Schweizer Wappen

CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Homepage
Mail
Suche

Steuergerechtigkeit

Steuergerechtigkeit

1. Rahmen

Die Schlagzeile von den "armen Millionären, die keine Steuern
bezahlen" löst in Zeiten von Wirtschaftskrise und Umstrukturierung
verständlicherweise Unmut aus. Angeprangert werden aber nicht nur
Vermögensmillionäre. Auch die Steuergesetze und deren Anwendung werden
als ungerecht kritisiert.

2. Inhalt

Verschiedene Gründe können dazu führen, dass ein "Vermögensmillionär"
selbst bei genauer Prüfung der Steuererklärung kein steuerbares
Einkommen aufweist:

*  Vermögensverzehr: Jemand lebt aus der Substanz seines Vermögens,
das  keinen Ertrag abwirft (ertragsloses Land, ertragslose Aktien).
Vorbehalten bleibt die Bezahlung einer kantonalen und kommunalen
Vermögenssteuer, die bei fehlendem Einkommen aus der Vermögenssubstanz
zu entrichten ist.

*  Steuerliche Freistellung privater Kapitalgewinne auf beweglichem
Vermögen: Die privaten Grundstückgewinne unterliegen einer kantonalen
und kommunalen Grundstückgewinnsteuer, nicht aber private Gewinne aus
der Veräusserung von beweglichem Vermögen (Wertpapiere, Edelmetalle,
Kunstobjekte). Auch diese Gewinne müssten aus der Sicht der
Steuergerechtigkeit eigentlich besteuert werden, wobei die
Kapitalverluste ebenfalls zu berücksichtigen wären. Die Besteuerung
privater Kapitalgewinne ist deshalb problematisch und verursacht hohe
Verwaltungskosten. Während die entsprechenden Gewinne dem Fiskus oft
nicht gemeldet werden, machen die Steuerpflichtigen regelmässig
Kapitalverluste  geltend. Wirft aber eine allgemeine
Kapitalgewinnsteuer nur einen bescheidenen Ertrag ab, sind hohe
Verwaltungskosten kaum zu rechtfertigen. Dies ist mit ein Grund,
weshalb ab diesem Jahr alle  Kantone nur noch die privaten
Grundstückgewinne besteuern.
Immerhin sind Kapitalgewinne auf beweglichem Vermögen nicht in jedem
Fall steuerfrei. Betätigt sich etwa ein Steuerpflichtiger über die
blosse private Vermögensverwaltung hinaus nebenberuflich im
Liegenschafts- oder Wertschriftenhandel, so unterliegen die dabei
erzielten Einkünfte der Einkommenssteuer des Bundes. Steuerfrei
bleiben nur jene Kapitalgewinne, die der private Anleger bei der
gewöhnlichen Vermögensverwaltung vereinnahmt.

* Unbeschränkter Steuerabzug für Schuldzinsen - Steuerfreiheit für
gewisse Vermögenserträge: Ein weiterer Grund für bescheidene
steuerbare Einkommen ist auch, dass grundsätzlich sämtliche
Schuldzinsen vom Einkommen abgezogen werden können und die
Steuergesetze die Erträge gewisser Vermögensanlagen steuerfrei
erklären.

Prominentes Beispiel für die Steuerfreiheit von Vermögenserträgen ist
die (rückkaufsfähige) Kapitalversicherung mit Einmalprämie. Diese
Versicherung dient in der Praxis überwiegend der Vermögensanlage.
Dennoch sind die ausbezahlten Erträge (= ausbezahlte
Versicherungssumme ./. Prämieneinlage) von  der direkten Bundessteur
befreit. Voraussetzungen dafür sind eine mindestens fünfjährige
Laufzeit und das vollendete 60. Altersjahr. Die grosse Mehrheit der
Kantone kennt teils ähnlich vorteilhafte Regelungen, teils sogar eine
voraussetzungs-lose Steuerbefreiung. Wird auf die Abzahlung von
Schulden verzichtet und tätigt der Steuerpflichtige mit den dadurch
zur Verfügung stehenden Geldern einkommenssteuerfreie
Vermögensanlagen, so profitiert er doppelt: die Schuldzinsen
vermindern weiterhin das steuerbare Einkommen, während es durch die
Vermögenserträge  nicht erhöht wird.

* Zusammenveranlagung der Ehepaare: In unserem Steuerrecht werden bei
zusammenlebenden Ehepaaren das Einkommen und Vermögen beider Gatten
zusammengerechnet und als ganzes veranlagt. Verluste aus
Geschäftstätigkeit sowie Schuldzinsen eines Ehegatten können vom
Einkommen des anderen abgezogen werden. Gleiches gilt für die
Schulden,  die vom Vermögen in Abzug gebracht werden können. Es ist
also möglich, dass das Ehepaar trotz hohen Einkünften eines
Ehepartners kein Einkommen versteuern muss. Umgekehrt kann der
progressive Tarif vorab bei den Einkommenssteuern eine Belastung
ergeben, die wesentlich höher ausfällt als  jene zweier separat
veranlagter Steuerpflichtiger mit insgesamt gleichem Einkommen.

3. Ausblick

* Eindämmung der Steuerschlupflöcher: In der Botschaft des Bundesrates
vom 25. Mai 1983 zu den Bundesgesetzen über die direkte Bundessteuer
und die Harmonisierung der direkten Steuern wurde auf eine umfassende
Kapitalgewinn-steuer verzichtet. Hingegen war eine
Beteiligungsgewinnsteuer vorgesehen. Demnach wären die Kapitalgewinne
auf wesentlichen, zum Privatvermögen gehörenden Beteiligungen (von
mindestens 20% des Kapitals oder der Stimmrechte) einer Sondersteuer
unterstellt worden. Dies wurde vom Parlament abgelehnt. Bei den
Beratungen  zur Steuerharmonisierung lagen auch Kommissionspapiere
mit Überlegungen zur Abzugsfähigkeit der privaten Schuldzinsen vor.
Die Bestrebungen zur Abschaffung oder Eindämmung der Abzugsfähigkeit
setzten sich aber nicht durch. Auch heute ist kein klarer politischer
Wille dafür erkennbar.  Trotzdem will Bundesrat Kaspar Villiger die
Problematik der Steuerschlupflöcher  einer umfassenden Überprüfung
unterziehen. Eine Expertengruppe arbeitet zurzeit entsprechende
Vorschläge aus. Unter die Lupe genommen werden unter anderem die
steuerliche Freistellung privater Kapitalgewinne, die Steuerfreiheit
für gewisse Vermögenserträge sowie der unbeschränkte
Schuldzinsenabzug.

* Aufsichtsfunktion der Eidg. Steuerverwaltung: Im übrigen übt die
Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) bei der direkten Bundessteuer eine
Aufsichtsfunktion aus. Sie muss für den einheitlichen und richtigen
Vollzug des Gesetzes durch die Kantone sorgen und die dazu notwendigen
Vorschriften erlassen. Werden etwa Gesetze ungleich angewandt, kann
die ESTV Verfügungen und Entscheide der kantonalen
Veranlagungsbehörden anfechten und bis vor Bundesgericht ziehen.

EIDGENÖSSISCHES FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst
26.3.1997