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Was veraltet oder überzählig ist, muss weg

P r e s s e r o h s t o f f zur Pressemitteilung vom 27. Februar 1997

Liquidation ist Teil des Lebensweges von Armeematerial und -einrichtungen

Was veraltet oder überzählig ist, muss weg

Liquidationsprozesse sind nicht nur für die Armee problematisch. Die ganze
westliche Konsumgesellschaft ist seit langem stark für diese Themen
sensibilisiert: Abfall ist nicht gleich Abfall - Entsorgung, Recycling und
Umweltverträglichkeit stellen heute berechtigte Forderungen dar. Die
Technologieentwicklung verkürzt aber nicht nur die Nutzungsdauer von
technischem Gerät, sie bringt auch neue, umweltverträgliche Entsorgungs- und
Recyclingmöglichkeiten. Derartige Möglichkeiten nutzt das EMD, um der Menge an
Liquidationsmaterial, welche die Armeereform 95 mit sich bringt, Herr zu
werden. Die EMD-Geschäftsleitung und die Planungsorgane haben sich schon
verschiedentlich mit den umfassenden Massnahmen der Liquidation befasst und
Entscheide zu einigen grossen Brocken getroffen. Beschlüsse zu weiteren
Liquidationskonzepten folgen in den nächsten Monaten.

Die Verkleinerung der Armee und eine neue Einsatzdoktrin stellen
Herausforderungen an die Liquidationsplanung, welche den courant normal
übersteigen. Neben den alljährlich stattfindenden ordentlichen Liquidationen
fällt nun, wegen der Verkleinerung der Armee um einen Drittel, zusätzliches
Material zur Liquidation an. Durch die Verkleinerung wird die Menge des
normalerweise zu liquidierenden Materials vervierfacht. Rund 3000
Ausrüstungsgegenstände mussten auf ihre weiteren Verwendungsmöglichkeiten hin
überprüft werden. Davon werden nun etwa 600 verschiedene Gegenstände teilweise
oder vollständig liquidiert.

Der erweiterte Armeeauftrag und die neue Einsatzkonzeption sind weitere Gründe
für das Anfallen von zusätzlichem Liquidationsmaterial: Obschon die
Landesverteidigung weiterhin Hauptaufgabe der Armee ist, macht die neue
Konzeption der dynamischen Raumverteidigung Teile des alten, statischen
Gerippes überflüssig, ruft aber gleichzeitig nach effizienteren Mitteln zur
Erhöhung der Beweglichkeit. Ein Beispiel: Anstatt verbunkerte Kampfstellungen
sind für die Armee 95 vermehrt Schützenpanzer gefragt.

Geringere Nutzungsdauer

Auch das veränderte internationale Umfeld muss berücksichtigt werden. So ist
ein überraschender Angriff auf die Schweiz heute unwahrscheinlich; deswegen
hält die Armee auch weniger Material in einer hohen Bereitschaft, wodurch sie
Lager- und Bewirtschaftungskosten einsparen kann.
Die Dauer, während der sich militärisches Gerät nutzen lässt, ist geringer
geworden. Technologiesprünge führen dazu, dass Material rascher als früher
ersetzt werden muss. Das EMD ist sich bewusst, dass parallel dazu auch die
Anforderungen an die Liquidationsprozesse steigen. Wenn Material auf
verschiedene Arten liquidiert werden kann, ist die Wirtschaftlichkeit zunehmend
ein zentrales Anliegen. Der Spardruck zwingt das EMD zu kostengünstigen
Lösungen. Deshalb wird, soweit möglich, Material verkauft.

