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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Schärfere Bestimmungen für die Telefonüberwachung

Schärfere Bestimmungen für die Telefonüberwachung
Vernehmlassungsverfahren zum Bundesgesetz über die Überwachung des Post- und
Fernmelde-verkehrs eröffnet

Der Bundesrat hat am Montag das Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement
(EJPD) ermächtigt, die Vernehmlassung zum Vorentwurf eines Bundesgesetzes über
die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs sowie den Ein-satz technischer
Überwachungsgeräte zu eröffnen. Sie dauert bis zum 31. August 1997.
Die Voraussetzungen für eine Überwachung des Post- und Fernmelde-verkehrs oder
für den Einsatz technischer Überwachungsgeräte sollen verschärft werden: Eine
Überwachungsmassnahme soll zwar weiterhin bei allen Verbre-chen angeordnet
werden können, aber nur noch bei denjenigen Vergehen, die in schweren Fällen
oder bei Vorliegen besonderer Merkmale als Verbrechen bestraft werden. Zudem
müssen im Zeitpunkt der Anordnung konkrete Hinweise auf ein schweres Vergehen,
das als Verbrechen qualifiziert werden kann, vorliegen. In Zukunft kann eine
Überwachungsmass-nahme nur noch zur Verfolgung oder Verhinderung von 83 statt
bisher 181 Straftatbeständen angeord-net werden. Neben den im Strafgesetzbuch
genannten reinen Vergehenstatbeständen soll de lege ferenda auch bei sämtlichen
entsprechenden Verge-hen des Nebenstrafrechts die Anordnung von
Überwachungsmassnahmen entfallen (vgl. Presserohstoff 2).
Schaffung eines Überwachungsdienstes
Damit erfüllt der Vorentwurf eine zentrale Forderung der
Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrates: die Verkleinerung der Zahl
von Delikten, bei denen eine Überwachungsmassnahme angeordnet werden kann.
Verzichtet wurde hingegen auf die Schaffung eines eigentlichen
Deliktskataloges. Für den Bundesrat stand dabei die Frage der
Überwa-chungswürdigkeit einer Straftat im Vordergrund. Er erachtet es aber als
sinnvoller, das Ab-wägen zwischen privaten Interessen (Grundrechts- und
Persönlichkeitsschutz) und den In-teressen der Strafverfolgung im konkreten
Einzelfall einer richterlichen Behörde, die dabei das
Verhältnismässigkeitsprinzip anwenden kann, anzuvertrauen. So wird die
Interessen-abwägung nicht einfach einem Deliktskatalog und den ge-setzgebenden
Organen überlassen.
Grundsätzlich führt der Vorentwurf das geltende Recht und die entspre-chende
Gerichts- und Überwachungspraxis weiter. Wie bisher muss die anordnende
Be-hörde eine Überwachungsmassnahme bei einem Gericht genehmigen lassen. Wenn
per 1. Januar 1998 das Post- und Fernmeldewesen liberalisiert wird, hätte nun
aber die Gefahr bestanden, dass die Strafverfolgungsbehörden zwar nach wie vor
eine Überwachung des Post- und Fernmeldever-kehrs hätten anordnen können, aber
nicht sicher gewesen wären, ob und von wem die Überwachung durchgeführt würde.
Diese organisatorische Lücke soll mit der Schaffung eines vom Bund betriebenen
Dienstes für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs ge-schlossen
werden. Da die Telecom nicht mehr als einzige Anbieterin auf dem Markt
auftre-ten wird, können ihr auch nicht die Aufgaben dieses Dienstes übertragen
werden. Es ist nicht anzunehmen, dass Telecom private Konkurrenzbetriebe
anweisen würde, wie eine Überwachung des Fern-meldeverkehrs durchzuführen sei.
Gemäss Vorentwurf, der auf die anderen Gesetzge-bungsvorlagen im Post- und
Fernmeldebereich abgestimmt ist, soll neu in einer einzigen gesetzlichen
Grundlage die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs für die ganze Schweiz
einheitlich geregelt werden.
Schutz der Privatsphäre gross geschrieben
Überwachungsmassnahmen bedeuten immer einen schweren Eingriff in die
persönliche Frei-heit bzw. in die Privatsphäre. Der Schutz der Betroffenen soll
durch folgende Massnahme verbessert werden: Bei der Überwachung einer
Telefonkabine oder einer Drittperson müssen die anordnenden Behörden, durch
geeignete Vorkehren verhindern, dass die Ermittler auch von Aufzeichnungen
Kenntnis nehmen, die mit dem Gegenstand der Ermittlungen in keinem Zusammenhang
stehen. Sollten die vorge-schlagenen Vorkehren nicht genügen, kann die
zuständige Genehmigungsbehörde zu-sätzliche Schutzvorkehrungen anordnen. Eine
Person, die nach dem anwendbaren Verfah-rensrecht als Berufsgeheimnisträgerin
zur Zeugnisverweigerung berechtigt ist, darf nur unter zwei Bedingungen
überwacht werden: wenn sie selber dringend verdächtig ist oder wenn aufgrund
bestimm-ter Tatsachen angenommen werden muss, dass eine beschuldigte Person
ihre Postadres-se oder ihren Fernmeldeanschluss benützt. Direkt-schaltungen
müssen speziell genehmigt werden.
Bei der Beratung des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren
Si-cherheit hatte der Ständerat als Erstrat beschlossen, grundsätzlich auch im
präventiven Be-reich geheime Überwachungsmassnahmen zuzulassen. Da der
Nationalrat damit nicht einverstanden war, kamen die GPK des Nationalrates und
das EJPD zunächst überein, die Revisionsarbeiten zu sistieren. Da sich der
Ständerat am 25. September 1996 der Meinung des Bundesrates und des
Nationalrates angeschlossen und ent-schieden hat, geheime
Überwachungsmassnahmen nicht im präventiven Bereich zuzulas-sen, können die
Revisionsarbeiten nun weitergehen.

2. Juni 1997

EIDGENÖSSISCHES
JUSTIZ-UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst

Weitere Auskünfte: Martin Keller (Tel. 031/ 324 48 20)