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Biomedizin-Konvention und Klonierungsprotokoll gehen in die Vernehmlassung

Pressemitteilung

Biomedizin-Konvention und Klonierungsprotokoll gehen in die
Vernehmlassung

Soll die Schweiz das Europäische Übereinkommen über Menschenrechte und
Biomedizin sowie das Zusatzprotokoll über das Verbot des Klonens
menschlicher Lebewesen unterzeichnen und ratifizieren? Der Bundesrat hat
das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement am Montag ermächtigt,
zu dieser Frage ein Vernehmlassungsverfahren zu eröffnen. Das Verfahren
dauert bis Ende Februar 1999.

Kernkonvention und Zusatzprotokolle
Das Ministerkomitee des Europarates verabschiedete das Übereinkommen
betreffend Menschenrechte und Biomedizin am 19. November 1996 und legte
es am 4. April 1997 zur Unterzeichnung auf. Erstmals besteht damit auf
internationaler Ebene ein Instrument, das für den Bereich der
Humanmedizin und der medizinischen Forschung verbindliche Rechtsregeln
vorsieht. Es handelt sich um eine Kernkonvention, die in einzelnen
Bereichen durch Zusatzprotokolle ergänzt werden soll. Ein
Zusatzprotokoll über das Verbot des Klonens menschlicher Lebewesen liegt
bereits vor.

Bedeutung
Das Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin zählt zusammen mit
der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Europäischen
Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder
erniedrigender Behandlung oder Strafe zu den wichtigsten unter den 165
Übereinkommen des Europarates. Inhaltlich legt das Übereinkommen einen
gemeinsamen internationalen Schutzstandard fest. Jedem Staat bleibt es
frei gestellt, im Hinblick auf die Anwendung von Medizin und Biologie
einen Schutz vorzusehen, der über die Konvention hinausgeht.
Nach dem Vorbild der Europäischen Menschenrechtskonvention darf ein
Staat von den Schutzbestimmungen nur dann einschränkend abweichen, wenn
es sich um eine Massnahme handelt, die in der Rechtsordnung vorgesehen
ist und die im demokratischen Staat zur Aufrechterhaltung von Ruhe und
Ordnung, zur Verhinderung strafbarer Handlungen, zum Schutz der
öffentlichen Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten
anderer als notwendig erscheint. Dieser Vorbehalt erlaubt
beispielsweise, im Gesetz vorzusehen, dass Genanalysen auch gegen den
Willen der betroffenen Person durchgeführt werden können - nämlich im
Rahmen eines Vaterschaftsprozesses zur Feststellung der Abstammung oder
im Rahmen einer Strafuntersuchung zur Identifizierung eines Täters oder
einer Täterin.

Ziel und Regelungsbereich des Übereinkommens
Ziel des Übereinkommens ist es, die Würde und die Identität des
menschlichen Lebens von der Zeugung bis zum Tod zu schützen und jeder
Person ohne Diskriminierung die Wahrung ihrer Unversehrtheit sowie ihrer
sonstigen Grundrechte und Grundfreiheiten im Hinblick auf die Anwendung
von Biologie und Medizin zu gewährleisten. Das Interesse und das Wohl
des menschlichen Lebens haben Vorrang gegenüber dem blossen Interesse
der Gesellschaft oder der Wissenschaft.
Das Übereinkommen regelt verschiedene Bereiche: die Einwilligung im
Gesundheitsbereich, die Privatsphäre und das Recht auf Auskunft, das
menschliche Genom, die wissenschaftliche Forschung, die Entnahme von
Organen und Geweben von lebenden Spendern zu Transplantationszwecken,
das Verbot finanziellen Gewinns sowie die Verwendung eines Teils des
menschlichen Körpers.

Einwilligung erforderlich
Ausser in Notfällen darf keine Intervention im Gesundheitsbereich
erfolgen, ohne dass die betroffene Person oder - wenn diese
einwilligungsunfähig ist - ihr gesetzlicher Vertreter die Einwilligung
erteilt hat. Für einwilligungsunfähige Personen darf die Zustimmung
grundsätzlich nur erteilt werden, wenn die Intervention zu ihrem
unmittelbaren Nutzen erfolgt.

Keine Diskriminierung wegen des Erbguts
Proklamiert wird ein allgemeines Verbot, eine Person wegen ihres Erbguts
zu diskriminieren. Prädiktive genetische Untersuchungen zu anderen als
medizinischen Zwecken sind verboten. Das Gleiche gilt für die
Keimbahntherapie, d. h. für verändernde Eingriffe in das Genom einer
Person mit dem Ziel, das Erbgut ihrer Nachkommen zu verändern. Die
Konvention untersagt im Hinblick auf die Verfahren der medizinisch
unterstützten Fortpflanzung grundsätzlich auch die Geschlechtswahl.

Antwort auf "Dolly"
Das Zusatzprotokoll über das Verbot des Klonens menschlicher Lebewesen
ist die Antwort der internationalen Gemeinschaft auf das Schaf "Dolly".
Verboten ist jede Intervention, die darauf ausgerichtet ist, ein
menschliches Lebewesen zu erzeugen, das mit einem anderen lebenden oder
toten menschlichen Lebewesen genetisch identisch ist. Dieses
Zusatzprotokoll können nur Staaten unterzeichnen und ratifizieren, die
auch die Kernkonvention unterzeichnet und ratifiziert haben.

28. September 1998

EIDGENÖSSISCHES
JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst

Für weitere Auskünfte:   Ruth Reusser, stv. Dir. BJ, 031-322 41 49
Margit Moser-Szeless, 031-322 41 78