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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Bundesrat lehnt Rechtsanspruch ab

PRESSEMITTEILUNG

Bundesrat lehnt Rechtsanspruch ab

Der Bundesrat hat in einem zweiten Fall die Genugtuungsforderung eines
ehemaligen jüdischen Flüchtlings abgelehnt. Wie bereits im Fall von
Charles Sonabend macht die Landesregierung auch in ihrer Stellungnahme
zum Begehren von Joseph Spring rechtliche Gründe geltend und bestätigt
seine bisherige Haltung. In seiner Stellungnahme bringt der Bundesrat
sein Mitgefühl und Bedauern zum Ausdruck.
Spring war im Alter von 16 Jahren zusammen mit seinen Cousins, den
Gebrüdern Sylver und Henri Henenberg, im November 1943 zweimal in die
Schweiz geflohen und nach Frankreich zurückgewiesen worden. Bei der
zweiten Rückweisung übergaben die Schweizer Grenzorgane, wie nach dem
ersten Grenzübertritt angedroht, die Flüchtlinge einer deutschen
Patrouille. Die Schweizer Grenzorgane haben nach den Angaben von Joseph
Spring den deutschen Behörden ausser die gefälschten auch die richtigen
Papiere der Flüchtlinge ausgehändigt, welche diese als Juden auswiesen.
Joseph Spring kam zunächst in Frankreich ins Gefängnis und wurde danach
via Drancy nach Deutschland in das Konzentrationslager von Auschwitz
deportiert und später noch in weitere Lager überführt. Seine beiden
Cousins wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft in Auschwitz von den Nazis
umgebracht. Spring, der 1946 nach Australien ausgewandert ist, fordert
unter Hinweis auf seine Rückweisung bzw. Auslieferung von der
Eidgenossenschaft eine Genugtuung von Fr. 100¹000.--.
Rechtlich nicht begründet
Der Bundesrat hat das auf das Verantwortlichkeitsgesetz gestützte
Begehren abgelehnt, weil die Ansprüche sowohl durch Zeitablauf verwirkt
als auch materiellrechtlich nicht begründet sind. Die Bundesbehörden
haben sich im Gegensatz zum Naziregime keines Kriegsverbrechens schuldig
gemacht. Auch wenn der geschilderte Sachverhalt menschlich zutiefst
betroffen macht, stellt nach rechtlicher Beurteilung das Verhalten der
Schweizer Grenzbehörde keine Gehilfenschaft zum Völkermord dar. Die
Stellungnahme des Bundesrates erfolgt im Verantwortlichkeitsverfahren in
der Form einer Parteierklärung. Spring hat nun die Möglichkeit, beim
Bundesgericht in Lausanne Klage einzureichen.
Die Landesregierung spricht Spring - unabhängig von der juristischen
Beurteilung des Begehrens und unabhängig von der historischen Würdigung
der Gesamtumstände - ihr tief empfundenes Mitgefühl und Bedauern aus.
 Aus der Erkenntnis heraus, dass die Schweiz gerade im Licht der
Geschichte ihre humanitäre Tradition immer wieder neu erarbeiten und
bestätigen muss, hat der Bundesrat die Stiftung solidarische Schweiz
lanciert. Sie ist ein Ausdruck für den Willen der Schweiz, humanitäre
Verantwortung in einem weit gefassten Sinn zu übernehmen. Tragische
Einzelschicksale zeigen, wie wichtig es ist, die Tragödie des Holocaust
in den Folgen zu lindern und - unter dem Leitmotiv des “nie wieder³ -
Beiträge zur Verhinderung neuer Völkermorde und schweren
Menschenrechtsverletzungen zu leisten. Dazu kann auf einer generellen
Ebene das in seiner Grosszügigkeit einmalige Solidaritätswerk im
weitgefassten Rahmen seiner Aktivitäten ebenfalls beitragen.

EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst

23,6,1998