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Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Ein eidgenössisches Anwaltsgesetz

Ein eidgenössisches Anwaltsgesetz

Bundesrat eröffnet die Vernehmlassung zum Anwaltsgesetz

Der Bundesrat hat am Mittwoch den Vernehmlassungsentwurf für ein Bundesgesetz
über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz)
verabschiedet. Die Kantone, die politischen Parteien und die interessierten
Kreise haben Gelegenheit, sich bis zum 31. August 1997 dazu zu äussern.

Notwendigkeit eines Bundesgesetzes

Zur Zeit praktizieren in der Schweiz rund 6000 Anwältinnen und Anwälte. Ihre
Zahl nimmt laufend zu und hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt.
Ihre Mobilität wächst ebenfalls. Oft treten die Anwältinnen und Anwälte heute
in mehreren Kantonen vor Gericht auf.

Das Anwaltsrecht ist derzeit auf kantonaler Ebene geregelt. Ein Bundesgesetz
über die interkantonale Anerkennung der kantonalen Anwaltspatente existiert
bisher trotz Auftrag in der Bundesverfassung (Art. 33 Abs. 2 BV) nicht. Die
Anwältinnen und Anwälte können ihren Beruf zwar bereits heute in der ganzen
Schweiz ausüben (aufgrund von Art. 5 Übergangsbestimmungen BV und der
Rechtsprechung des Bundesgerichts). Sie müssen aber in jedem Kanton, in dem sie
Parteien vor Gericht vertreten wollen, eine Berufsausübungsbewilligung
einholen, wofür eine Gebühr erhoben wird. Zudem kann ein Kanton nicht nur
prüfen, ob die Anwältinnen und Anwälte aus einem anderen Kanton über ein
Anwaltspatent verfügen, sondern auch, ob sie gewisse persönliche
Voraussetzungen erfüllen (z.B. guter Leumund, Zahlungsfähigkeit). Das
Binnenmarktgesetz, das am 1. Juli 1996 in Kraft getreten ist, bringt
diesbezüglich keine Erleichterung, da es insbesondere eine Prüfung der
persönlichen Voraussetzungen der Anwältinnen und Anwälte nicht ausschliesst.
Die Aufhebung dieser bürokratischen Berufsausübungs-bewilligungsverfahren und
die Garantie einer interkantonalen Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwält
entsprechen einem vielgeäusserten Wunsch. Bei den Vorbereitungsarbeiten für den
Vernehmlassungsentwurf hat auch der Schweizerische Anwaltsverband massgeblich
mitgewirkt.

Modalitäten der Freizügigkeit

Nach dem Vernehmlassungsentwurf soll die Freizügigkeit der Anwältinnen und
Anwälte durch den Ausbau der kantonalen Anwaltsregister gewährleistet werden.
Anwältinnen und Anwälte können sich in das Anwaltsregister desjenigen Kantons
eintragen lassen, in dem sie eine Anwaltspraxis führen. Voraussetzung dafür ist
ein Anwaltspatent, das gewissen fachlichen Mindestanforderungen entspricht
(Lizenziat der Rechtswissenschaft sowie ein Praktikum von mindestens einem
Jahr, das mit einer Prüfung abgeschlossen worden ist). Weiter müssen bestimmte
persönliche Voraussetzungen erfüllt sein. Der Registereintrag erlaubt den
Anwältinnen und Anwälten, ohne zusätzliche Bewilligung in der ganzen Schweiz
tätig zu sein.

Flankierende Massnahmen

Als Ersatz für die Aufsicht, die mit den Berufsausübungsbewilligungen ausgeübt
wird, sieht der Vernehmlassungsentwurf Bestimmungen über den Inhalt und die
laufende Aktualisierung der kantonalen Anwaltsregister sowie über die
Zusammenarbeit der kantonalen Aufsichtsbehörden vor. Die notwendigen Auskünfte
über die Anwältinnen und Anwälte sollen rasch und einfach verfügbar sein. Zudem
regelt der Gesetzesentwurf die wesentlichen Grundsätze für die Ausübung des
Anwaltsberufs; die wichtigsten kantonalen Berufsregeln werden auf Bundesebene
gehoben.

Eine weitere flankierende Massnahme stellt die Vereinheitlichung der
Disziplinarmassnahmen dar. Auch für den Bereich der Honorare schlägt der
Entwurf für alle Kantone eine einheitliche Lösung vor: Die Honorare für die
Parteienvertretung vor Gericht sollen in kantonalen Empfehlungen festgelegt
werden. Zudem soll jeder Kanton eine kantonale Behörde zur Überprüfung der
Honorare einsetzen.

Der Gesetzesentwurf respektiert jedoch die kantonalen Kompetenzen und sieht
eine Harmonisierung nur vor, soweit dies im Interesse der interkantonalen
Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte erwünscht ist.

Für den Fall eines Abschlusses der Vertragsverhandlungen zwischen der Schweiz
und der EU über die Liberalisierung des Personenverkehrs bietet der
Vernehmlassungsentwurf - zusammen mit den kantonalen Gesetzen, die weiterhin
die Ausübung der Anwaltstätigkeit innerhalb des Kantonsgebiets regeln -  zudem
den geeigneten Rahmen für die Verwirklichung der europaweiten Freizügigkeit der
Anwältinnen und Anwälte.

16. April 1997

EIDGENÖSSISCHES
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Informations-und Pressedienst

Weitere Auskünfte:	Bundesamt für Justiz, Frau Danièle Malaguerra (Tel. 322
40 97)und Herr Jean-Christophe Geiser (Tel. 322 53 99)