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Mehr Transparenz in der Rechnungslegung: BG und VO gehen in die Vernehmlassung

Pressemitteilung

Mehr Transparenz in der Rechnungslegung: Bundesgesetz und Verordnung
gehen in die Vernehmlassung

Der Bundesrat hat am Mittwoch beschlossen, die Expertenentwürfe zu einem
Bundesgesetz über die Rechnungslegung und Revision (RRG) und zu einer
Verordnung über die Zulassung von Abschlussprüfern (VZA) unverändert in
Vernehmlassung zu geben. Die Kantone, die politischen Parteien und die
interessierten Kreise haben Gelegenheit, bis zum 30. April 1999 zu
dieser Vorlage Stellung zu nehmen.

Der Expertenentwurf zu einem Bundesgesetz über die Rechnungslegung und
Revision (RRG) soll die Bestimmungen des Obligationenrechts über die
kaufmännische Buchführung ersetzen und das schweizerische
Rechnungslegungsrecht weitgehend den EG-Richtlinien angleichen. Der
Entwurf wurde von einer dreizehnköpfigen Expertenkommission unter der
Leitung von Dr. Peider Mengiardi, Basel/Oberwil (BL), ausgearbeitet.

Mit dem Expertenentwurf zum RRG soll die Transparenz der Rechnungslegung
verbessert werden. Dies soll in erster Linie durch folgende Neuregelung
verwirklicht werden:

- Einführung einer empfängerorientierten Rechnungslegung, welche nach
moderner Auffassung die wirtschaftliche Lage der
rechnungslegungspflichtigen Organisation derart darstellt, dass sich
Dritte darüber ein zuverlässiges Urteil bilden können (Grundsatz der
Fair presentation);

- Erweiterung der Anforderungen der Rechnungslegung für einzelne
Organisationen, insbesondere für Einzelfirmen, Kollektiv- und
Kommanditgesellschaften und Genossenschaften;

- Ausdehnung der Rechnungslegungspflicht auf Vereine und Stiftungen ohne
Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister, sofern deren Grösse und
die Art ihrer Tätigkeit die Buchführungs- und Rechnungslegungspflicht
erfordern.

Der Expertenentwurf schlägt zudem für alle rechnungslegungspflichtigen
Organisationen unabhängig von ihrer Rechtsform grundsätzlich eine
einheitliche Regelung der Rechnungslegung vor. Da gewisse
Differenzierungen aber unerlässlich sind, wird zwischen kleinen,
mittleren und grossen Organisationen unterschieden. Für kleine
Organisationen sind in gewissen Punkten Erleichterungen vorgesehen;
grosse Organisationen müssen mehr Informationen als die kleinen und die
mittleren offenlegen. Der Expertenentwurf verzichtet im Sinne einer
liberalen Lösung darauf, die Einzelheiten dieser zusätzlichen
Informationen im Gesetz festzulegen, und verweist hinsichtlich der
Gliederung von Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang sowie der zusätzlichen
Angaben im Anhang auf allgemein anerkannte Grundsätze der
Rechnungslegung, wie die Fachempfehlungen zur Rechnungslegung FER, die
International Accountig Standards IAS oder die Generally Accepted
Principles GAAP der USA. Diese Lösung soll die nötige Flexibilität im
Hinblick auf zukünftige Entwicklungen im Rechnungslegungsrecht
gewährleisten und es den betroffenen Organisationen erlauben, den ihrer
Interessenlage angemessenen Rechnungslegungsstandard anzuwenden.

Ein weiterer Punkt, welcher der Verbesserung der Transparenz der
Rechnungslegung dienen soll, ist die Ausdehnung der
Konsolidierungspflicht auf alle rechnungslegungspflichtigen juristischen
Personen. Voraussetzung der Konsolidierungspflicht ist die Kontrolle
durch die Muttergesellschaft. Hinsichtlich der Konsolidierungsgrundsätze
wird ebenfalls auf die allgemein anerkannten Grundsätze der
Rechnungslegung verwiesen.

In Bezug auf die Revisionspflicht schlägt die Expertenkommission zwei
Varianten vor: Entweder Prüfungspflicht für alle buchführungs- und
rechnungslegungspflichtigen Organisationen mit Ausnahme aller kleinen,
oder Prüfungspflicht für alle buchführungs- und
rechnungslegungspflichtigen Organisationen mit Ausnahme der kleinen, die
nicht Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften sind.

Die Einführung des Grundsatzes der Fair presentation soll keine
steuerlichen Auswirkungen zur Folge haben (Massgeblichkeit der
Handelsbilanz für das Steuerrecht). Um dieses Ziel zu erreichen, wird
den Rechnungslegungspflichtigen gestattet, in der Bilanz des
Einzelabschlusses von den Bewertungsvorschriften abzuweichen, soweit
sich abweichende Bewertungsmöglichkeiten aus den anwendbaren
steuerrechtlichen Grundsätzen ergeben. In diesem Fall muss infolge der
Forderung nach einer getreuen Darstellung der wirtschaftlichen Lage im
Anhang auf die abweichende Bewertung hingewiesen werden. Grosse
Organisationen müssen zudem die Auswirkungen auf die Bilanz und die
Erfolgsrechnung offenlegen.

Die Expertenkommission ist der Ansicht, dass die EG-Richtlinien relativ
starr sind und heute nicht mehr allen Anforderungen des Geschäftslebens
entsprechen. Die Experten erachten es als wahrscheinlich, dass die EU
angesichts der Bedürfnisse der international tätigen sowie der kleinen
und mittleren Unternehmungen in den nächsten Jahren ihren
Mitgliedstaaten grössere Gestaltungsmöglichkeit einräumen wird. Die
Kommission ist deshalb in einigen Punkten, so insbesondere auf dem
Gebiet der Publizität, der Zulassung allgemein anerkannter Grundsätze
der Rechnungslegung und des Inhaltes des Anhanges, von den Vorschriften
der EU abgewichen.

Das Fehlen eines Zulassungssystems für besonders befähigte Revisoren
stellt für die Betroffenen eine unzumutbare Rechtsunsicherheit dar, da
die Übernahme von Aufgaben ohne Vorliegen der gesetzlichen
Voraussetzungen Verantwortlichkeitsfolgen nach sich ziehen kann. Diese
Lücke und die mangelnde Durchsetzung der an die besonders befähigten
Revisoren gestellten Anforderungen in der Praxis sollen durch ein neu zu
schaffendes Zulassungssystem behoben werden.

21. Oktober 1998

EIDGENÖSSISCHES JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT

Informations- und Pressedienst

Weitere Auskünfte zum Rechnungslegungsrecht: Roland Jeitziner, Bundesamt
für Justiz (031 322 41 90)