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Presserohstoff

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zur Pressemitteilung des Oberauditors vom 18. September 1997

Hinweise zum militärischen Strafverfahren

A. Nach Abschluss der Voruntersuchung

1.	Die Voruntersuchung hat den Zweck festzustellen, ob eine strafbare
Handlung begangen wurde. Der Untersuchungsrichter hat alle Umstände der Tat
abzuklären, die für das richterliche Urteil oder für die Einstellung des
Verfahrens von Bedeutung sein können (Art. 103 Abs. 2 und Art. 116
Militärstrafprozess [MStP; SR 322.1]). Nach Abschluss der Voruntersuchung
übermittelt der Untersuchungsrichter die Akten dem Auditor, dem militärischen
Staatsanwalt (Art. 112 MStP). Dieser kann, wie auch der Beschuldigte, dem
Untersuchungsrichter beantragen, weitere die Voruntersuchung ergänzende
Abklärungen zu treffen .

2.	Falls die Ergänzungsbegehren des Auditors erledigt sind oder er auf
Ergänzungen der Voruntersuchung verzichtet, so hat er gestützt auf die Akten
darüber zu entscheiden, ob Anklage erhoben, die Sache mit einem Strafmandat
erledigt oder das Verfahren eingestellt werde.

a.	Der Auditor stellt das Verfahren ein, wenn die Voruntersuchung den
ursprünglich bestehenden Tatverdacht nicht bestätigt, oder wenn er sich als
nicht beweisbar erweisen sollte. Die Einstellung des Verfahrens erfolgt auch
dann, wenn eine Angelegenheit nach Auffassung des Auditors bloss
disziplinarisch zu ahnden ist. Gegen die Einstellungsverfügung können sowohl
der Beschuldigte wie auch der Oberauditor beim Divisionsgericht Rekurs
einreichen; dieses entscheidet darüber, ob die Einstellung gerechtfertigt sei
oder nicht.

b.	Ein Strafmandat erlässt der Auditor, wenn der Beschuldigte den
Sachverhalt nicht bestreitet, und wenn eine Strafe von höchstens einem Monat
Gefängnis oder eine Busse von höchstens Fr. 1000.- angemessen erscheint (Art.
119 MStP). Das schriftlich kurz zu begründende Strafmandat erwächst in
Rechtskraft, wenn weder der Betroffene noch der Oberauditor dagegen Einsprache
erheben. Im Falle einer Einsprache urteilt das zuständige Gericht.

c.	Anklage erhebt der Auditor, wenn die Voruntersuchung hinreichende
Verdachtsgründe für ein Verbrechen oder Vergehen erbracht hat (Art. 114 MStP)
und ein Strafmandat, sei es wegen bestrittenem Sachverhalt, sei es wegen des
angemessen erscheinenden Strafmasses, nicht in Frage kommt. Die Anklage wird zu
Handen des Gerichts schriftlich formuliert. Der Zeitaufwand für die Erstellung
einer Anklageschrift hängt selbstverständlich vom Prozessumfang ab; im
konkreten Fall sind umfangreiche Akten zu prüfen, was relativ aufwendig ist.
Erhebt der Auditor Anklage oder wird gegen ein Strafmandat Einsprache erhoben,
so ist das Divisionsgericht zur Beurteilung der Strafsache in erster Instanz
zuständig.

B. Vereinigungsverfügung des Oberauditors

Ist jemand mehrerer strafbarer Handlungen beschuldigt, die teils der
militärischen, teils der zivilen Gerichtsbarkeit unterstehen, so kann der
Bundesrat deren ausschliessliche Beurteilung dem militärischen oder dem zivilen
Gericht übertragen (Art. 221 Militärstrafgesetz [MStG; SR 321.0]). Art. 46 Abs.
2 der Verordnung über die Militärstrafrechtspflege (MStV; SR 322.2) delegiert
diese Kompetenz an den Oberauditor.

