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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Pressekonferenz Haushaltsziel / Perspektiven Budget 98 + Finanzplan 99-01 / Sparprogramm-Auftrag

Pressekonferenz Haushaltsziel / Perspektiven Budget¹98
+ Finanzplan 99-01 / Sparprogramm-Auftrag
Es gilt das gesprochene Wort

16.6.97; Bundesrat Kaspar Villiger

Dauerhaft gesunde Finanzen
-	sind eine Voraussetzung für
-	die Leistungsfähigkeit
-	eines sozial, wirtschaftlich und politisch
-	stabilen Staates.

In der Schweiz sind diese
-	Voraussetzungen beim Bund nicht mehr erfüllt.

Die Staatsverschuldung
-	(zum Grossteil ein Produkt der letzten 10 Jahre)
- 	erreicht die 90-Milliarden-Grenze.

Die Schweiz gibt täglich 15 Millionen mehr aus,
-	als sie einnimmt:

Wir zahlen im Achtstundentag
-	eine Million Zinsen pro Stunde,
-	das sind dreieinhalb Milliarden im Jahr.

Eine Million pro Stunde
-	für Zinsen, statt für Leistungen,

und gemäss
-	dem momentanen Stand der Finanzplanung
-	wollen die Zinsen
-	in nur 4 Jahren um 1,5 Milliarden zunehmen!

und:
-	seien wir ehrlich!
-	kaum jemand nimmt das ernst!

Verschuldungsspirale

Wir geraten also zunehmend
-	in die Zins- und Verschuldungsspirale.

Dieses Phänomen
-	erschwert die Problemlösungsfähigkeit des Staates
-	und spitzt die Lage zusätzlich zu.

Der Handlungsspielraum
-	wird zusehends enger,
-	und das hat auch psychologische Konsequenzen.

Die Bevölkerung ist verunsichert,
-	sie drosselt den Konsum,
-	der Wirtschaft wird dadurch Geld entzogen,
-	die Investoren verlieren Vertrauen,
-	die Sozialversicherungen kommen nicht nur
-	wegen der Demografie unter Druck,
-	sondern auch die Bundesbeiträge sind nicht mehr finanziert
-	der Staat verschuldet sich noch mehr
-	alles spitzt sich nochmals zu,
- 	die Verschuldungsspirale dreht sich
-	immer schneller.

Auch der Dümmste
-	sieht ein,
-	dass das nicht ewig so weitergehen kann.

Solches geht alle an!

Die Teilnahmslosigkeit der Schweiz
-	in dieser Frage
-	kommt mir vor wie ein Jumbo-Jet
-	der schnurstracks auf eine Bergwand zufliegt,
-	während sich die Passagiere darüber den Kopf zerbrechen,
-	ob sie noch ein Cüpli bestellen sollen,
-	oder ein Glas Rotwein.
-	oder wer am Fenster sitzen darf.

Wenn ich das sage,
-	bin ich mir bewusst,
-	dass viele Menschen in diesem Land
-	in Sorge und Armut leben.

Ich brauche dieses Beispiel
- 	nicht um die individuelle Ebene zu beschreiben,
-	sondern ich meine das “Gesamtbild Schweiz³.

 Optionen

Ich werde Ihnen  heute
-	schockierende Zahlen präsentieren.

Und gerade weil diese Zahlen
-	schockierend sind,
-	bestärken sie mich im Willen,
-	das Haushaltsziel 2001 zu erreichen.

Dieses Ziel sieht vor,
-	das Defizit bis zum Jahr 2001
-	unter 2 % der Einnahmen zu drücken.

Ein überaus ehrgeiziges Ziel!

Grundsätzlich gibt es
-	in der heutigen Situation
-	drei Möglichkeiten:

1.	Man erhöht die Steuern
2.	Man verschuldet sich immer mehr
3.	Man gleicht den Haushalt aus, obwohl das hart ist,
	indem man die Ausgaben
	den verfügbaren Steuermitteln anpasst.

Zu 1. biete ich nicht Hand;
Denn erstens würde das Volk
-	dem nie zustimmen,
-	solange es den Eindruck hat,
-	und den hat es! -
-	so recht gespart werde in Bern noch nicht.

Und zweitens
-	würde das den Wirtschaftsstandort Schweiz
-	im gnadenlosen Wettbewerb verschlechtern.

Notfalls bin ich für eine
-	Einnahmensicherung zu haben,
-	wenn es gilt,
-	Steuerausfälle auszugleichen,
-	denen sonst keine Kompensation gegenübersteht.

 Und 2 Ausnahmen
-	habe ich stets angekündigt:
-	Finanzierung der NEAT und Konsolidierung Sozialwerke.

Zu 2.,
-	also zur Schuldenwirtschaft,
-	sage ich klipp und klar,
-	dass ich eine solche Politik
-	für unverantwortbar halte,
-	und deshalb nicht mittragen werde.