Liquidation nach klaren Grundsätzen

Verschiedene Entsorgungsvarianten wurden auf ihre Wirtschaftlichkeit und
Umweltverträglichkeit hin geprüft. Liquidationen haben sich an gesetzliche und
vertragliche Vorgaben zu halten: Das Kriegsmaterialgesetz verbietet in vielen
Fällen einen Verkauf, und militärische Bauten in Landwirtschaftszonen dürfen
nicht einer zivilen Nutzung übergeben werden. Andererseits kann es sich die
Armee nicht leisten, nicht mehr verwendete Ausrüstungen und Bauten zu
unterhalten, da dies mit hohen Kosten verbunden ist.
Ausserdem spielen strategische Überlegungen zur weiteren Entwicklung der Armee
eine Rolle, besonders dann, wenn schon feststeht, welche Systeme mittelfristig
eliminiert oder ersetzt werden müssen. Nach all diesen Grundsätzen erarbeitet
das EMD einen Liquidationsplan und legt damit fest, welches Material zu welcher
Zeit liquidiert werden soll.

Liquidation ist nicht gleich Liquidation

Das EMD hat indessen nicht bis zur Armeereform 95 gewartet:
Liquidationsprobleme im Zusammenhang mit dem Übergang zur Armee 95 wurden seit
Beginn der neunziger Jahre angepackt. Zur Zeit ist der Stand dieser
Liquidationsgeschäfte in den Bereichen Material, Fahrzeuge und Munition
unterschiedlich. Im Durchschnitt wurde seit Beginn der neunziger Jahre bis
heute etwa ein Drittel des anfallenden Materials liquidiert.
Wann und wie Armeematerial liquidiert wird, kann erst nach gründlichen
Abklärungen der Kostenfragen, der rechtlichen Vorschriften und der Auflagen des
Umweltschutzes entschieden werden. Kosten durch die Lagerung bis zum Zeitpunkt
der Liquidation, durch Transporte zu Entsorgungseinrichtungen und durch
technische Entsorgungsprozesse selbst werden optimiert. Die kostengünstigste
Liquidationsvariante ist nach wie vor der Verkauf von Material.
Liquidieren heisst nicht einfach Zerstören von Material. In erster Linie werden
Weiterverwendungsmöglichkeiten innerhalb und ausserhalb der Armee geprüft. Die
dem Zivilschutz zur Verfügung gestellten Motorspritzen, Scheinwerfer Tilley und
gelben Zivilschutzhelme sind Beispiele dafür.

Via Liquidationsshop zu den Kunden

Soweit das Kriegsmaterialgesetz dies zulässt, ist der Verkauf eine vorteilhafte
Möglichkeit der Liquidation. Das EMD verkauft hauptsächlich an den
En-gros-Handel (etwa 80 Prozent), der Rest wird der alljährlichen Versteigerung
in Thun und den Liquidations-shops der Zeughausbetriebe Thun, Meiringen und
Seewen SZ oder dem Einzelverkauf zugeführt. Die Eröffnung weiterer
Liquidationsshops wird gegenwärtig geprüft.
Gratisabgabe an Staaten wie Albanien, Estland, Lettland und Litauen, an
Drittweltländer oder humanitäre Organisationen bietet für bestimmte
Materialkategorien eine weitere Möglichkeit. Ein kleiner Teil wird Museen und
Sammlern abgegeben.

Material, das entsorgt werden muss, wird nach umweltgerechten Kriterien
teilweise dem Recycling zugeführt, teilweise vernichtet. Darunter fällt auch
Material, das aus Geheimhaltungsgründen vernichtet werden muss, so etwa
Übermittlungs- und Chiffriergeräte.

Liquidation von Material

Die Verkleinerung der Armee und die neue Einsatzdoktrin führten zu Mengen an zu
liquidierendem Material, die weit über die alljährliche Routine hinausgehen.
Trotzdem will das EMD diese ausserordentlichen Liquidationsmengen
wirtschaftlich, umweltverträglich und im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben
bewältigen.

Dass sich dieser Prozess über die nächsten Jahre hinziehen wird, ist angesichts
des Umfangs der Vorhaben klar. Dennoch ist niemand daran interessiert,
Liquidationsmaterial über Gebühr lange zu lagern - im Gegenteil: Durch
freiwerdenden Lagerraum können Kosten eingespart werden. Die Entsorgung
gewisser Materialkategorien wie z. B. Munition und Batterien verursacht so oder
so hohe Kosten. Im Vergleich dazu sind die Entsorgungskosten für Material und
Fahrzeuge relativ gering: Seit Beginn der neunziger Jahre wurden dafür rund 1
Mio. Franken aufgewendet.

