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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Erklärung des Bundesrates vom 7.1.1997

Erklärung des Bundesrates

In den letzten Tagen haben sich Erklärungen, Reaktionen, Forderungen und
Missverständnisse zur Haltung der Schweiz in der Frage des Verbleibs der
nachrichtenlosen Vermögen gehäuft. Der Bundesrat hat heute morgen an einer
Telefon-Konferenz darüber beraten. Er beschloss dabei, seine Haltung in dieser
Frage nochmals klar darzulegen.

Der Bundesrat ist gewillt, die Haltung der Schweiz vor, während und nach dem
zweiten Weltkrieg vollständig und ohne jegliche Einschränkung zu klären.
Zusammen mit dem Parlament hat er einen umfassenden Prozess in die Wege
geleitet. Ziel dieses Prozesses ist die Wahrheitsfindung.

Die Einsetzung der von Professor Bergier geleiteten Expertenkommission, in der
international anerkannte Fachleute mitwirken, unterstreicht den
unvoreingenommenen Willen, die Wahrheit zu finden. Um dies zu verwirklichen,
hat das Parlament die nötigen Entscheide getroffen. Der in einmalig schneller
Zeit einstimmig verabschiedete dringliche Bundesbeschluss sieht u.a. vor, dass
der Kommission sämtliche Dokumente zur Verfügung stehen, insbesondere auch
diejenigen, die sonst durch das Bankgeheimnis gesperrt wären. Die von der
Schweizerischen Bankiervereinigung und dem jüdischen Weltkongress eingesetzte
Volcker-Kommission wird ihre Anstrengungen zur Abklärung allenfalls noch
bestehender Ansprüche von Shoah-Opfern und Nachfahren intensiv führen.

Die Suche nach der historischen Wahrheit in dieser dramatischen Zeit der
Geschichte braucht Zeit. Der Bundesrat betont aber bereits heute seinen Willen,
sich den Untersuchungsergebnissen vorbehaltlos zu stellen. Er wird, wie dies
schon im Parlament dargelegt worden ist, seine Schlussfolgerungen aufgrund
dieser Forschungsergebnisse ziehen. Sollten schon während der Zeit der
Erhebungen damalige Tatbestände definitiv erhärtet werden können, die ein
sofortiges Handeln erfordern, so wird der Bundesrat die notwendigen Schritte
prüfen. Dies gilt auch im Hinblick auf die verschiedenen Vorschläge nach
finanzieller Entschädigung, die in jüngster Zeit vorgebracht worden sind.

Klar ist auch, dass entsprechende nachrichtenlose Gelder, welche auf Bankkonti
liegen, einer sinnvollen Verwendung zuzuführen sind. In diesem Bereich ist der
Bundesrat bereit, mit den Banken und den interessierten Organisationen sofort
Gespräche über die Schaffung eines Fonds zugunsten der Holocaust-Opfer und
ihrer Nachkommen zu führen.

Mit all diesen Massnahmen zeigt die Schweiz, dass sie bereit ist, ihre
Vergangenheit selbstkritisch aufzuarbeiten. Sie tut dies in einem Geist der
Offenheit und der Klarheit. Sie erwartet, dass ihr guter Wille nicht
angezweifelt wird. Die Schweiz ersucht alle betroffenen Organisationen und
Behörden, mit ihr in einem offenen Dialog und ohne Vorurteil
zusammenzuarbeiten. Die Suche nach der Wahrheit und der Wille zur Solidarität
mit den Opfern des Holocaust sollen die einzige Triebkraft all dieser
Bemühungen sein.

7.1.97