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Getrennte Beurteilung ziviler und militärischer Straftaten

Pressemitteilung des Oberauditors vom 18. September 1997

Militärische Voruntersuchung betreffend CD-ROM EBG abgeschlossen

Getrennte Beurteilung ziviler und militärischer Straftaten

Der ausserordentliche Untersuchungsrichter des Divisionsgerichts 10 B, Major
Michael Eichmann, hat die militärgerichtliche Voruntersuchung gegen Oberst i
Gst Friedrich Nyffenegger sowie Gustav Furrer und Mitbeteiligte wegen
Verletzung militärischer Informationsschutzvorschriften abgeschlossen und die
Akten dem Auditor übermittelt. Im weiteren hat der Oberauditor verfügt, die
unter Militärstrafgerichtsbarkeit fallenden strafbaren Handlungen seien
getrennt von dem durch den eidgenössischen Untersuchungsrichter geführten
zivilen Strafverfahren zu beurteilen.

Die militärische Voruntersuchung gegen Oberst i Gst Nyffenegger und Gustav
Furrer war im Januar 1996 wegen des Verdachts der Verletzung von
Informationsschutzvorschriften bei der Erstellung, dem Vertrieb und der
Vernichtung des EBG 95 (CD-ROM EBG 95; elektronischer Behelf für den
Generalstabsdienst) angeordnet worden. In der Folge dehnte der
Untersuchungsrichter das Verfahren auf neun weitere Personen aus, die in
leitenden oder ausführenden Funktionen und in verschiedenen Entwicklungsstadien
an der Erstellung des EBG 95 mitgearbeitet hatten.

Die Voruntersuchung erhärtete den Verdacht, dass zum Teil vereinzelt, zum Teil
aber auch laufend Informationsschutzvorschriften bezüglich GEHEIM oder
VERTRAULICH klassifizierter militärischer Informationen verletzt worden sind.
Den Verantwortlichen wird vorgeworfen:

· In der Entwicklungsphase kein Sicherheitskonzept erstellt und zwingend
vorgeschriebene Sicherheitsmassnahmen wie beispielsweise die Chiffrierung nicht
vorgekehrt zu haben.

· Bei der Produktion über die Anzahl fabrizierter CD-ROM der verschiedenen
Versionen unvollständig Protokoll geführt und Duplikate mit identischen
Seriennummern hergestellt sowie die Vernichtung von Ausschussmaterial,
Einzelpressungen oder überzähligen Exemplaren ohne durchgehende Kontrolle und
Protokollierung vorgenommen zu haben.

· Die zu bearbeitenden klassifizierten Daten verschiedentlich zwischen an sich
berechtigten Adressaten ohne Chiffrierung über offene Telefonleitungen
weitergegeben zu haben.

· In der Phase der Einführung keine durchgehende Kontrolle der ausgegebenen
CD-ROM geführt zu haben, indem ausserhalb der offiziellen und korrekt
gehandhabten Verteilung durch die EDMZ und das Kommando der Generalstabsschulen
einzelne CD-ROM ab Produktion ohne Registrierung abgegeben und andere
vernichtet worden seien, ohne dass darüber die vorgeschriebenen Aufzeichnungen
gemacht und das dafür geltende Verfahren angewendet worden wären. Schliesslich
seien Exemplare als vernichtet gemeldet worden, obwohl sie nach wie vor
existierten.

Trotz intensiver Recherchen kann heute nicht mehr festgestellt werden, wieviele
CD-ROM je hergestellt wurden. Dies heisst allerdings nicht, dass die ausser
Kontrolle geratenen Exemplare verlorengingen oder in die Hand Dritter gelangt
wären. Vielmehr ergab die Voruntersuchung keine konkreten Anhaltspunkte dafür,
dass militärische Geheimnisse unbefugten Dritten bekannt geworden wären.

Entscheidungen erst gegen Jahresende

Der ausserordentliche Untersuchungsrichter hat die Akten Mitte September dem
ausserordentlichen Auditor des Divisionsgerichts 10 B, Major Beat Schnell,
übermittelt. Wie zuvor schon den Beschuldigten, steht nun auch dem Auditor die
Möglichkeit zu, dem Untersuchungsrichter Ergänzungen der Untersuchung zu
beantragen. Im weiteren wird er für jede einzelne der betroffenen Personen zu
prüfen haben, ob und bezüglich welcher Sachverhalte Anklage zu erheben, die
Erledigung mit einem Strafmandat angezeigt oder das Verfahren, allenfalls mit
Disziplinierung, einzustellen sei. Angesichts der Komplexität und des grossen
Umfangs des Aktenmaterials muss damit gerechnet werden, dass der Auditor die
ihm obliegenden Entscheidungen erst gegen Jahresende treffen kann.

Gegen Oberst i Gst Nyffenegger sowie Gustav Furrer und weitere Beschuldigte
führt der eidgenössische Untersuchungsrichter eine Untersuchung unter anderem
wegen Beamten-, Vermögens- und Urkundendelikten. Mit Verfügung vom 5. September
1997 - sie wird erst mit unbenütztem Ablauf der Beschwerdefrist von 30 Tagen
rechtskräftig - hat der Oberauditor von einer Vereinigung des militärischen mit
dem zivilen Verfahren abgesehen, weil in beiden Bereichen neben Oberst i Gst
Nyffenegger und Gustav Furrer weitere Personen in die Untersuchungen einbezogen
sind, deren Beurteilung ausschliesslich entweder unter die militärische oder
aber unter die zivile Gerichtsbarkeit fällt.

Gefahr widersprüchlicher Urteile eliminieren

Eine Vereinigung der Verfahren gegen Oberst i Gst Nyffenegger und Gustav Furrer
bei den zivilen Strafverfolgungsbehörden hätte zur Folge, dass das Tun und
Unterlassen für die Entwicklung des EBG allenfalls mitverantwortlicher Personen
nicht vom gleichen Richter beurteilt werden könnte. Die damit entstehende
Gefahr widersprüchlicher Urteile gilt es zu vermeiden. Aus denselben Gründen
fällt eine Vereinigung der Verfahren beim militärischen Richter, der überdies
auf die Beurteilung von Vermögensdelikten nicht spezialisiert ist, ausser
Betracht.

Da die unter Militärstrafgerichtsbarkeit fallenden Sachverhalte mit jenen, die
auf der zivilen Seite verfolgt werden, in keinem direkten Zusammenhang stehen,
drängt sich auch aus diesem Grund eine Vereinigung nicht auf. Vielmehr
gestattet es die getrennte Führung der beiden Verfahren, sachlich
zusammengehörende Komplexe (Verdacht auf Verletzung von
Informationsschutzvorschriften bei der Produktion des EBG einerseits, Verdacht
vermögensrechtlicher Delikte andererseits) je im Gesamtzusammenhang und unter
Einbezug aller allfällig (mit)verantwortlichen Personen zu beurteilen.

Für Rückfragen:	Brigadier Jürg van Wijnkoop, Oberauditor
031 / 324 33 01

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