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Bundesrat Koller in Budapest: Unterzeichnung eines gemeinsamen Protoko

Pressemitteilung

Bundesrat Koller in Budapest: Unterzeichnung eines gemeinsamen Protokolls zur
verstärkten Bekämpfung des Organisierten Verbrechens

Bundesrat Arnold Koller hat auf Einladung des ungarischen Justizministers Pal
Vastagh am Donnerstag und Freitag Besprechungen in Budapest geführt. Die beiden
Minister unterzeichneten eine Absichterklärung zur vertieften Zusammenarbeit im
Rahmen der ungarischen Justizreform und im Bereich der Rechtshilfe in Zivil-
und Strafsachen. Der Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartements (EJPD) traf auch mit dem ungarischen Vizepremier- und
Innenminister Gabor Kuncze zusammen. Sie vereinbarten eine Verstärkung des
gemeinsamen Kampfes gegen das internationale Verbrechen und unterzeichneten
dazu ein Protokoll.

Ungarn ist das Schwerpunktland der Ostshilfeprojekte des EJPD. Rund 250
ungarische Richterinnen und Richter weilten bereits zu mehrwöchigen
theoretischen und praktischen Ausbildungskursen in der Schweiz. Diese Kurse,
die Ungarn als sehr nützlich bezeichnet hat, sollen künftig nach dem Willen der
ungarischen Seite konzentriert werden auf Fragen des Konsumentenschutzes, der
Produktehaftung, des Zwangsvollstreckungsrechts, der Richterausbildung und
-stellung sowie des Strafvollzugs. Justizminister Vastagh und Bundesrat Koller
stellten fest, dass die gegenseitige Rechtshilfe - auf der Basis des
Europäischen Rechtshilfe- und Auslieferungsübereinkommens - problemlos
funktioniere. Der Minister bekundete den festen Willen Ungarns, der
Lugano-Konvention über die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsurteilen
beizutreten, und ersuchte dafür die Unterstützung der Schweiz. Als
ausserordentlich wertvoll bezeichnete er den Bericht einer schweizerischen
Expertenkommission zur Justizreform in Ungarn, wofür er sich bedankte. Die
Empfehlungen hinsichtlich der Unabhängigkeit der Gerichte und der Stellung der
Richter, der Selbstverwaltung der Gerichte, des Beförderungswesens der Richter
wie auch der Aufsicht über die Anwälte seien bereits in die gesetzgeberische
Arbeit eingeflossen. Der Minister ersuchte die Schweiz, diese Reformprojekte
weiterhin mit Experten zu begleiten und konkrete Reorganisationsvorhaben im
Gerichtswesen zu unterstützen. Zu diesem Zweck unterzeichneten die beiden
Minister eine Absichtserklärung zur weiteren Zusammenarbeit auf dem Gebiet der
Justizreform.

Im Mittelpunkt des Gesprächs mit Innenminister Kuncze stand eine
Lagebeurteilung in Fragen der inneren Sicherheit und bei der Bekämpfung der
internationalen Kriminalität. Beide Seiten stuften das Organisierte Verbrechen
als eine Hauptbedrohung ein. Minister Kuncze und Bundesrat Koller stimmten
darin überein, dass die enge Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der
Kriminalität, insbesondere des Organisierten Verbrechens, des verbotenen
Rauschgifthandels, des Terrorismus, des illegalen Waffenhandels sowie der
Schleusertätigkeit und des Menschenhandels, von wesentlicher Bedeutung sind.
Die beiden Minister unterzeichneten ein Protokoll, worin sie den klaren Willen
bekunden, auf diesen Gebieten die Zusammenarbeit zu verstärken. Um den für eine
wirksame Verbrechensbekämpfung notwendigen raschen Datenaustausch und
gemeinsame Ermittlungen zu ermöglichen, soll eine staatsvertragliche
Vereinbarung getroffen werden. Die Verhandlungen werden in Kürze aufgenommen.

Auf dem Gebiet des Polizeiwesens findet zwischen der Schweiz und Ungarn schon
seit mehreren Jahren eine intensive Zusammenarbeit statt. Die Schweiz
unterstützte massgeblich die Reorganisation des ungarischen Polizeiwesens zur
Schaffung einer demokratischen, rechtsstaatlichen und bürgernahen Polizei. Der
Innenminister anerkannte diesen

schweizerischen Beitrag ausdrücklich. Auch der Erfahrungsautausch und die enge
Zusammenarbeit mit den kantonalen Polizeikorps, beispielsweise auf dem Gebiet
der Fahrzeugfahndung und der Drogendelikte, haben erfreuliche Erfolge
gezeitigt. Innenminister Kuncze bat die Schweiz, den Reorganisationsprozess
weiterhin zu unterstützen, vorab im Ausbildungs- und Ausweiswesen, beim
Strafregister und beim Ausbau der Informatik. Die Schweiz wird Ungarn in diesem
Zusammenhang ein Fingerabdrucksystem liefern. Die beide Minister pflegten im
übrigen auch einen Meinungsaustausch zu Migrationsfragen und zur Rückführung
der Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien.

Bundesrat Koller traf ferner mit dem Präsidenten der Verfassungskommission des
ungarischen Parlamentes, Peter Hack, zusammen. Dieser orientiere über die Ziele
und den Stand wie auch das Verfahren der Gesamtrevision der ungarischen
Verfassung. Beide Seiten betonten die Bedeutung einer unabhängigen und
wirksamen Justiz für den Rechtsstaat. Der Präsident der Verfassungskommission
anerkannte den Beitrag der Schweiz, insbesondere den Bericht der
Expertenkommission, zur ungarischen Justiz-Reform.

Bundesrat Koller war u. a. begleitet vom stv. Direktor des Bundesamtes für
Polizeiwesen, Jean-Luc Vez, vom Chef der Bundespolizei, Urs von Daeniken, und
von alt Regierungsrat Alfred Rötheli, Präsident der Arbeitsgruppe Justizreform
Ungarn.

19. April 1996

EIDGENÖSSISCHES
JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst