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Oeffentlichkeitsprinzip: Im Prinzip Ja, aber mit viel Umsicht

Pressemitteilung

Öffentlichkeitsprinzip: Im Prinzip Ja, aber mit viel Umsicht

Der Bundesrat hat drei Motionen entgegengenommen

Der Bundesrat hat am Montag drei Motionen entgegen genommen, welche auf
die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips abzielen. Dieser Entscheid
erfolgte aufgrund einer Aussprache, welche die Tragweite des
Öffentlichkeitsprinzips in Bundespolitik und Verwaltung zum Gegenstand
hatte. Der Bundesrat betrachtet die Zeit für die Einführung als reif,
doch müsse diese umsichtig erfolgen. Ein Zeitpunkt für die Vorlage, die
in enger Zusammenarbeit mit der Bundeskanzlei und den Departementen
auszuarbeiten wäre, wurde noch nicht festgelegt.

Die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips ist seit 1980 wiederholt
Gegenstand von parlamentarischen Vorstössen gewesen. Letztmals wurde im
Jahr 1993 eine Motion, welche die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips
mit Geheimhaltungsvorbehalt verlangte (aus dem Jahr 1991), behandelt und
als Postulat überwiesen. Im laufenden Jahr wurde gleich drei Motionen
(Nationalrat Hess, Nationalrat Vollmer, Geschäftsprüfungskommission des
Nationalrates) eingereicht, welche die Einführung des
Öffentlichkeitsprinzips zum Gegenstand hatten.

Was bedeutet "Öffentlichkeitsprinzip"?

Nach dem Öffentlichkeitsprinzip wären Vorgänge innerhalb der
Bundesverwaltung und ihre Akten grundsätzlich öffentlich. Jede Person
könnte unter gewissen Vorbehalten von der Verwaltung Auskunft oder
Akteneinsicht verlangen. Das Ausführungsgesetz wird Ausnahmen für
Geschäftsbereiche und Aktenkategorien festzulegen haben.

Der Bundesrat hat sich bereits mehrmals mit der Frage befasst. Im Rahmen
des Vernehmlassungsverfahrens zur Verfassungsrevision schlug er eine
Bestimmung vor, wonach die Bundesbehörden die Öffentlichkeit über ihre
Tätigkeit informieren und allen Personen Einsicht in amtliche Akten
gewähren, soweit dem nicht überwiegende öffentliche oder private
Interessen entgegenstehen. Die Vernehmlassungsteilnehmer reagierten
kontrovers, und schliesslich verzichtete der Bundesrat generell auf die
Unterbreitung von Varianten im BV-Entwurf.

In- und ausländische Beispiele

Im Ausland gilt das Öffentlichkeitsprinzip - in unterschiedlicher Form -
zum Teil schon seit längerer Zeit, so in Schweden, Frankreich, Belgien,
den Niederlanden, Kanada und den USA. Für die Europäische Union bestehen
allgemeine Tendenzen in Richtung Öffnung der gemeinschaftlichen Behörden
und ihrer Verwaltung. Das Prinzip wurde im Vertrag von Amsterdam
verankert, der am 2. Oktober 1997 unterzeichnet wurde, aber noch nicht
in Kraft getreten ist. In der Schweiz hat der Kanton Bern eine
Pionierrolle übernommen, indem er das Öffentlichkeitsprinzip auf den 1.
Januar 1995 einführte. Mittlerweile liegen positive Erfahrungen vor: Die
von der Einführung befürchteten negativen Auswirkungen eines
unverhältnismässigen Aufwandes oder der Störung der Verwaltung sind
ausgeblieben. Akten, die der Regierung als Entscheidungsgrundlage
dienen, sind nach wie vor geheim. In moderater Weise hat auch der Kanton
Appenzell Ausserrhoden das Prinzip eingeführt. Ansätze gibt es in den
Kantonen Schaffhausen, Solothurn und Zug.

Fragezeichen

Da in der Schweiz noch wenig konkrete Erfahrungen mit dem
Öffentlichkeitsprinzip vorliegen, kann auch noch nicht beurteilt werden,
ob für die Bundesverwaltung ein nennenswerter Mehraufwand entstünde.
Auch lassen sich positive Erfahrungen in den Kantonen nicht automatisch
auf den Bund übertragen, wo von einem weitaus grösseren Interesse der
Öffentlichkeit, namentlich der Medien, auszugehen ist.

15. Dezember 1997

EIDGENÖSSISCHES
JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst