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Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Teilrevision des KVG: Die wichtigsten Verbesserungen

Medienrohstoff 9. März 1998
Teilrevision des KVG:
Die wichtigsten Verbesserungen
(Thema Prämienverbilligung: Siehe separaten Rohstoff)

Grundversicherungsprämien
• Für Versicherte zwischen 18 und 25 Jahren wird bei der Gewährung des
Prämienrabattes für Jugendliche auf die Bedingung verzichtet, dass sie "in
Ausbildung" sein müssen.
 Die bisherige Regelung, dass dieser Rabatt nur Jugendlichen "in Ausbildung"
gewährt werden darf, hat sich in der Praxis als problematisch
herausgestellt, da der Begriff einerseits nicht genauer definiert wurde,
anderseits eine Kontrolle durch die Kassen kaum wirksam genug durchgeführt
werden kann. Daher ist nun eine Regelung vorgesehen, die zu einer
einheitlichen Praxis führt und von den Versicherern keinen
unverhältnismässigen Verwaltungsaufwand verlangt. Zudem geht man davon aus,
dass die Lebenssituation der Jugendlichen zwischen 18 und 25 Jahren einen
Prämienrabatt generell rechtfertigt (Lehre, Studium, Zusatzausbildung,
Gründung einer Familie usw.).
• In der Vernehmlassung wird zur Diskussion gestellt, ob bei längerdauerndem
Militärdienst die Kassen verpflichtet sein sollen, nur eine Prämienreduktion
bei fortdauernder Versicherung zu gewähren oder ob sie die gänzliche
Sistierung für die Dauer des Dienstes gewähren müssen.
 Bisher galt, dass bei längerdauernden Militärdiensten (mehr als 60
aufeinanderfolgende Tage) ein Prämienrabatt gewährt werden darf. Eine
vollständige Sistierung der obligatorischen Krankenversicherung ist bisher
nicht gestattet. Mit der Teilrevision soll die gesetzliche Grundlage für die
Handhabung der Versicherungspflicht bei längerdauerndem Militärdienst
geschaffen werden. Ob künftig eine Prämienreduktion bei fortdauernder
Versicherung gewährt werden muss oder die Versicherten das Recht erhalten
sollen,die Versicherung für die Dauer des Dienstes gänzlich zu sistieren,
wird in der Vernehmlassung zur Diskussion gestellt.
• Die pro Kanton möglichen maximal drei Prämienregionen werden vom Bundesamt
für Sozialversicherung (BSV) einheitlich festgelegt.
 Bisher konnten die Versicherer die Prämienregionen selber festlegen. Dies
führte zu einer unübersichtlichen Situation, die den Versicherten den
Vergleich erschwert. Mit einer Vereinheitlichung wird aber auch eine
verbesserte Transparenz für die Prämienkontrolle und -genehmigung durch das
BSV erzielt. Mit der neuen Regelung werden sowohl die Wünsche von Kantonen
und Versichertenseite als auch die Empfehlung der Expertise von Prof. H.
Schmid zur Prämiengenehmigung (April 1997) berücksichtigt.

Verhältnis Versicherte - Versicherer
• Die verkürzte Kündigungsfrist von einem Monat gilt neu generell bei
Mitteilung einer "neuen" Prämie. Damit wird der Definitionsstreit um die
bisherige Formulierung "bei einer Prämienerhöhung" beendet.
 Der Begriff "bei einer Prämienerhöhung" wurde von den Versicherern
unterschiedlich ausgelegt, was in gewissen Fällen den Versicherten den
Kassenwechsel erschwert hat. Dieses Problem wird mit der neuen Formulierung
beseitigt.
• Bei einem Kassenwechsel in der Grundversicherung kann die bisherige Kasse
die Versicherten generell nicht mehr zur Kündigung der bei ihr bestehenden
Zusatzversicherungen zwingen (keine Verknüpfung von
Zusatzversicherungsverträgen mit dem Bestehen einer Grundversicherung mehr
gestattet). "Kleine" Zusatzversicherungen (z.B. Zusatzleistungen für Brillen
und Kontaktlinsen) könnten allenfalls von diesem Verbot ausgenommen werden.
 Es wurde festgestellt, dass gewisse Versicherer beim Abschluss von
Zusatzversicherungsverträgen ab 1996 (also ausserhalb der
Besitzstandswahrung für bestehende Verträge vor Inkrafttreten des KVG) die
Versicherten dazu verpflichten, bei ihnen auch die Grundversicherung
abzuschliessen. Dies kann den Versicherten den vom KVG vorgesehenen freien
Wechsel in der Grundversicherung (Freizügigkeit) erschweren oder
verunmöglichen. Dieses Problem wird nun ausgeschlossen.
• Die Stellung der Versicherten wird gestärkt für Fälle, in welchen beim
Kassenwechsel Streitigkeiten rund um die Ablösung der Versicherer entstehen.
Wenn der bisherige Versicherer den Wechsel ungerechtfertigt verunmöglicht,
muss er einen daraus entstehenden Schaden (z.B. Prämiendifferenz) ersetzen.