Der Entscheid über die Vereinigung ist, da gesetzliche Anweisungen fehlen, nach
freiem Ermessen zu treffen. In der Praxis verfolgt der Oberauditor den
Grundsatz, aus prozessökonomischen Ueberlegungen wenn möglich alle Sachverhalte
dem gleichen Gericht zur Beurteilung zuzuweisen, wobei er in der Regel darauf
abstellt, in welchem Bereich das Schwergewicht der zu beurteilenden
Sachverhalte liegt. Es wird damit vermieden, dass sich ein Angeklagter, dem
mehrere Straftaten aus dem militärischen und dem zivilen Bereich vorgeworfen
werden, vor verschiedenen Richtern zu verantworten hat und zwei Urteile ergehen
müssen. Auch wenn das Gesetz den Richter verpflichtet, beim zweiten Urteil eine
Strafe auszufällen, die den Täter nicht härter trifft, als wenn alle
Sachverhalte zusammen beurteilt würden, ist ein Gesamturteil einer getrennten
Beurteilung grundsätzlich vorzuziehen.

Besondere Umstände können allerdings zu abweichenden Entscheidungen führen, so
beispielsweise dann, wenn prozessökonomisch keine Vorteile zu erwarten sind,
wenn zur Beurteilung eines Sachverhaltes die fachlichen Kenntnisse eines
Gerichtes von besonderer Bedeutung sind (z.B. militärisch: technisches Vorgehen
in Fällen, bei denen die Diensttauglichkeit eines Militärdienstversäumers oder
-verweigerers fraglich ist; zivil: Anwendung der Strafbestimmungen des
Betäubungsmittelgesetzes), oder wenn wichtige militärische Interessen (z.B.
Aspekte der Geheimhaltung) berücksichtigt werden müssen. Auch der Grundsatz der
Durchsetzung des materiellen Strafrechts muss Ueberlegungen der Prozessökonomie
vorgehen. Droht beispielsweise im einen Bereich die Verjährung, während im
anderen noch umfangreiche Abklärungen erforderlich sind, müssen die Verfahren
getrennt bleiben.

Dem Vorteil eines Gesamturteils steht auch dann ein schwerwiegender Nachteil
gegenüber, wenn im zivilen, im militärischen oder gar in beiden Bereichen
mehrere Personen beschuldigt sind, gemeinsam an strafbaren Handlungen
mitgewirkt zu haben, eine Vereinigung aber nur für einzelne von ihnen überhaupt
in Frage kommt, weil nur sie sowohl militärischer wie auch ziviler Delikte
beschuldigt werden. Würde in einem solchen Fall das Verfahren für jene
Beschuldigten vereinigt, für dies es das Gesetz gestattet, so hätte dies zur
Folge, dass die übrigen Beschuldigten, bei denen eine Vereinigung nicht möglich
ist, sich in einem separaten Prozess verantworten müssten. Damit hätten
verschiedene Richter über Sachverhalte zu urteilen, die inhaltlich
zusammengehören. Das Risiko, dass es dabei zu widersprüchlichen Urteilen käme,
ist offensichtlich und muss vermieden werden.

Ein Beispiel: A, B und C haben im Zivilleben gemeinsam eine Reihe von
Diebstählen begangen. C ist im Militärdienst Küchenchef und veruntreut in der
Rekrutenschule ihm anvertraute Waren unter Mithilfe des Küchengehilfen D. Die
Verfahren gegen C könnten beim zivilen oder beim militärischen Richter
vereinigt werden. A und B dagegen wurden nur im zivilen Bereich straffällig;
ihr Verfahren kann nicht dem Militärrichter übertragen werden. Ebensowenig kann
das Militärstrafverfahren gegen D dem zivilen Richter zugewiesen werden. Würden
das zivile und das militärische Verfahren gegen C beim militärischen Richter
vereinigt, so könnte der zivile Richter das Verhalten des an der Diebestour
beteiligten C nicht mitbeurteilen. Und der militärische Richter riskiert bei
der Beurteilung von C unter Umständen wichtige Komponenten nicht oder nicht
richtig würdigen, die sich auf A und B beziehen. Bei einer Vereinigung der
Verfahren gegen C in der Hand des  zivilen Richters ergäben bezüglich D sich
die gleichen Probleme mit umgekehrten Vorzeichen.

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