Schweizer Wappen

CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Homepage
Mail
Suche

Entwurf für ein Bundespersonalgesetz (BPG)

PRESSEROHSTOFF

Entwurf für ein Bundespersonalgesetz (BPG)

Ausgangslage
Das Beamtengesetz vom 30. Juni 1927 (BtG; SR 172.221.10) regelt Fragen,
die heute als antiquiert erscheinen oder zumindest nicht auf die
Gesetzesstufe gehören. Es schafft Abweichungen vom Arbeitsrecht der
Privatwirtschaft, die sich nicht mehr begründen lassen. Es behindert die
Dynamisierung des Arbeitsverhältnisses beim Bund. Es erschwert
insbesondere die für wichtige Reformvorhaben nötige personelle
Flexibilität sowie letztlich die Durchlässigkeit und den
Know-how-Transfer - vor allem zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem
Dienst.
Die Revision des BtG ist nötig, um die Organisation und die Abläufe beim
Bund wirtschaftlicher und zielorientierter auszugestalten. Die
Modernisierung des staatlichen Handelns in Richtung vermehrter
Leistungs- und Wirkungsorientierung lässt sich nur mit einem
fortschrittlichen Personalgesetz erfolgversprechend weiterführen.
Ziele des BPG
Der Bund will ein fortschrittlicher und sozialer Arbeitgeber bleiben.
Das BPG schafft den dafür erforderlichen rechtlichen Rahmen. Das BPG
bestimmt, welche Ziele die für das Personal und die Personalpolitik
verantwortlichen Bundesstellen verfolgen müssen. Obwohl das BPG den
Ausführungsbestimmungen bedeutenden Freiraum offenhält, bindet es das
Handeln der Personalverantwortlichen des Bundes über die Zielnorm ein.
Das BPG verpflichtet die Arbeitgeber, die für die Zielerreichung
notwendigen geeigneten Massnahmen zu treffen. Es konkretisiert die
Zielnorm, indem es verschiedenenorts die gesetzliche Grundlage für das
personalpolitische Instrumentarium schafft, welches zur Zielerreichung
muss eingesetzt werden können.

Umfassender Geltungsbereich
Das BPG bildet ein einheitliches personalrechtliches Dach für sämtliches
Bundespersonal. Sein Geltungsbereich erstreckt sich - vorbehältlich
sonderrechtlicher Normen - auf alles Personal der drei Staatsgewalten
und der aus der Ministerialverwaltung ausgelagerten Anstalten und
Betriebe. Damit verhindert das BPG eine Atomisierung des Arbeitsrechts
für den Bundesdienst.

