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Wettbewerbskommission nimmt Stellung zum Entwurf des Elektrizitätsmarktgesetzes

PRESSEMITTEILUNG

Wettbewerbskommission nimmt Stellung zum Entwurf des
Elektrizitätsmarktgesetzes

Die Wettbewerbskommission (Weko) begrüsst die Bestrebungen zur
Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes ausdrücklich. Voraussetzung für die
Schaffung von echtem Wettbewerb ist nach Ansicht der Weko, dass sich das zu
erlassende Elektrizitätsmarktgesetz (EMG) darauf beschränkt, ein schlankes
Marktgesetz zu sein, welches die nicht wettbewerblichen Bereiche der
Stromversorgung effizient reguliert.

Notwendige Netzgesellschaft

Der Elektrizitätsmarkt wird in die Wettbewerbsbereiche Erzeugung, Handel und
Verkauf sowie in die Monopolbereiche Übertragung auf dem Hochspannungsnetz
sowie Verteilung an Endkunden unterteilt.
Stromübertragungsleitungen stellen natürliche Monopole dar, zu denen es
keine Alternativen gibt. Auf Stufe Netzbetrieb wird demnach auch nach
erfolgter Marktöffnung Regulierungsbedarf bestehen.
Damit in den Wettbewerbsbereichen Erzeugung, Handel und Verkauf echter
Wettbewerb entstehen kann, ist sicherzustellen, dass der Netzbetrieb
effizient reguliert wird. Einer effizienten Regulierung ist umso mehr Erfolg
beschieden, je weniger Anreize die Netzbetreiber zu Quersubventionierungen
aus dem Monopolbereich in die Wettbewerbsbereiche haben.
Die heutigen vertikal integrierten Versorgungsunternehmen Atel, BKW, CKW,
EGL, EOS und NOK sind als Eigentümer von Übertragungsleitungen alle sowohl
im Monopolbereich des Transports als auch in den Wettbewerbsbereichen
Erzeugung, Handel und Verkauf von Strom tätig. Über das
Gemeinschaftsunternehmen Diax AG sind sie seit kurzem auch auf den
Telekommunikationsmärkten aktiv und nutzen dafür die über die
Hochspannungsleitungen laufenden Glasfaserkabel. Die Versorgungsunternehmen
sind demnach zweifellos daran interessiert, ihre monopolistischen
Übertragungsleitungen im Hinblick auf ihre Tätigkeiten in den
Wettbewerbsbereichen optimal zu nutzen.
Eine gesamtwirtschaftlich effiziente Nutzung des Übertragungsnetzes wäre
jedoch dann gewährleistet, wenn dieses denjenigen
Stromproduzenten, -händlern oder -verkäufern mit der grössten
Zahlungsbereitschaft zur Verfügung stehen würde und nicht vorrangig von
dessen Eigentümern genutzt würde.
Vor diesem Hintergrund ist die Weko überzeugt von der Notwendigkeit der
Einsetzung einer nationalen privatrechtlichen Netzgesellschaft, die von den
Erzeugungs-, Verteil- und Handelsunternehmen unabhängig ist. Nur durch diese
strukturelle Abspaltung des Monopolbereiches Übertragung können eine
effiziente Regulierung des Netzes und ein unverzerrter, fairer Wettbewerb in
den Bereichen Erzeugung, Handel und Verkauf garantiert werden.

Unnötige Schiedskommission

Zur Regelung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Durchleitungspflicht
und -vergütung sieht der Entwurf des EMG die Einsetzung einer unabhängigen
Schiedskommission vor. Als Vorbild für diese Schiedskommission dient die
Kommunikationskommission (Comcom), welche mit dem neuen Fernmeldegesetz für
den Bereich der Telekommunikation eingesetzt wurde. Die
verwaltungsunabhängige Comcom wurde insbesondere zur Vermeidung von
Interessenkonflikten des Bundes gebildet, welcher ansonsten gleichzeitig
Regulierungssbehörde und Eigentümer der Swisscom, der grössten Anbieterin,
gewesen wäre. Nebst der Marktregulierung ist die Comcom ausserdem für das
Erteilen von Konzessionen zuständig.
Im Elektrizitätsbereich ist der Bund weder Eigentümer einer Anbieterin, noch
sind Konzessionierungsfragen zu regeln.
Das Kartellgesetz gibt der Weko in Art. 7 die Kompetenz, gegen den
Missbrauch marktbeherrschender Stellungen vorzugehen. Die Weko hat die
Möglichkeit, bei missbräuchlichem Verhalten der Netzbetreiberinnen im
Zusammenhang mit Durchleitungen einzuschreiten. Mit einem Verzicht auf die
Schiedskommission und damit auf eine sektorspezifische Regulierung könnte
somit die Gefahr gebannt werden, dass die allgemeingültigen
Wettbewerbsregeln im Elektrizitätsbereich inkonsistent ausgelegt werden. Die
Einsetzung einer Schiedskommission ist daher abzulehnen.

Verzicht auf Entschädigung nicht amortisierbarer Investitionen und
Bestimmungen zur Förderung erneuerbarer Energien

Die im Entwurf zum EMG vorgesehene Entschädigung nicht amortisierbarer
Investitionen würde zu Wettbewerbsverzerrungen führen, indem diejenigen
Elektrizitätswerke benachteiligt würden, die in der Vergangenheit viel
abgeschrieben und auf den Aufbau von Überkapazitäten verzichtet haben. Zudem
sind Unternehmen aller Wirtschaftszweige der Unsicherheit ausgesetzt, dass
die zukünftige Rentabilität langfristiger Investitionen durch Veränderungen
der gesetzlichen Rahmenbedingungen negativ beeinflusst werden kann. Die Weko
lehnt daher die Entschädigung nicht amortisierbarer Investitionen ab.
Weiter ist die Weko der Meinung, dass diejenigen Mittel, die im Rahmen des
EMG zur Förderung erneuerbarer Energien zur Verfügung stehen, zur Schaffung
von Kostenwahrheit zwischen Energieträgern nicht geeignet sind. So sieht der
Entwurf des EMG vor, dass Elektrizität aus erneuerbaren Energien bei
Kapazitätsengpässen im Netz Vorrang geniesst. Die Intensität der Förderung
erneuerbarer Energien würde somit von den Netzkapazitäten abhängig gemacht.
Wenn die Marktöffnung nicht in ihrem Keim erstickt werden soll, ist im
Rahmen des EMG auf Bestimmungen zur Förderung erneuerbarer Energien zu
verzichten.

Bern, den 5. Juni 1998

WETTBEWERBSKOMMISSION
Sekretariat

Auskunft:
Dr. Patrik Ducrey, Vizedirektor, Tel. 031/322 20 40