Leistungen und Kostenbeteiligung (= Franchise + Selbsbehalt)
• Die Pflege- und Aufenthaltskosten der gesunden Neugeborenen in der Zeit,
in der sie mit der Mutter im Spital sind, werden explizit unter den
Mutterschaftsleistungen der Krankenkasse der Mutter aufgeführt. Sie sind
also von dieser zu übernehmen (ohne Franchise und Selbstbehalt).
 In der Botschaft zum KVG war man aufgrund des Versicherungsobligatoriums
davon ausgegangen, dass diese Frage nicht mehr speziell geregelt werden
müsse. Vor allem in Fällen, wo Mutter und Kind nicht bei derselben Kasse
versichert sind, hat dies nun zu Problemen geführt. Das BSV hat im März 1997
die Versicherer bereits angewiesen, sich im Sinne der neuen Regelung zu
verhalten. Die Rechtsprechung zeigt, dass eine explizite Regelung notwendig
ist.
• Auf den Leistungen der medizinischen Prävention wird keine
Kostenbeteiligung mehr erhoben.
 Eine solche Regelung war im Entwurf des KVG vorgesehen, wurde im Parlament
aber verworfen als Kompensation der Bestimmungen über die
Gesundheitsförderung. Bei der Beantwortung einer Motion von 1997 hatte der
Bundesrat bereits angekündigt, diese Frage zu prüfen. Mit der neuen Regelung
wird erzielt, dass für die Versicherten ein Anreiz geschaffen wird, sich den
als notwendig erachteten, im Interesse ihrer Gesundheit liegenden
Präventionsmassnahmen zu unterziehen. Was als solche gilt, ist abschliessend
in der Leistungsverordnung aufgelistet.
• Das Risiko, sich im Rahmen der regulären Versicherung an den Kosten
beteiligen zu müssen, kann explizit nicht rückversichert werden. Dasselbe
gilt sinngemäss für die "besonderen Versicherungsformen" (Rückversicherung
der höheren Wahlfranchise oder des Risikos der Prämienerhöhung bei der
Bonus-Versicherung).
 Eine grosse Krankenkasse hat im Spätsommer 1997 ein Versicherungsprodukt
auf den Markt gebracht, welches aus einer Kombination von Grundversicherung
mit hoher Wahlfranchise und einer Rückversicherung bei einer privaten
Versicherungsgesellschaft bestand. Die Prämie für die Rückversicherung
sollte nach dem Gesundheitsrisiko abgestuft sein. Um gegen die daraus
resultierende Entsolidarisierung zwischen gesunden und kranken sowie jungen
und alten Versicherten vorzugehen, hat das BSV die Kasse angewiesen, dieses
Produkt nicht mehr anzubieten.

Globalbudgets
Die Möglichkeit, auf Antrag der Versicherer in Situationen
ausserordentlichen Kostenanstiegs mit Globalbudgets einzugreifen, wird
ausgeweitet. Bisher galt diese Regelung nur für die Kantone in den Bereichen
der Spital- und Pflegeheimfinanzierung. Neu können Globalbudgets von der
zuständigen Genehmigungsbehörde für alle Kategorien von Leistungserbringern
erlassen werden. Die Anhörungsrechte von Leistungserbringern, Versicherern
und Kantonen werden explizit geregelt.
Mit dieser Massnahme werden die Eingriffsmöglichkeiten der
Genehmigungsbehörden im Tarifbereich ausgedehnt, wenn es darum geht,
Entwicklungen im Kostenbereich zu verhindern, die auch bei einer genauen
Prüfung zum Zeitpunkt der Genehmigung eines Tarifvertrags nicht abzusehen
waren (z.B. Mengenausdehnung durch einen Anstieg der Zahl der
Leistungserbringer). In einer Zeit, in der die Kostensteigerung zu einem
beträchtlichen Teil auf die Mengenausdehnung zurückzuführen ist, kann ein
reiner Tarifstop, wie ihn das KVG als mögliche Massnahme vorsieht, nicht
allein die erwünschte Wirkung zeigen. Dies erwies sich deutlich während der
Geltungsdauer der dringlichen Bundesbeschlüsse, die einen Tarifstop
vorsahen, jedoch nicht verhindern konnten, dass die Menge der bezogenen
Leistungen anstieg.
Eine Regelung, wie sie nun eingeführt wird, war bereits in der Botschaft des
Bundesrates zum KVG enthalten, wurde aber vom Parlament nur eingeschränkt
ins Gesetz aufgenommen. Das Fehlen von genügend wirksamen Massnahmen zur
Kosteneindämmung im ambulanten Bereich wurde in den ersten zwei
Geltungsjahren des KVG nun spürbar. Sie sollen daher als ausserordentliche
und befristete Eingriffsmöglichkeit eingeführt werden.

