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Mehr Sicherheit im Strassenverkehr

Pressemitteilung

Mehr Sicherheit im Strassenverkehr
Bundesrat eröffnet Vernehmlassung zur Revision des Strassenverkehrsgesetzes

Die Fahrausbildung soll verbessert werden, Atemluftkontrollen sollen ohne
Anzeichen von Angetrunkenheit möglich sein. Überdies will man gegen
Fahrzeugführer unter Betäubungsmittel- oder Arzneimitteleinfluss wirksamer
vorgehen und die Sanktionen gegen Wiederholungstäter kaskadenartig verschärfen.
Ziel dieses Massnahmenpakets ist es die Sicherheit im Strassenverkehr zu
erhöhen. Zudem besteht die Absicht, damit Fahrzeugimport und -handel weiter zu
liberalisieren. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Justiz- und
Polizeidepartement (EJPD) ermächtigt, diese Vorschläge im Rahmen der Revision
des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) bis Ende August 1996 in die Vernehmlassung
zu schicken.

Um die bei Neulenkern übermässig hohe Unfallquote zu senken, soll die
Fahrausbildung verbessert werden. Vorgeschlagen wird eine Zweiphasenausbildung:
Nach bestandener Führerprüfung (Ausbildungsphase 1) wird der Führerausweis auf
drei Jahre befristet abgegeben. Während dieser Zeit muss sich der Neulenker
obligatorisch weiterbilden (Ausbildungsphase 2). Bei verkehrsgefährdenden
Widerhandlungen während der dreijährigen Bewährungsfrist riskiert er, dass er
die Führerprüfung wiederholen muss (Führerausweis auf Probe). Der Führerausweis
wird definitiv erst nach Abschluss der zweiten Phase erteilt. Zur Diskussion
steht auch der Vorschlag des TCS, eine freiwillige, vorgezogene Fahrausbildung
(Erteilung des Lernfahrausweises ab 16 Jahren, Zulassung zur Führerprüfung ab
18 Jahren) einzuführen. Die Zweiphasenausbildung sowie die vorgezogene
Fahrausbildung könnten sich sinnvoll ergänzen und sowohl miteinander als auch
unbhängig voneinander realisiert werden.

Wirksameres Vorgehen gegen angetrunkene Fahrzeugführer...
Um wirksamer gegen angetrunkene Fahrzeugführer vorzugehen, sollen
Atemluftkontrollen neu auch ohne Anzeichen von Angetrunkenheit ermöglicht
werden. Die Alkoholisierung ist im Grenzbereich von 0,8 0/00 - bei starken
Trinkern, von denen die höchste Unfallgefahr ausgeht, auch bei sehr hoher
Blutalkoholkonzentration (z. T. über 3 0/00) - oft durch keine äusseren
Anzeichen feststellbar. Um auch diese Personen - bevor es zu einem Unfall kommt
- aus dem Verkehr ziehen zu können, soll die Polizei auch ohne Verdacht
Atemluftkontrollen anordnen können. Mit der verdachtsfreien Atemprobe wird die
Prävention verbessert, da alle jederzeit mit einem Atemtest rechnen müssen.
Zudem können vermehrt alkoholisierte Fahrzeuglenker entdeckt und damit die Zahl
der Unfälle verringert werden.

... und gegen Fahrzeugführer unter Betäubungsmittel- und Arzneimitteleinfluss
Gegen Fahrzeugführer unter Betäubungsmittel- und Arzneimitteleinfluss soll in
der ganzen Schweiz einheitlich vorgegangen werden. Heute können nur aufgrund
der unterschiedlichen kantonalen Strafprozessordnungen Untersuchungen
angeordnet werden, um die Fahrunfähigkeit nachzuweisen. Neu soll das Kontroll-
und Untersuchungsverfahren einheitlich auf Bundesebene geregelt werden.
Voraussetzung für die Abklärung im Einzelfall ist ein begründeter Verdacht, da
die Untersuchungen (Urin- und Blutprobe) in die körperliche Integrität
eingreifen.

Anders als beim Alkohol kann bei Betäubungsmitteln aus medizinischer Sicht
keine Grenze festgelegt werden, bei deren Ueberschreitung die Fahrunfähigkeit
eindeutig erwiesen ist. Da diese Abklärung im Einzelfall sehr kostspielig ist
und da jegliches Fahren unter Betäubungsmitteleinfluss mit grossen Risiken
verbunden ist, soll ein Grenzwert 0 eingeführt werden. Wer Betäubungsmittel
konsumiert, verzichtet auf die Teilnahme am Verkehr, um nicht andere
Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Differenziert werden soll hingegen bei den
Arzneimitteln, da diese sowohl die Fahrfähigkeit beeinträchtigen als auch
(wieder) herstellen können. Es soll deshalb immer im konkreten Fall abgeklärt
werden, ob eine Person unter Arzneimitteleinfluss fahrunfähig ist oder nicht.