Die Politik der Verschuldungsspirale,
-	welche die Leistungsfähigkeit lähmt
-	und die Zukunft verbaut,
-	und letztlich den Staat zum Leistungsinfarkt führt,
-	ist nicht mein Programm.

Meine Verpflichtung
-	gegenüber dem dauerhaften Haushaltsausgleich
-	entspricht meiner politischen Ueberzeugung.

 Ich fühle mich verantwortlich
-	gegenüber jenen,
-	die heute und künftig
-	in diesem Land leben und arbeiten.

Und ich weigere mich,
-	gegen meine Grundsätze
-	der Offenheit, Transparenz
-	und Konsequenz
-	auch in schwieriger Zeit
-	zu politisieren.

Deshalb will ich
-	Ihnen heute alle Karten
-	auf den Tisch legen.

Die heutigen Beschlüsse des Bundesrates

Der Bundesrat
-	hat heute vier Bausteine
 -	der längerfristigen Finanzpolitik
-	behandelt:

1.	Die Botschaft zum Ausgleich des Bundeshaushalts,
2.	die Budget- und Finanzplanperspektiven bis 2001,
3.	eine Uebersicht über jene Faktoren,
	-welche das optimistische Grundszenario
	-verschlechtern könnten
4.	und den Auftrag ans EFD
	-bis im Herbst ein rigoroses Sparprogramm vorzulegen

Letzteres bekräftigt den Grundsatz,
-	dass die Landesregierung als Kollegialbehörde
-	hinter dem Haushaltsziel steht.

Das Haushaltsziel 2001
-	ist in den Grundzügen bekannt.
-	Es war unter dem Namen “Sanierungsartikel³ in der Vernehmlassung,
-	wo es ein gutes Echo fand.
-	Wir haben die Vorlage überarbeitet,
 -	und der Bundesrat hat sie heute
-	z.H. des Parlaments verabschiedet.

Natürlich:
-	Das Ziel allein genügt nicht.
-	Es braucht die Mittel,
-	um es zu erreichen.

Diese
-	sind im Artikel vorgesehen.

Und es braucht
-	den Willen dazu.

Fehlt dieser Wille,
-	kann der schönste Verfassungsartikel
-	nichts bewirken.

Das sei
-	all jenen ins Stammbuch geschrieben,
-	die politische Verantwortung tragen.

Zum Haushaltsziel 2001

Sie haben Grafiken erhalten,
-	die das Funktionieren des Zielmechanismus zeigen:
- 	das Zwischenziel für 1999
	-	begrenzt das Defizit auf 4 Milliarden,
-	das Haushaltsziel 2001 regelt,
	-	dass die Ausgaben die Einnahmen
	-	dauerhaft um nicht mehr als 2% (ca. 1 Mrd)
	-	übersteigen dürfen.

Das setzt folgendes voraus:
1.	Rigorose Ausgabendisziplin von Bundesrat, Parlament und Verwaltung
2.	Strafes Budget 98 und konsequente Überarbeitung des Finanzplans
3.	Weiteres Sparprogramm mit Gesetzesänderungen
4.	nachhaltige Konjunkturerholung
	mit Rückgang der Arbeitslosigkeit
5.	Durchsetzen aller Strukturreformen (NFA, Subventionsbericht,
Verwaltungsreform etc.)
 6.	Mehreinnahmen für AHV/IV, öV.
7.	Sicherung der heutigen Einnahmen der AIV

Bei anhaltender Rezession,
-	können die Fristen um maximal
-	2 Jahre verlängert werden.

Werden die Ziele verfehlt (sei es 1999 oder 2001),
-	muss der Bundesrat ein Sparpaket ausarbeiten,
-	das das Erreichen des Ziels ermöglicht.
-	Es wird dringlich in Kraft gesetzt.

Das Parlament kann zwar
-	andere Sparprioritäten setzen,
-	es ist aber an die einzusparende Summe gebunden.

Im Sommer 1998 sollen Volk und Stände
-	über diese Verfassungsvorlage
-	an der Urne entscheiden.

Ein Ja des Volkes
-	gäbe den Politikern das nötige Signal,
-	dass es mit dem Haushaltsausgleich ernst gilt.

Und der Sparmechanismus
-	würde schon eine disziplinierende
-	Vorwirkung entfalten.

Perspektiven Budget/Finanzplan

Auch dieses Jahr
-	orientiere ich Sie bereits früh
-	über die Perspektiven und den Zwischenstand
-	von Budget und Finanzplan.

Es sind Werkstatteinblicke
-	und nicht die definitiven Zahlen.

Das Budget 1998
-	soll nochmals  eine gewisse
-	Rücksicht auf die Konjunktur nehmen.

 Das unbereinigte Budget¹98
-	sieht trotz disziplinierter Budgetierung
-	in den Departementen
-	einen  Defizit-Zwischenstand von 8,7 Mrd vor.

