Schweizer Wappen

CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Homepage
Mail
Suche

Bundespräsident Flavio Cotti eröffnet das internationale Seminar über "Gerechtigkeit, Wahrheit und Versöhnung: die Rolle der Wahrheitskommissionen in der Gesellschaft im Wandel"

EIDGENÖSSISCHES DEPARTEMENT
FÜR AUSWÄRTIGE ANGELEGENHEITEN	Bern, 4. Dezember 1998

Pressemitteilung

Bundespräsident Flavio Cotti eröffnet das internationale Seminar über
"Gerechtigkeit, Wahrheit und Versöhnung: die Rolle der
Wahrheitskommissionen in der Gesellschaft im Wandel"

Bundespräsident Flavio Cotti eröffnet am Mittwoch, den 9. Dezember 1998
in Anwe-senheit von Alex Boraine, Vizepräsident der südafrikanischen
Wahrheits- und Ver-söhnungskommission, das internationale Seminar über
"Gerechtigkeit, Wahrheit und Versöhnung: die Rolle der
Wahrheitskommissionen in der Gesellschaft im Wandel".

Auf Einladung des Eidg. Departementes für auswärtige Angelegenheiten
(EDA) und Erzbischof Desmond Tutus treffen sich vom 9.-11. Dezember
1998 in Genf erstmals Experten und Akteure auf dem Gebiet des
Versöhnungsprozesses aus verschiede-nen Ländern, um Bilanz zu ziehen.

Im Rahmen seiner Friedenspolitik und aus Anlass des 50. Jahrestages der
Men-schenrechtserklärung unterstützt das EDA dieses Treffen und
beteiligt sich an seiner Organisation. Die behandelten Themen werden es
gestatten, dieses Instrument zur dauerhaften Beendigung von Konflikten
durch Aufarbeitung schwerwiegender Men-schenrechtsverletzungen in ein
klareres Licht zu stellen.

An diesem Treffen gelangen die folgenden Themen zur Behandlung: die in
letzter Zeit in Versöhnungskommissionen gesammelten Erfahrungen,
andersartige Modelle nationaler Versöhnung, die Beziehungen zwischen
Versöhnungskommissionen und internationalen Strafgerichtshöfen, die
Anwendbarkeit der von den Kommissionen eingesetzten Methoden im Rahmen
fortdauernder Konflikte sowie die Stellung der Opfer im
Versöhnungsprozess.

Auf diese Weise leistet das EDA einen Beitrag zum Gedankengut und zur
Arbeit der verschiedenen Akteure, die bemüht sind, einen Rechtsstaat
aufzubauen, welcher den grundlegenden demokratischen Prinzipien Achtung
verschafft.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an
Frau Adriana Verda, Informations- und Pressedienst des EDA (031 / 322
31 66)
 EIDGENÖSSISCHES DEPARTEMENT
FÜR AUSWÄRTIGE ANGELEGENHEITEN	Bern, 4. Dezember 1998

DIE SCHWEIZ UND DIE VERSÖHNUNGSKOMMISSIONEN

Seit 1974 bis zum heutigen Tag haben 19 Länder - darunter Südafrika,
Argentinien, Bolivien, Chile, Guatemala und El Salvador - Kommissionen
zur Aufarbeitung der tragischen Geschehnisse ihrer Vergangenheit
bestellt. Trotz ihrer zahlreichen Unter-schiede hinsichtlich
Vorgehensweise, Dauer usw. haben diese Kommissionen doch einen
gemeinsamen Nenner: Sie sind alle nach einem autoritären Regime ins
Leben gerufen worden und dienten zur Stützung des politischen Übergangs
zu einem Rechtsstaat und zur Demokratie.

Die Wahrheitskommissionen sind eine von vier Methoden zur Lenkung
dieses Über-gangs. Die anderen drei sind
· Tribunale wie dasjenige, das zu Ende des Zweiten Weltkriegs in
Nürnberg einge-setzt wurde, sowie andere internationale Gerichtshöfe,
· Gerichtsverfahren auf nationaler Ebene,
· die schlichte Weigerung, die Vergangenheit kritisch zu beleuchten.

 Die Aufgabe der Kommissionen besteht u. a. darin,
Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und eine nationale Versöhnung
herbeizuführen. Dies erfordert eine Neuschreibung der Geschichte und
zieht einen gewaltigen Arbeitsaufwand für die Umformulierung von
Ereignissen und die Korrektur des Kollektivgedächtnisses nach sich.

 Das von den Kommissionen befürwortete Gerechtigkeitsmodell weist
beträchtliche Unterschiede zum gerichtlichen Vorgehen auf, wie es von
nationalen und internatio-nalen Gerichtshöfen verfolgt wird; und zwar
in folgenden Punkten:
· Es liegt im Wesen der Kommissionen, dass Tausende von Anträgen und
Untersu-chungen behandelt werden können.
· Die Kommissionen werden nur für eine kurze Zeitdauer eingesetzt.
· Die Opfer nehmen eine bedeutsame Stellung ein, da ihre Klagen
ausführlich an-gehört werden und von ihnen eine Form der Vergebung
erwartet wird.
· Im Allgemeinen ist für die Verbrecher ein Amnestieverfahren
vorgesehen.

 In ihren Bemühungen zur Friedensförderung hat die Schweiz die
Wahrheits- und Versöhnungsprozesse mit folgenden Beiträgen unterstützt:
  Südafrika

· Der südafrikanischen Truth and Reconciliation Commission (TRC) wurden
zwei Schweizer Experten zur Verfügung gestellt. Ab November 1996
wirkten sie wäh-rend eines Jahres zur Verstärkung der
Untersuchungsgruppe der Kommission und der mit dem Amnestieverfahren
betrauten Gruppe als Untersuchungsperso-nen für Verletzungen der
menschlichen Person.
· Es wurde ein Präsidialfonds zugunsten von Opfern schwerwiegender
Menschen-rechtsverletzungen in besonders schwieriger persönlicher
Situation geäufnet. Die Beteiligung der Schweiz mit einem Betrag von
SFr. 500'000.-- war die erste dieser Art in Übereinstimmung mit der
TRC. Diese Aktion ist Teil der Bemühungen der Schweiz zur Förderung der
nationalen Versöhnung in Südafrika sowie der Demo-kratisierung.

· Frau Hlengiwe Mkhize, Vorsitzende des Wiedergutmachungs- und
Rehabilitie-rungsausschusses der TRC, wurde zu einem Seminar über die
Wiederherstellung des Friedens eingeladen, das im Oktober 1997 in der
Schweiz stattfand und vom EDA mitfinanziert wurde.

 Guatemala

· Die Schweiz unterstützte die Kommission für die Klärung von
Menschenrechtsver-letzungen und Gewalttätigkeiten gegenüber dem
guatemaltekischen Volk, wobei das EDA einen finanziellen Beitrag von
SFr. 100'000.-- leistete.
· Der Kommission wurde eine Expertin des internationalen humanitären
Rechts zur Verfügung gestellt. Ab November 1997 war diese Expertin ein
Jahr lang mit der Durchführung von Untersuchungen und der Analyse von
Informationen über die während 36 Jahren des Kriegs begangenen
Menschenrechtsverletzungen und Gewaltätigkeiten beauftragt.