Kaskadenartige Verschärfung der Sanktionen
Um härter gegen verkehrsgefährdende Wiederholungstäter vorzugehen, sollen die
Sanktionen kaskadenartig verschärft werden. Jede erneute Widerhandlung innert
bestimmter Fristen soll obligatorisch eine verschärfte Massnahme und letztlich
einen unbefristeten Führerausweisentzug zur Folge haben. Zudem soll die
bedingte vorzeitige Rückgabe entzogener Führerausweise erschwert und der
Strafrahmen für Fahren trotz Führerausweisentzug verschärft (Vergehen statt
Uebertretung) werden. Fahren ohne Führerausweis soll künftig neben einer Strafe
auch eine befristete Verweigerung des Lernfahr- oder Führerausweises zur Folge
haben.

Weitere Liberalisierung des Autoimports
Mit der am 1. Oktober 1995 in Kraft getretenen Verordnung über die
Typengenehmigung von Strassenfahrzeugen (TGV) ist der erste Schritt zur
Liberalisierung des Autoimports und -handels getan worden. Die Erteilung der
Typengenehmigung ist wesentlich vereinfacht worden, da nicht mehr jeder
Fahrzeugtyp in der Schweiz technisch geprüft werden muss. Ausländische
Genehmigungen können die technische Prüfung als Voraussetzung für die Erteilung
der schweizerischen Typengenehmigung ersetzen, wenn die angewandten
Vorschriften und die schweizerischen Vorschriften gleichwertig sind. Mit der
SVG-Revision soll nun der zweite Liberalisierungsschritt getan und das
Typengenehmigungsobligatorium aufgehoben werden: Damit könnte ganz auf die
schweizerische Typengenehmigung verzichtet werden, wenn ein Motorfahrzeug im
Ausland aufgrund von Ausrüstungs- und Prüfvorschriften typengenehmigt wurde,
die den schweizerischen Vorschriften entsprechen. Solche Fahrzeuge können
direkt bei der kantonalen Behörde zur Zulassung angemeldet werden.

Harmonisierung der Fahrzeugabmessungen
Um Behinderungen des grenzüberschreitenden Warenverkehrs abzubauen, soll der
Bundesrat die Kompetenz erhalten, die Vorschriften über die Ausmasse der
Fahrzeuge den internationalen Regelungen (insbesondere den EU-Richtlinien)
anzupassen. Die Harmonisierung der Fahrzeugabmessungen auf Stufe Verordnung
ermöglicht es, mit der raschen internationalen Entwicklung Schritt zu halten.
Die Fahrzeuggewichte, insbesondere die 28-Tonnen-Limite, sind davon nicht
betroffen und werden weiterhin im SVG festgeschrieben.

Aufhebung der Umtauschpflicht für Führerausweise
Die Pflicht zum Umtausch des Führerausweises bei jedem Wohnsitzwechsel über die
Kantonsgrenze ist im Zeitalter der Informatik nicht mehr zeitgemäss. Zudem wird
dadurch ein überflüssiger Verwaltungsaufwand verursacht, da jeder Kanton ein
eigenes Register über die Fahrberechtigungen führt, die bei jedem
Kantonswechsel neu erfasst werden müssen. In Zukunft soll deshalb bei einem
Wohnsitzwechsel innerhalb der Schweiz auf den Umtausch des Führerausweises
verzichtet werden. Voraussetzung für diese Erleichterung ist allerdings die
Erfassung der Führerdaten in einem gesamtschweizerischen Register. Das BAP soll
diese zentrale Datei mit den aktuellen Fahrberechtigungen aller Personen mit
schweizerischem Führerausweis und der in der Schweiz wohnhaften Personen mit
ausländischem Führerausweis führen. Dadurch werden die Kantone entlastet. Zudem
kann die Polizei leichter Personen ermitteln, die ohne Führerausweis oder trotz
Führerausweisentzug Motorfahrzeuge führen.

Kompetenz zur Anordnung von Geschwindigkeitsmassnahmen
Im Rahmen der Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen ist die
Kompetenz zur Anordnung von örtlich begrenzten Geschwindigkeitsmassnahmen auf
Autobahnen vom EJPD auf die Kantone übertragen worden; dem EJPD bleibt die
Bewilligung der vom Kanton vorgeschlagenen Tempomassnahmen vorbehalten. Da
diese seit dem 15. März 1992 geltende neue Regelung in verschiedenen
parlamentarischen Vorstössen kritisiert worden ist, wird die Rückübertragung
der Kompetenz ans EJPD zur Diskussion gestellt.

Fahrzeughalteradressen nicht mehr veröffentlichen
Wegen datenschutzrechtlicher Bedenken soll die Kompetenz der Kantone, die
Verzeichnisse der Fahrzeughalterdaten zu veröffentlichen, aufgehoben werden.
Seit diese Daten in weitere öffentliche Informationskanäle (u. a. Telefonnummer
111 und Videotex) gelangt sind, kann grundsätzlich jede Person zu jeder Zeit
und überall in der Schweiz die Identität eines Fahrzeughalters herausfinden.
Damit ist das Risiko von Persönlichkeitsverletzungen gewachsen.

EIDGENÖSSISCHES
JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst

17. April 1996