Darin eingeschlossen
-	ist eine einmalige, auf die SBB-Reform zurückzuführende
-	Zahlungsspitze von 1,5 Milliarden.
-	Auch wenn man sie ausklammert,
-	will der Bundesrat noch Verbesserungen
-	von gegen 2 Milliarden erreichen,
-	wovon mindestens eine Milliarde mit direkten Ausgabenkürzungen.
- 	Die andere kann sich noch in den Bereichen
-	Tresorerie, Zinsen und genauerer Einnahmenschätzung ergeben.

Dies ergibt eine 98er-Defizitvorgabe
-	von 5 bis 5,5 Milliarden ohne SBB -Zahlungsspitze.

Gleichzeitig
-	muss der Finanzplan
-	um 1 bis 1,5 Mrd. gedrück werden.

Beim Finanzplan 1999-2001
-	kommt dann ein weiterer
-	jährlicher Kürzungsbedarf  von
-	im optimistischen Fall 2 Milliarden und
-	im pessimistischen Fall bis zu vier Milliarden
-	pro Jahr.

Dies soll
-	mit einem Sparpaket erreicht werden,
-	an dessen Ausarbeitung wir nun gehen werden.

Den höchsten Zuwachs bis 2001
-	weist die soziale Wohlfahrt auf (+1,7 Mrd),
-	mit AHV, IV, Krankenkassen und Asylbereich,
-	dann der öffentliche Verkehr und die Nationalstrassen,
-	und  die Landwirtschaft (mit je plus 500 Mio).

Diese Zuwachsraten
-	müssen gedrückt werden
-	sonst gelingt der Ausgleich nie.

Zu den
-	grossen Gebieten, die beitragen müssen,
-	zählt auch die Landesverteidigung,
-	obwohl sie seit langem nicht mehr wächst
-	und schon viel zum Sparen beigetragen hat

Alle diese Bereiche
-	müssen beitragen,
-	wenn wir das Ziel
-	erreichen wollen.

Und ohne das geht nichts.

Szenarien

Dem optimistischen Szenario,
-	von dem der Finanzplan ausgeht
-	liegt ein
-	als realistisch zu beurteilendes
 -	durchschnittliches Wirtschaftswachstum ab 1999
-	von 2 Prozent zugrunde.

Es sieht einen Rückgang der Arbeitslosigkeit vor,
- 	geht davon aus, dass bei den Einnahmen
- 	das MWST-Prozent für die AHV beschlossen wird,
-	und dass der Bund seine 17 % bekommt,
-	dass ferner die Finanzierung des öV gelingt
-	und das 3. Lohnprozent für die ALV
	weitergeführt werden kann.

Bei einem pessimistischeren Szenario
-	zeigen wir Risiken auf,
-	die einzeln oder kumuliert auftreten können.
-	Darum würde dies zur Erreichung des Haushaltsziels
-	nochmals wesentlich härtere Sparprogramme erfordern.

Sparprogramme,
-	die weitergehende Leistungskürzungen im Sozialbereich,
-	Beitragskürzungen bei Regionalverkehr und Strassenbau,
-	stärkerer nomineller Abbau bei den EMD-Ausgaben
-	Abbau auch bei der Entwicklungshilfe,
-	Ausgabenkürzungen bei der Landwirtschaft,
-	und nochmals härtere Eingriffe bei Verwaltung und Personal
-	bedeuten würden.

Auch dazu
-	haben Sie eine Unterlage erhalten,
-	die mögliche Verschlechterungen,
-	mögliche Gegenmassnahmen
-und mögliche Auswirkungen aufzeigt.

Und etwas
-	zeigt das mit brutaler Deutlichkeit.
-	Jeder Rappen, der neu von Bundesrat und Parlament
-	ausgegeben wird,

und jeder Rappen,
-	der an Steuergeschenken verteilt wird,
-	muss zusätzlich weggespart werden.

Daran
-	führt kein Weg vorbei.

Zum Schluss

Wie gesagt:
- 	es ist nicht davon auszugehen,
-	dass alle möglichen Verschlechterungen kumuliert auftreten,
-	aber ich gehe auch nicht davon aus,
-	dass sie allesamt ausbleiben.

Ich gestatte mir zum Schluss
-	eine Aussage des Bundespräsidenten
-	zu unterstreichen:
-	Finanzpolitik ist Staatspolitik.

Finanzpolitik ist kein Selbstweck.
-	Ich spare nicht, weil es mir Spass macht
-	oder weil ich im reiferen Alter
-	neue masochistische Züge entdeckt habe.

Rigoroses Sparen
-	in einem für die Schweiz
-	ungewohnten Ausmass,
-	ist eine zentrale Voraussetzung
-	zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit eines Landes,
-	das nicht durch Versicherungsmentalität stark geworden ist,
-	sondern durch seine Fähigkeit,
-	im richtigen Moment
-	zwischen Wunschdenken und Realismus unterscheiden
-	und sich entsprechend einstellen zu können.

Heute ist so ein Moment.