· Veraltetes, überzähliges und zu unterhaltsaufwendiges Material wird
liquidiert

Bereits vor der Armeereform wurde regelmässig alte Ware ausgesondert und
liquidiert. Die ganze Hunterflotte, die Centurion-Kampfpanzer, die
9-cm-Panzerabwehr-kanone (Pak) und die 10,5-cm-Kanone sind Beispiele dafür.
Neben der Verkleinerung der Armee führte die Einführung der Kampfbekleidung und
Gefechtspackung 90 sowie der Ausgangsbekleidung 95 zu überzähligen Textilien.
Seit 1992 wurden bereits rund 5´000 Tonnen persönliche Ausrüstung (Mützen,
Waffenröcke, Hosen, Mäntel, Gepäck usw. inklusive Reserven und
Ausgangsmaterial) einem Recycling-Prozess zugeführt oder an Grossisten verkauft
(Verkaufspreis durchschnittlich 200 Franken pro Tonne).

· Die Armee 95 ist operationell - die Liquidation beansprucht noch einige Jahre

Die Funktionalität der Kampfbekleidung 90 und das gewünschte einheitliche
Erscheinungsbild mit der Ausgangsuniform 95 haben wesentlich dazu beigetragen,
die Einführung der neuen Bekleidung voranzutreiben. Dadurch müssen jetzt
Militärkleider liquidiert werden, die - rein funktional betrachtet - noch
mehrere Jahre hätten getragen werden können. Die Reserven konnten jedoch nicht
sukzessive abgebaut werden, die Liquidation von Textilien geht deshalb weiter.
Eine Anzahl Ausgangsuniformen der alten Ordonnanz 72 muss weiterhin vorhanden
sein, um die Retablierung (Umtausch) bis ungefähr ins Jahr 2010
sicherzustellen.

Für die kommenden Jahre stehen aber im Bereich der persönlichen Ausrüstung pro
Jahr noch ca. 300 bis 500 Tonnen zur Liquidation an. Vorgesehen ist, die
überzähligen Militärtextilien über dieselben Absatzkanäle wie bisher zu
liquidieren, denn Hilfswerke und andere humanitäre Organisationen haben, vorab
wegen mangelnder Lagerkapazität, kein Interesse an diesen Militärtextilien.

· Armeefahrrad, Haflinger, Pinzgauer an der Gant in Thun

Die Radfahrertruppe hat das neue Armeefahrrad 93, bei den anderen Truppen wird
das alte Armeefahrrad nicht ersetzt. Die alten Modelle werden aber
vereinheitlicht, um deren Bewirtschaftung effizienter und billiger zu machen.
Durch diese Massnahmen und bei einer kleineren Reservehaltung sind 11´000 alte
Fahrräder auszumustern.

Die auf die Armee 95 abgestimmte Motorisierung beschränkt die
Armee-Fahrzeug-flotte auf eine für die Ausbildung minimal notwendige Zahl. Seit
1992 wurden bereits 9´000 alte Fahrzeuge wie Jeeps, Unimog S, Haflinger,
Motorräder, Lastwagen 2DM und Steyr wie auch Anhänger verkauft - der Grossteil
davon an der alljährlichen Versteigerung in Thun. Die weitere Liquidation von
3´700 Lastwagen, Unimog S und Pinzgauer steht in den nächsten Jahren an.

Liquidation von Munition

Die Armee benötigt in ihrer heutigen Struktur bedeutend weniger
Munitionsvorräte für den Konfliktfall. Zudem verbieten neue völkerrechtliche
Abkommen Personenminen.
Munitionsliquidation erfolgt nach folgenden Grundsätzen:

· Weiterverwendung und Umlaborierung für die Ausbildung;

· Umarbeitung verwendbarer Komponenten für laufende Neuproduktionen;

· Verkauf von wiederverwendbaren Grundmaterialien auf dem Markt;

· Zerlegung und Vernichtung nur dann, wenn kein anderes Vorgehen möglich ist.

