateraler Ebene eng mit den
europäischen Staaten zusammen.

Darüber hinaus hat unser Land jedoch grösstes Interesse daran, auch im
Rahmen von EUROPOL an der internationalen Verbrechensbekämpfung
mitzuwirken. Ich möchte an dieser Stelle eindringlich an die EU-Staaten
appellieren, die Integration von weiteren europäischen Staaten in
EUROPOL sehr rasch voranzutreiben. Diese Möglichkeit ist im
EUROPOL-Abkommen ja ausdrücklich vorgesehen. Bei der Bekämpfung von
Organisierter Kriminalität und Korruption darf es in Europa nicht zwei
unterschiedliche Räume von Freiheit, Sicherheit und Recht geben. Die
Zusammenarbeit zwischen den Staaten muss umfassend sein und möglichst
auf gleichem rechtlichem und vor allem auch technischem Niveau erfolgen.
Nur so haben wir Aussicht auf Erfolg. Wenn es daher gelänge, EUROPOL
wirklich zu einer Institution für ganz Europa zu machen, dann hätten wir
im Kampf gegen die komplexe internationale Kriminalität nicht nur ein
Zeichen gesetzt, sondern tatsächlich auch eine effektive Massnahme
getroffen - eine Massnahme, die wir den Bürgern Europas schuldig sind.