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Finanzierungsperspektiven der Sozialversicherungen

Pressemitteilung
	23. September 1996

Finanzierungsperspektiven der Sozialversicherungen

Der Bundesrat hat - gestützt auf die Schlussfolgerungen des im Juni
veröffentlichten IDA FiSo-Berichtes - die Weiterentwicklung der
Sozialversicherungswerke diskutiert. Der Bundesrat ist der Ueberzeugung,
dass sich das schweizerische Sozialversicherungssystem bewährt hat und
deshalb kein radikaler Systemwechsel erforderlich ist. Zur Ergänzung der
von der IDA FiSo vorgenommenen Analyse hat der Bundesrat beschlossen,
eine Folgearbeitsgruppe IDA FiSo 2 einzusetzen. Diese Arbeitsgruppe soll
unter Einbezug der Leistungsseite der Sozialversicherungen Vorschläge
erarbeiten.
Der Bundesrat hat die im Bericht aufgezeigten finanziellen
Entwicklungsperspektiven mit Besorgnis zur Kenntnis genommen, auch wenn
er im Bereich der Alters- und Invalidenvorsorge feststellen konnte, dass
sich die mittelfristigen Entwicklungsperspektiven der IDA FiSo weitgehend
mit denjenigen des im letzten Herbst publizierten Drei-Säulen-Berichtes
des EDI decken. Die Aussagen des IDA FiSo-Berichtes zur möglichen
Entwicklung über den mittelfristigen Zeithorizont von 2010 hinaus zeigen
zwar die längerfristigen Perspektiven auf, beruhen jedoch nach Meinung
des Bundesrates noch auf sehr unsicheren Annahmen.
Der Bundesrat begrüsst eine solche Auslegeordnung, welche die Entwicklung
der einzelnen Versicherungszweige in einen Gesamtzusammenhang stellt und
den Handlungsbedarf - und die entsprechenden Handlungszeitpunkte - für
einzelne Sozialversicherungszweige aufzeigt.
Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass kein radikaler Systemwechsel in
den schweizerischen Sozialversicherungen erforderlich ist. Die von der
IDA FiSo vorgenommene Analyse der Finanzierung und die Überprüfung von
Leistungen, die von der Folgearbeitsgruppe erwartet wird, sollen
künftigen Anpassungen des Sozialversicherungssystems den Übergang von der
Aufbauphase zu einem globalen nachhaltigen Gleichgewicht ermöglichen. Die
IDA FiSo hat sich - ihrem Auftrag entsprechend - schwergewichtig darauf
konzentriert, die finanzielle Entwicklung des Sozialversicherungssystems
mit seinen heutigen Leistungen zu beziffern. Die Folgearbeitsgruppe soll
darüberhinaus den Leistungsbereich einbeziehen, insbesondere die sozialen
und finanziellen Auswirkungen beleuchten, die sich aus einem Aus- oder
Abbau bestimmter Sozialversicherungsleistungen ergeben würden.
Um den Prüfungsrahmen der Folgearbeitsgruppe abzustecken, hat der
Bundesrat einen - allerdings nicht abschliessenden - Katalog von
Leistungen definiert, die als Ausbau- oder Abbauelemente zu prüfen sind.
Es handelt sich beispielsweise um das Rentenalter oder das Verhältnis von
Maximal- zu Minimalrente in der AHV und um die
Schlechtwetterentschädigung oder die Kurzarbeit in der
Arbeitslosenversicherung (vgl. Tabelle).
Diese Elemente sind in drei finanzielle Szenarien einzubetten: ein
gezielter, auf die Schliessung anerkannter Lücken beschränkter Ausbau,
der einen finanziellen Mehrbedarf unterstellt, der 8
Mehrwertsteuerprozenten entspricht; die Weiterführung des heutigen
Leistungssystems mit einem unterstellten Mehrbedarf von 6,8
Mehrwertsteuerprozent-Äquivalenten; ein gezielter Leistungsabbau, der
einen Mehrbedarf unterstellt, der 4 Mehrwertsteuerprozenten entspricht.
Der Bundesrat hat der Folgearbeitsgruppe zudem einige Grundsätze
mitgegeben, welche die Stossrichtung der Arbeiten mitbestimmen helfen. Es