Ausschlaggebend sind die Kapazität der Industrie und finanzielle Mittel. Die
Munitionsliquidation als Folge der Armeereform wird sich noch über die nächsten
zehn Jahre hinziehen. Die jährlichen Kosten dafür werden auf 10 bis 20 Mio.
Franken geschätzt.

· Tonnenweise Munition und Minen zu vernichten

Die Verkleinerung der Armeebestände und der Wegfall von Waffensystemen bedingen
eine Liquidation von 45´000 Tonnen 10,5 cm Artilleriegeschossen, 1´800 Tonnen
Gewehrgranaten 58, 1´600 Tonnen 8,3 cm Raketenrohr-Munition, 7´000 Tonnen
Handgranaten 43. Zu liquidieren sind auch nahezu 10´000 Tonnen Minen, die
teilweise nicht mehr im Einklang mit neueren völkerrechtlichen Bestimmungen
stehen. Die Liquidation von Munition als Folge der Armeereform wurde zu Beginn
der neunziger Jahre eingeleitet und wird bis über das Jahr 2000 hinaus dauern.

Liquidation von Armeebauten und Infrastruktur

Unter Berücksichtigung der beim Erwerb durch das EMD abgeschlossenen Verträge
werden die freiwerdenden Bauten und Grundstücke den übrigen Departementen des
Bundes, den Standortkantonen und den Standortgemeinden (in dieser Reihenfolge)
zum Erwerb oder zur Nutzung angeboten. Erste Verhandlungen sind eingeleitet.
Wenn bei den öffentlichen Institutionen kein Interesse besteht, können die
Immobilien durch Dritte (Privatpersonen oder Firmen) erworben werden.
· Einschränkungen bei der Nachnutzung freiwerdender Bauten und Grundstücke
Die Abgabe der freiwerdenden militärischen Flugplätze erfolgt erst nach
Vorliegen und in Berücksichtigung des Sachplans Infrastruktur der Luftfahrt
(SIL) des Bundesamts für Zivilluftfahrt (BAZL). Bei einigen Flugplätzen werden
einzelne Gebäude und Flugzeug-Unterstände künftig für andere militärische
Bedürfnisse genutzt. Ein erheblicher Teil der freiwerdenden Immobilien liegt in
Landwirtschaftszonen. Diese können mit Ausnahme der landwirtschaftlichen
Bewirtschaftung der Grundstücke somit durch Dritte nicht genutzt werden.

· Abgabe an Firmen und Private kaum vor 1998

Einzelne Flugplätze, Zeughäuser und Magazine werden (unter anderem in
Zusammenhang mit zu liquidierendem Material) noch bis 1999 genutzt. Die Prüfung
des Interesses durch die öffentlichen Institutionen läuft und dauert noch
mindestens bis 1997.

Anmeldungen interessierter Dritter werden von der Abteilung Bau- und
Liegenschaftswesen des Generalstabs gesammelt. Diese Abteilung wird im
Anschluss an die Prüfung der Interessen bei den öffentlichen Instanzen die
Verhandlungen mit den interessierten Dritten für die verbleibenden Grundstücke
und Bauten einleiten. Somit ist mit einer Übernahme durch Dritte vor 1998 kaum
zu rechnen.

Bauten und Infrastruktureinrichtungen, für die kein Interesse besteht, werden
entweder abgebrochen oder in einem Zustand mit geringem Unterhaltsaufwand
stillgelegt. Weil das EMD hier erst am Anfang steht, liegen noch keine
Erfahrungswerte für die Liquidationskosten von Armeebauten und Infrastruktur
vor.

Für weitere Auskünfte:Divisionär Paul Müller, Unterstabschef Planung
Generalstab, Tel. 031/324.51.93

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