Schweizer Wappen

CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Homepage
Mail
Suche

Auf dem Weg zu einer vereinheitlichten Strafprozessordnung

Pressemitteilung

"Aus 29 mach 1" - Auf dem Weg zu einer vereinheitlichten
Strafprozessordnung

Die 29 in der Schweiz bestehenden Strafverfahrensgesetze (26 der Kantone
und 3 des Bundes, das sind der Bundesstrafprozess, das Gesetz über das
Verwaltungsstrafrecht und der Militärstrafprozess) sollten zu einer
einheitlichen eidgenössischen Strafprozessordnung zusammengefasst
werden. Zu diesem Schluss kommt eine vom EJPD eingesetzte
Expertenkommission unter Leitung von Dr. Peter Müller, Vizedirektor des
Bundesamtes für Justiz.

In ihrem Bericht mit dem Titel "Aus 29 mach 1" nennt die Kommission das
Aufkommen moderner grenzüberschreitender Kriminalitätsformen (z. B.
organisiertes Verbrechen) als unmittelbaren Anlass für die von ihr
empfohlene Vereinheitlichung; daneben sprächen aber eine Reihe weiterer
Gründe, etwa die Verbesserung der Rechtssicherheit, für die Unifikation
des Prozessrechts. Heute ist das Strafprozessrecht von Verfassungs wegen
grundsätzlich eine kantonale Domäne. Allerdings haben die Rechtsprechung
der Strassburger Menschenrechtsorgane und des Bundesgerichts einen
erheblichen Einfluss auf die bestehenden Prozessordnungen ausgeübt, und
diese haben sich deshalb in vielerlei Punkten einander angenähert. Mit
der Revision der Bundesverfassung (Justizreform) soll nun aber dem Bund
die Möglichkeit gegeben werden, das gesamte Strafverfahrensrecht
einheitlich zu regeln.

Auch wenn sich die Kommission für möglichst geringe Eingriffe in die
kantonale Gerichtsorganisation ausspricht, hält sie solche doch für
nicht völlig vermeidbar. So schlägt sie insbesondere ein Vorverfahren
(Ermittlung und Untersuchung) vor, in dessen Zentrum ein unabhängiger
Untersuchungsrichter steht (und nicht beispielsweise ein Staatsanwalt,
der später die Anklage vertritt). Die Mehrheit der kantonalen
Strafprozesse ist, wenn auch in unterschiedlichen Spielarten, nach
diesem Modell konzipiert.

Die Kommission spricht sich gegen die Einführung einer
Kronzeugenregelung oder auch des plea bargaining, beides Instrumente des
angloamerikanischen Rechts, aus. Sie ist der Meinung, solche Regelungen
seien mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen des hiesigen Strafprozesses
nicht vereinbar. Der Einsatz derartiger Mittel rechtfertige sich auch
nicht angesichts der beispielsweise mit den USA nicht vergleichbaren
Kriminalitätssituation in der Schweiz. Dagegen empfiehlt die Kommission,
begrenzte, gesetzlich festgeschriebene Ausnahmen vom Verfolgungszwang
vorzusehen (sogenanntes gemässigtes Opportunitätsprinzip), wie sie
bereits einige Kantone kennen.

Schliesslich skizziert die Kommission, wie die Struktur einer
schweizerischen Strafprozessordnung in den grossen Zügen aussehen
könnte. Dabei orientiert sie sich stark an bestehenden modernen
kantonalen Prozessordnungen; sie bezieht aber auch die aus der
europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) fliessenden Anforderun-gen
an das Strafverfahren ein.

23. Februar 1998

EIDGENÖSSISCHES
JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst

Weitere Auskünfte:
Dr. Peter Müller, Vizedirektor des Bundesamtes für Justiz,
Tel. 031/322 41 33

Weitere Exemplare des Berichts können bestellt werden unter
Tel. 031/322 41 16
Internet:
- Bericht: http://www.admin.ch/bj/pub/vstpo/a29m1-d.pdf
- Pressemitteilung: http://www.admin.ch/bj/pub/vstpo/comd.htm