Aufsicht / Kontrolle
Die Mittel des BSV bei der Aufsicht und beim Vorgehen gegen gesetzeswidriges
Verhalten der Krankenversicherer wird verstärkt.
• Es wird explizit verankert, dass das BSV auch unangemeldete Kontrollen bei
Versicherern durchführen kann und Zugang zu sämtlichen notwendigen
Informationen hat.
• Das BSV erhält die Kompetenz, Verwarnungen und Ordnungsbussen gegen
Versicherer auszusprechen. Bedingt durch bestehende bundesrechtliche
Bestimmungen muss die Höhe dieser Bussen auf 5000 Franken begrenzt werden.
Dennoch wird die Busse in der Öffentlichkeit wie eine gegen einen bestimmten
Versicherer gezückte "gelbe Karte" wirken.
 Unter dem früheren Recht hatte das BSV die Möglichkeit, einem Versicherer
als Sanktion die Bundesbeiträge ganz oder teilweise zu sperren oder in
schweren Fällen ganz abzuerkennen. Diese wirksame Sanktionierung ist heute
nicht mehr möglich, da die Bundessubventionen nicht mehr an die
Krankenkassen, sondern an die Versicherten gehen. Mit den neuen
Sanktionsmöglichkeiten erhält das BSV aufsichtsrechtliche Instrumente, die
dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit besser entsprechen, als das bereits
bestehende Mittel des Antrags auf Entzug der Durchführungsbewilligung.

 Verzugszinsen bei der Gemeinsamen Einrichtung
Für die Erhebung von Verzugszinsen bei den Zahlungen der Versicherer an ihre
Gemeinsame Einrichtung wird die gesetzliche Grundlage geschaffen. Dies ist
eine nötige und unbestrittene Massnahme für die Fälle, in welchen
Versicherer ihre Beiträge an diese Stiftung und an den von ihr betriebenen
Risikoausgleich nicht oder nicht rechtzeitig erbringen.
Die Erfahrungen im Rahmen des Risikoausgleichs haben gezeigt, dass die
Versicherer nicht immer gewillt sind, ihre Beitragspflicht im Interesse
einer gemeinsamen Sache rechtzeitig zu erfüllen. Dies vor allem dann, wenn
ihre Beiträge hoch sind und sie mangels Sanktionen aus verspäteten Zahlungen
finanziellen Nutzen ziehen können. Daher wird nun die Grundlage für die
Erhebung von Verzugszinsen geschaffen.

Beschwerdeinstanz in Sachen Spital- und Pflegeheimlisten der Kantone
Zuständige Instanz für Beschwerden gegen die kantonalen Spital- und
Pflegeheimlisten ist nicht mehr der Bundesrat, sondern das Eidg.
Versicherungsgericht (EVG).
Diese Zuständigkeitsfrage hat einen Meinungsaustausch zwischen dem Bundesrat
und dem EVG ausgelöst. In der Folge hat der Bundesrat über die bei ihm
eingereichten Beschwerden entschieden, wobei die Entscheide einen
provisorischen Charakter haben, da in fast allen Fällen Rückweisungen an die
kantonale Instanz zur Neubeurteilung erfolgten. Die Abklärungen haben aber
auch gezeigt, dass die geltende Zuständigkeitsregel möglicherweise die
Europäische Menschenrechtskonvention verletzt. Daher soll nun die
Zuständigkeitsregel für den Bereich der kantonalen Spital- und
Pflegeheimlisten geändert werden.