Flexibles Gesetz
Damit das BPG das Arbeitsverhältnis des Personals sämtlicher
Bundesbereiche - inkl. Post, Bahn usw. - zu erfassen vermag, wird es als
weitmaschiges Gesetz formuliert, welches nur die wichtigsten Grundsätze
regelt und Differenzierungen auf den dem Gesetz nachgeordneten
Regelungsstufen zulässt.
Der umfassende persönliche Geltungsbereich verlangt inhaltliche
Offenheit und Flexibilität der gesetzlichen Normen, damit diese den
bereichsspezifischen Erfordernissen gerecht zu werden vermögen.
Nur flexible gesetzliche Regelungen ermöglichen auch künftige
Reorganisationen. In diesem Sinn setzt die personalrechtliche
Flexibilität des BPG nahtlos an die mit dem RVOG geschaffene
organisatorische Flexibilität an.
Die inhaltliche Offenheit des BPG ist allerdings begrenzt: Erstens
enthält es Vorschriften, welche den Handlungsfreiraum der Arbeitgeber
limitieren (z.B. Mindestkündigungsfristen, Leistungspflichten,
Formvorschriften, Schutzvorschriften zugunsten des Personals). Zweitens
begrenzt es den Handlungsfreiraum auch mit der Anwendbarerklärung des
Arbeitsvertragsrechts des OR, indem sich die Ausführungsbestimmungen und
die Vollzugsakte nur innerhalb des BPG und - soweit anwendbar - des OR
bewegen dürfen. Der Handlungsfreiraum wird drittens begrenzt durch das
für grundsätzlich alles Bundeshandeln geltende Organisations- und
Verfahrensrecht und eine Reihe weiterer Gesetze, die das
Arbeitsverhältnis beeinflussen (Datenschutzgesetz,
Gleichstellungsgesetz, Sozialversicherungsgesetze, Kranken- und
Unfallversicherungsgesetz, Berufsbildungsgesetz,
Verantwortlichkeitsgesetz, Arbeits- und Arbeitszeitgesetz usw.).
Annäherung an die Privatwirtschaft
Das BPG erklärt das Arbeitsvertragsrecht des OR grundsätzlich auch auf
das Arbeitsverhältnis beim Bund als anwendbar. Damit wird das
Arbeitsvertragsrecht des OR zum integrierenden Bestandteil des BPG. Nur
wo das OR zu nicht gewollten Ergebnissen führen würde, statuieren das
BPG und weitere Sondergesetze vom OR abweichendes bzw. das OR
ergänzendes Recht. Die Ausführungsbestimmungen dürfen von den zwingenden
Vorschriften des OR nur abweichen, wo das BPG oder Spezialgesetze dazu
ermächtigen.
Das BPG kann sich dank des Verweises auf das Arbeitsvertragsrecht des OR
auf wenige Normen beschränken, ohne dadurch gegenüber dem geltenden BtG
an Regelungssubstanz zu verlieren.
Einheit in der Vielfalt; Steuerung
Das BPG ist der für alle Arbeitsverhältnisse beim Bund gemeinsame
rechtliche Nenner. Es enthält eine Reihe von klammerbildenden Elementen,
welche einer Rechtszersplitterung und einer unkoordinierten
Personalpolitik vorbeugen.
Dazu gehört insbesondere die Kompetenz des Bundesrates zum Erlass der
Ausführungsbestimmungen: Der Erlass derjenigen Ausführungsbestimmungen,
die für eine kohärente Arbeitgeberpolitik einheitlich sein müssen,
obliegt dem Bundesrat. Soweit keine einheitliche Regelung erforderlich
ist, wird er diese Kompetenz an dezentrale Einheiten, insbesondere an
Post und SBB delegieren.
Zu den klammerbildenden Elementen gehören auch das Controlling und die
Berichterstattung: Die Vergrösserung des Handlungsfreiraums der
Exekutive, die weitreichenden Möglichkeiten der Delegation von
Regelungskompetenzen und insbesondere die Möglichkeit, die Regelungen
für einzelne Arbeitgeber und/oder Personalkategorien inhaltlich zu
differenzieren verlangen eine Stärkung des Bundesrates als
personalpoliti-sches Steuerungsorgan. Der Reporting-Auftrag verpflichtet
den Bundesrat zur Berichterstattung an die Legislative. Dies ermöglicht
dem Parlament die Wahrnehmung seiner Aufsichtsfunktion über den
delegierten Bereich.
Einzelarbeitsvertrag und Gesamtarbeitsvertrag
Das BPG führt als neues Regelungs-Instrument neben der Verordnung den
Gesamtarbeitsvertrag (GAV) ein. Wo der Bundesrat die Zuständigkeit zum
Erlass von Ausführungsbestimmungen an Post und SBB delegiert, schreibt
das BPG diesen als Regelungs-Instrument den GAV zwingend vor. Der
Bundesrat kann auch andern Arbeitgebern - wenn er ihnen
Regelungskompetenzen überträgt - den GAV an Stelle des traditionellen
Verordnungs-Instrumentariums als Regelungs-Instrument vorschreiben. Das
einseitig-hoheitliche Verordnungsrecht wird im Sinne des Ausbaus der
Sozialpartnerschaft durch zweiseitig ausgehan-delte
Gesamtarbeitsverträge ergänzt und zum Teil ersetzt.
In logischer Weiterführung dieser partnerschaftlichen Konkretisierung
