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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Verfolgte schützen

Verfolgte schützen

Aufruf des Bundespräsidenten zum nationalen Flüchtlingstag

Die Schweiz gehörte nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zuletzt aufgrund ihrer
Erfahrungen mit Flüchtlingen zu den ersten Staaten, welche die Genfer
Flüchtlingskonvention ratifizierten. Gemeinsam mit Gleichgesinnten verhalf sie
der Einsicht, dass Verfolgte geschützt werden müssen, zum Durchbruch.

Zu dieser humanitären Verpflichtung wollen wir auch heute stehen. Den Vollzug
der Genfer Flüchtlingskonvention dürfen wir nicht auf die jeweilige politische
Stimmungslage ausrichten.

Ich bin mir bewusst, dass die Asylpolitik heute sehr kontrovers ist. Die einen
möchten eine möglichst grosse Zahl von Schutzbedürftigen bei uns aufnehmen.
Andere sehen vor allem die Gefahren des Missbrauchs und beklagen sich über
renitente oder gar kriminelle Asylbewerber. Das darf aber nicht als Vorwand
dienen, allen Asylsuchenden mit Misstrauen zu begegnen oder gar die Idee der
Schutzgewährung in Frage zu stellen. Hingegen gilt es, Missbräuche zu bekämpfen
und ablehnende Asylentscheide konsequent zu vollziehen. Der Bundesrat ist
überzeugt, dass sich so weiterhin eine Mehrheit der Schweizerinnen und
Schweizer hinter seine humanitäre Asylpolitik stellen wird.

Für die laufende Legislaturperiode hat der Bundesrat Ziele formuliert, die mit
dem Motto des diesjährigen Flüchtlingstages übereinstimmen: Jenen Schutz
gewähren, die ihn wirklich brauchen, und die Integration jener Ausländer
verbessern, die in unserem Land ein Bleiberecht haben. Je besser sich
Ausländerinnen und Ausländer bei uns einleben, desto weniger Spannungen
zwischen ihnen und der einheimischen Bevölkerung wird es geben.

Gefordert sind aber auch wir Schweizerinnen und Schweizer. Bemühen wir uns,
Fremde als Menschen wahrzunehmen, und lernen wir, auch ihr Anderssein zu
achten.

14.  Juni 1997
Arnold Koller
Bundespräsident