handelt sich beispielsweise um die Priorisierung des Versicherungs-
gegenüber dem Bedarfsleistungsprinzip auf Bundesebene. Der Bundesrat hat
als weiteren Grundsatz hervorgehoben, dass das prioritäre Ziel der
Sozialversicherungsleistungen in der sozialen und wirtschaftlichen
Wiedereingliederung besteht. Zudem sei eine möglichst weitgehende
Harmonisierung zwischen den einzelnen Sozialversicherungszweigen
anzustreben.
Schliesslich hat sich der Bundesrat mit der grundsätzlichen Frage
beschäftigt, welche Sozialversicherungsreformen vor Abschluss der
Arbeiten der IDA FiSo 2 an die Hand zu nehmen seien. Er ist dabei zum
Schluss gekommen, dass die IV-Revision dringlich ist und die EO-Revision
sowie die Errichtung einer Mutterschaftsversicherung - Vorlagen, für die
bereits ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt worden ist - nicht
weiter aufzuschieben sind. Das EDI ist deshalb beauftragt worden, eine
Vernehmlassung zur IV-Revision und die Botschaften zur EO-Revision und
zur Mutterschaftsversicherung vorzubereiten. Dabei sind die finanziellen
Interdependenzen dieser drei Vorlagen zu berücksichtigen, um der
gegenwärtigen besorgniserregenden Wirtschaftslage - und der
Notwendigkeit, die Wirtschaft nicht zu überlasten - Rechnung zu tragen.
Der Bundesrat hat zudem das EDI beauftragt, eine Botschaft zur Revision
der Ergänzungsleistungen vorzubereiten (vgl. spezielle Pressemitteilung).
Schliesslich seien die Vorarbeiten zur 1. BVG-Revision weiterzuführen, um
diese Reform gleichzeitig mit der 11. AHV-Revision vorlegen zu können.
Die IDA Fiso 2 untersteht der Federführung des EDI. Sie wird sich
weitgehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Bundesverwaltung
zusammensetzen. Ein erweitertes Konsultativorgan, mit Vertretungen der
Kantone und Gemeinden, der Sozialpartner und der Wissenschaft, wird die
Arbeiten der IDA FiSo 2 begleiten. Das EDI wird dem Bundesrat zum genauen
Mandat und zur Zusammensetzung sowie zum Zeitplan der IDA FiSo 2
Vorschläge unterbreiten.
Tabelle: Übersicht über die einzubeziehenden Leistungsparameter
Sozialversicherungszweig	Von der IDA FiSo 2 einzubeziehende
Leistungsparameter
AHV	•	Regelung des Rentenalters (+/-)•	Vereinheitlichung
der Ansprüche auf Witwen- bzw. Witwerrenten (+/-)
IV	•	Einführung einer Assistenzentschädigung (+)•
Verbesserung der Renten für Frühinvalide (+)•	Aufhebung der Zusatzrente
(-)•	Aufhebung der Viertelsrente (-)
AHV/IV	•	Verhältnis von Minimal- zu Maximalrente (+/-)•
Freiwillige AHI-Versicherung für Auslandschweizer (-)•	Überprüfung der
Festsetzung der neuen sowie der Anpassung der laufenden Renten:-
Überprüfung des Mischindexes (+/-)-	Einführung der jahresweisen
Aufwertung der rentenbildenden Einkommen (+)
KV	•	Prüfung von strukturellen Änderungen bei der Festlegung
des Leistungskatalogs (Eidg. Kommission für allgemeine Leistungsfragen
der KV; Eidg. Arzneimittelkommission; Berücksichtigung der
gesamtwirtschaftlichen Kosten bei neuen Leistungen) (-)•
Einführung von Zulassungsbeschränkungen bei den Leistungserbringern (-)
AlV	•	Schlechtwetterentschädigung (-)•	Kurzarbeit (+/-)•
Besondere Taggelder, bezogen auf Beschäftigungsprogramm degressiv (-)
Legende:	+	= Leistungsparameter mit finanzieller
Mehrbelastung-	= Leistungsparameter mit finanzieller Minderbelastung+/-
= Leistungsparameter, der zu einer finanziellen Mehr- wie Minderbelastung
führen kann

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Presse- und Informationsdienst

Auskünfte:
Catherine Cossy Bleeker, Informationsbeauftragte,
Tel. 031/322 80 16