des Gesetzes werden auch die individuellen Einzelheiten des
Arbeitsverhältnisses in einem schriftlichen Arbeitsvertrag vereinbart,
der an die Stelle der bisherigen einseitig-hoheitlichen Verfügung tritt.
Rechte und Pflichten
Das Personal steht - wie alle andern Bürgerinnen und Bürger - in den von
der Bundesverfassung und von der Gesetzgebung geregelten Rechten und
Pflichten. Das BPG enumeriert alle Grundrechtsbeschränkungen, welche
über das privatwirtschaftliche Arbeitsrecht hinausgehen: Es regelt,
welche Grundrechte unter welchen Voraussetzungen beschränkt oder
aufgehoben werden können. Im übrigen ist für Eingriffe das auf die
Privatwirtschaft anwendbare Recht wegleitend.
Lohn, Teuerung und Zulagen
Das im BtG detailliert festgeschriebene und starre Lohnsystem wird im
BPG verstärkt in Richtung Leistungsentlöhnung ausgebaut. Ferner wird es
im Hinblick auf die Erhöhung der Flexibilität marktkonformer
ausgestaltet: Der Bund muss seine Löhne vermehrt dem Spiel von Angebot
und Nachfrage anpassen können. Das setzt einen grösseren gesetzlichen
Rahmen für die Lohnfestsetzung voraus.
Das BPG definiert die Kriterien, nach denen der Lohn festzusetzen ist:
Funktion (Arbeitswert), Erfahrung (z.B. Dienstalter, Berufserfahrung,
Lebenserfahrung) und Leistung (z.B. Zielerreichungsgrad, Beurteilung der
Mitarbeitenden).
Die Ausführungsbestimmungen regeln die Grundsätze, insbesondere den
Mindest- und den Höchstlohn sowie den Mindestanteil des Funktionslohnes;
sie konturieren damit den gesetzlichen Rahmen für die Lohnordnungen der
Arbeitgeber.
Das BPG erlaubt die Anpassung der Löhne an die Arbeitsmarktlage, an die
örtliche Infrastruktur, an branchenspezifische Bedürfnisse sowie beim
Einsatz im Ausland an die Kaufkraft. Es sichert dem Personal ferner
einen angemessenen Teuerungsausgleich sowie den Ersatz der Auslagen und
die Vergütung für Inkonvenienzen (Vergütungen für Arbeit unter
Sonder-Bedingungen). Zum Lohn hinzu kommen zwingend Sozialleistungen wie
insbesondere Kinder- und Betreuungszulagen und evt. weitere Leistungen.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Das BPG löst das Amtsdauersystem durch Sicherheiten ab, welche dem
Arbeitgeber Bund wie dem Bundespersonal mehr Bewegungsfreiraum bieten:
V.a. der öffentlich-rechtliche (verfahrensrechtliche) Rechtsschutz
kompensiert den Verzicht auf die Amtsdauerwahl. Das BPG bietet den
Mitarbeitenden ferner Beschäftigungssicherheit, setzt allerdings auch
die Bereitschaft zu beruflicher und geographischer Mobilität voraus.
Das Arbeitsverhältnis kann jederzeit im gegenseitigen Einvernehmen,
ordentlicherweise (d.h. auf die im BPG vorgesehenen Mindestfristen) oder
ausserordentlicherweise fristlos gekündet werden. In bestimmten Fällen
endet es ohne weiteres.
Diese Regelung orientiert sich weitgehend am Kündigungssystem des OR. Es
statuiert vor allem folgende Unterschiede zum OR:
… Das BPG verpflichtet den Arbeitgeber, alle Möglichkeiten der
Weiterbeschäftigung auszuschöpfen, bevor er Angestellten ohne deren
Verschulden kündigt.
… die Kündigung bedarf immer der Schriftform;
… die Kündigung durch den Arbeitgeber bedarf einer schriftlichen
Begründung;
… das BPG übernimmt die Kündigungsfristen der geltenden
Angestelltenordnung;
… das BPG regelt die Folgen der Verletzung von Bestimmungen über die
Auflösung: Es sieht grundsätzlich die Weiterbeschäftigung der gekündeten
Person auf einer zumutbaren (notfalls anderen) Stelle vor. Ist diese
nicht möglich, so schuldet der Arbeitgeber der betroffenen Person eine
Entschädigung;
… muss der Arbeitgeber infolge wirtschaftlicher oder betrieblicher
Massnahmen grösseren Personalbeständen künden, so erlässt er einen
Sozialplan;
… betrifft die Kündigung älteres oder dienstälteres Personal oder
solches in Berufen, nach denen keine oder nur schwache Nachfrage
besteht, so löst sie die Zahlung einer Abgangsentschädigung aus.
Berufliche Vorsorge
Ein separater Erlass wird die berufliche Vorsorge des Bundespersonals
regeln und die derzeitige gesetzliche Grundlage in Artikel 48 BtG
ersetzen.
Mitwirkung und Sozialpartnerschaft
Das BPG verpflichtet die Arbeitgeber zu umfassender Information, welche
die ange-strebte Mitsprache des Personals erst ermöglicht. Es
ermöglicht, das Personal und deren Organisationen in Be-ratungs-,
Schlichtungs- und Entscheidungsorganen mitwirken bzw. mitent-scheiden zu
lassen. Diese Norm dokumentiert die Absicht, die Sozialpartnerschaft
auszubauen.

