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Entwurf für ein Bundesgerichtsgesetz

Pressemitteilung

Resultate der Vernehmlassung zum Entwurf für ein Bundesgerichtsgesetz

Der Bundesrat hat am Mittwoch von den Ergebnissen des
Vernehmlassungsverfahrens zum Entwurf für ein Bundesgesetz über das
Bundesgericht Kenntnis genommen. Die Vernehmlasser bewerten den
Gesetzesentwurf mehrheitlich positiv. Über das weitere Vorgehen wird der
Bundesrat erst entscheiden, wenn sich der Nationalrat und der Ständerat
im Rahmen der Verfassungsrevision über den genauen Inhalt der Vorlage
"Justizreform" einig sind. Zur Zeit bestehen zwischen den beiden Räten
noch Differenzen hinsichtlich der Schaffung einer verfassungsrechtlichen
Grundlage für eine Beschränkung des Zugangs zum Bundesgericht. Ferner
lehnte es der Nationalrat im Juni dieses Jahres ab, dem Bundesgericht
die Befugnis zur Überprüfung der Verfassungsmässigkeit von
Bundesgesetzen im konkreten Anwendungsfall einzuräumen, während sich der
Ständerat in der Herbstsession bereits zum zweiten Mal und mit grösserem
Mehr für diese Neuerung aussprach.

Überwiegend positive Aufnahme des Gesetzesentwurfs

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement erhielt insgesamt 74
Stellungnahmen. Geäussert haben sich namentlich die Kantone, sowie das
Bundesgericht und das Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG) als
direkt Betroffene, ferner die wichtigsten Parteien,
Juristenvereinigungen, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, Mieter-,
Konsumenten- und Umweltverbände.
Einhellig begrüsst wird die Einführung der Einheitsbeschwerde, die den
Rechtssuchenden die Wahl des richtigen Rechtsmittels und die Beachtung
der entsprechenden formellen Anforderungen wesentlich erleichtert. Auf
weitgehende Zustimmung stösst auch der konsequente Ausbau der
richterlichen Vorinstanzen des Bundesgerichts auf eidgenössischer Ebene
(Schaffung eines Strafgerichts und eines oder allenfalls mehrerer
Verwaltungsgerichte) und in den Kantonen. Von verschiedenen Seiten wird
aber gefordert, kantonale Handelsgerichte müssten weiterhin als einzige
kantonale Instanz entscheiden können.

Umstrittenes Vorprüfungsverfahren

Die Notwendigkeit einer Entlastung des Bundesgerichts ist unbestritten.
Uneinigkeit herrscht jedoch darüber, wie dieses Ziel erreicht werden
soll. Eine Mehrheit der Vernehmlasser betrachtet es grundsätzlich als
richtig und angesichts des lückenlosen Ausbaus der richterlichen
Vorinstanzen zumutbar, den Zugang zum Bundesgericht soweit
einzuschränken, dass sich dieses wieder vermehrt der Wahrung der
Rechtseinheit und der richterlichen Rechtsfortbildung widmen kann. In
diesem Sinne äussern sich insbesondere 21 Kantone, die bürgerlichen
Bundesratsparteien, die meisten Wirtschaftsverbände, der Schweizerische
Anwaltsverband und die eidgenössischen Gerichte. Eine Minderheit,
angeführt von der Sozialdemokratischen Partei, den Gewerkschaften, dem
Mieterverband und den Demokratischen Juristen, lehnt dagegen jede Art
von Zugangsbeschränkung ab und propagiert stattdessen einen Ausbau des
obersten Gerichts, sei es durch eine blosse Erhöhung der Richterzahl
oder durch die Bildung mehrerer Gerichtshöfe. Abgesehen von dieser
grundsätzlichen Kontroverse gibt das vorgeschlagene Vorprüfungsverfahren
noch in verschiedenen Detailfragen Anlass zu Bemerkungen. Kritisiert
wird namentlich die Möglichkeit, negative Vorprüfungsentscheide nur mit
dem Hinweis auf den zutreffenden Ausschlussgrund zu eröffnen.

Innerschweizer Kantone gegen volle Integration des EVG in das
Bundesgericht

Gemäss dem Gesetzesentwurf würde das EVG vollständig ins Bundesgericht
integriert, was eine Verlegung der Arbeitsplätze nach Lausanne zur Folge
hätte. Die Expertenkommission, die den Entwurf ausgearbeitet hat,
schlägt vor, im Gegenzug das neu zu schaffende Bundesverwaltungsgericht
in Luzern anzusiedeln. Trotzdem wehren sich die Kantone Luzern, Uri, Ob-
und Nidwalden vehement gegen die Verlegung des EVG. Das EVG selbst
befürwortet die organisatorische Integration ins Bundesgericht;
hinsichtlich der Aufgabe des Sitzes in Luzern ist es jedoch geteilter
Meinung. Das Bundesgericht kann der Vollintegration zustimmen, sofern
der Rechtsschutz in Sozialversicherungssachen nach den gleichen
Grundsätzen ausgestaltet wird wie in den übrigen Rechtsgebieten. Gegen
diese letzte Forderung, die der Entwurf mit der Einheitsbeschwerde an
sich erfüllt, wenden sich wiederum die kategorischen Gegner von
Zugangsbeschränkungen, weil sie nicht auf die heute bestehende
umfassende Prüfungsbefugnis und Kostenfreiheit im höchstrichterlichen
Verfahren über Sozialversicherungsleistungen verzichten möchten.

4. November 1998

EIDGENÖSSISCHES JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT

Informations- und Pressedienst

Weitere Auskünfte:

Heinrich Koller, Direktor des Bundesamtes für Justiz
(Tel. 031/322 41 01).