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MWST: Gruppenbesteuerung verfassungswidrig?

PRESSEMITTEILUNG

MWST: Gruppenbesteuerung verfassungswidrig?

Die Eidgenössische Steuerrekurskommission (SRK) hat die Bestimmung der
Mehrwertsteuerverordnungüber die die sogenannte  Gruppenbesteuerung als
verfassungswid-rig erklärt. Die Eidgenössische Steuerverwaltung prüft
zurzeit die Auswirkungen die-ses Entscheids und die weiteren Schritte.
Im vorliegenden Fall hatten verschiedene Banken verlangt, die Leistungen
ihres gemeinsamen Rechenzentrums als Gruppe abrechnen zu können. Damit
wären diese Leistungen gemäss der geltenden Mehr-wertsteuerverordnung
nicht mehr steuerbar gewesen.

Bei einer engen Zusammenarbeit zwischen verschiedenen rechtlich
selbständigen Unternehmen hat der Bundesrat in der Verordnung über die
Mehrwertsteuer (MWST) die Möglichkeit einer Gruppenbesteuerung
vorgesehen. Dies war auch von der Wirtschaft ausdrücklich gewünscht
worden. Demnach können verschiedene Unternehmen für die Belange der MWST
gemeinsam wie ein einziger Steuerpflichtiger behandelt werden. Umsätze
zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern sind als “Innenumsätze³ nicht
steuer-bar. Eine wichtige Voraussetzung ist jedoch, dass ein
Unternehmen die anderen beherrscht oder mit ande-ren Worten diese unter
einheitlicher Leitung zusammenfasst. Mit dieser Re-ge-lung wird dem
Umstand Rechnung getragen, dass wirtschaftlich sinnvolle
Diversifi-zierungen steuerlich nicht bestraft werden sollen.

Im konkreten Fall haben verschiedene Banken gewisse Dienstleistungen
ausgela-gert und einem gemeinsam betriebenen, aber rechtlich
selbständigen Rechenzen-trum übertragen. Die Leistungen dieses
Rechenzentrums an die Banken sind steu-erbar. Die Banken können die
überwälzte Vorsteuer jedoch nicht oder nicht vollum-fänglich abziehen,
da ein grosser Teil ihrer Leistungen auf von der Mehrwertsteuer
ausgenommene Umsätze entfällt. Aus diesem Grunde stellten die Banken das
Ge-such, dass sie und das ausgeglieder-te Rechen-zentrum als Gruppe und
damit ge-meinsam als ein Steuerpflichtiger ab-rechnen könn-ten. Damit
würden die Leistungen des Rechenzentrums an die Banken zu internen
Leistungen und wären somit nicht mehr steuerbar. Bei den Banken wür-den
somit keine Vorsteuern mehr anfallen.

Die ESTV hat gemäss ihrer Praxis diese Gruppenbildung nicht bewilligt,
da das Re-chenzentrum die Banken nicht beherrscht und somit eine
Vorausset-zung für die Bewilligung der Gruppenbesteuerung nicht erfüllt
ist. Gegen den ent-sprechenden Einspracheentscheid der ESTV haben die
Betroffenen Verwaltungsbe-schwerde an die SRK erhoben.

Die Eidg. Steuerrekurskommission (SRK) ist eine verwaltungsunabhängige
Beschwerdeinstanz und besteht seit dem 1. Januar 1994. Sie überprüft
Einspracheentscheide der ESTV u.a. auf dem Gebiete der Mehrwertsteuer
(und ehemaligen Warenumsatzsteuer). Neben dem Präsidenten und einem
hauptamtlichen Richter besteht sie aus nebenamtlichen Richterinnen und
Richtern, welche in der Wirtschaft tätig sind (z.B. als Rechtsanwalt,
Steuerberater usw.). Entscheide der SRK können mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht zur Ueberprüfung
weitergezogen werden. Dieses entscheidet definitiv.

Mit Entscheid vom 27. Februar 1998, der kürzlich eröffnet wurde, hat die
SRK die Verwaltungsbeschwerde abgewiesen. Auf den Punkt der
Beherr-schung als Voraus-setzung der Zulassung der Gruppenbesteuerung
ist sie dabei gar nicht eingegan-gen. Vielmehr erachtet sie im konkreten
Fall die Regelung der Gruppenbesteuerung als solche als
verfassungswidrig. In der Begrün-dung macht sie im wesentlichen
gel-tend, dass die Bundesverfassung die Einrichtung der
Gruppen-besteuerung nicht vorsehe. Insbesondere werde dem Bundesrat
keine Kompetenz eingeräumt, mit ei-ner Rechtsfigur wie jener der
Gruppenbesteuerung das mit den ausgenommenen Umsätzen (beispielsweise
Bankdienstleistungen)  verbun-dene Vorsteuerabzugsver-bot
einzuschränken. Im Rahmen von Vereinfachun-gen der Steuerpflicht könne
die ESTV zwar eine Gruppenbildung vorsehen. Dabei dürfen jedoch keine
wesentlichen Auswirkungen auf die Wettbewerbsverhältnisse und die
Steuereinnahmen entste-hen. Im vorliegenden Fall würde sich durch die
Gruppenbildung aber ein zu grosser Steuerverlust ergeben.

Die ESTV prüft zur Zeit, welche Auswirkungen der Entscheid auf ihre
Praxis und auf die Steuerpflichtigen hat und ob sie
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesge-richt erheben wird.

EIDG. FINANZDEPARTEMENTE
Presse- und Informationsdienst

Auskunft:	Sandra Knopp Pisi, Abteilung Rechtswesen, Hauptabteilung MWST,
031/325 83 97

6.3.1998