Verfahrens- und Beschwerderecht
Das BPG öffnet zwei Beschwerdewege, nämlich die verwaltungs- bzw.
betriebsinterne Verwaltungsbeschwerde und die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Den 1996 ins BtG
eingeführten dritten Rechtsweg an die paritätische Beschwerdeinstanz PBI
(für Leistungslohnentscheide) nennt das BPG nicht mehr ausdrücklich; es
schliesst ihn aber auch nicht aus: Die Sozialpartner können durch GAV
paritätische Entscheid- und Schiedsorgane schaffen.
Die Verwaltungsbeschwerde (innerhalb der Verwaltung bzw. des Betriebes
bis an die PRK) richtet sich wie bisher nach dem
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG), die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
(an das Bundesgericht) nach dem Bundesrechtspflegegesetz (OG). Damit
stellt das BPG eine einheitliche Rechtsprechung in
Bundespersonalangelegenheiten sicher.
Das BPG wertet die eidgenössische Personalrekurskommission (PRK) als
Beschwerdeinstanz vor allem in zweierlei Hinsicht auf:
… Die PRK entscheidet über Beschwerden gegen Verfügungen aller
Verwaltungsinstanzen (inkl. Betriebe); neu unterliegen dabei auch die
erstinstanzlichen Personalentscheide des Bundesrates sowie jene der
(andern) Schieds- und Rekurskommissionen der Beschwerde an die PRK;
… die PRK entscheidet grundsätzlich letztinstanzlich. Wenn bisher jeder
Beschwerdeentscheid der PRK an das Bundesgericht weitergezogen werden
konnte, so steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht
neu nur noch gegen Kündigungen offen.
Ausführungsbestimmungen
Das BPG bedarf angesichts seiner inhaltlichen Offenheit der
Konkretisierung durch Ausführungsbestimmungen. Grundsätzlich wird der
Bundesrat diese Konkretisierung vornehmen. Soweit das BPG den Erlass der
Ausführungsbestimmungen nicht dem Bundesrat vorbehält, kann dieser
Rechtsetzungszuständigkeiten an die Arbeitgeber oder an geeignete
Fachstellen delegieren. Regelungskompetenzen sollen primär an Post und
SBB abgegeben werden. Bei der Delegation an Fachstellen ist primär an
das Personalamt zu denken.
Timing
… Vernehmlassung: Mai bis August 1998
… Botschaft des Bundesrates an die eidg. Räte: anfangs 1999
… Behandlung in den eidg. Räten, Referendumsvorlage: 1999 / 2000
… Inkraftsetzung durch den Bundesrat: Mitte 2000 per 1. Januar 2001.

EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst

6.5.1998