Schweizer Wappen

CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Homepage
Mail
Suche

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht: positive Zwischenbilanz trotz Anfa

Pressemitteilung

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht: positive Zwischenbilanz trotz
Anfangsschwierigkeiten

Am 1. Februar dieses Jahres trat das Bundesgesetz über Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht in Kraft. Es wurde geschaffen, um den Vollzug der Wegweisung von
illegal anwesenden Ausländern besser sicherstellen und um Missbräche im
Ausländer- und Asylrecht wirksamer bekämpfen zu können. Gespräche mit den
vollziehenden Behörden und eine Umfrage, die das Bundesamt für Flüchtlinge
(BFF) bei den Kantonen durchführte, erlauben nach sieben Monaten erste Aussagen
zur Wirksamkeit der Zwangsmassnahmen.

Heute verfügen alle Kantone mit Ausnahme des Kantons Jura über die nötigen
Ausführungserlasse. Aufgrund ihrer verschiedenartigen Bedürfnislagen wenden die
Kantone sie aber in sehr unterschiedlichem Ausmass an. Während im Kanton Zürich
bis Ende Juli bereits 2271 und in den Kantonen Basel-Stadt, Bern, St. Gallen,
Solothurn, Tessin, Graubünden und Wallis gesamthaft ebenfalls über tausend
Zwangsmassnahmen angeordnet wurden, ergingen in den übrigen Kantonen jeweils
unter fünfzig Verfügungen. Auffallend ist dabei die Zurückhaltung in der
Romandie. Gesamthaft ist die Zahl der vollzogenen Wegweisungen gegenüber der
Vorjahresperiode aber leicht gestiegen, und dies obwohl die Wegweisung von
Staatsangehörigen der Republik Jugoslawien seit November 1994 wegen der
Einreiserestriktionen Belgrads in fast 4000 Fällen blockiert ist. Dies führt
zum Schluss, dass die Zwangsmassnahmen bei den übrigen ausländischen
Staatsangehörigen zu wesentlichen Verbesserungen des Vollzugs geführt haben.
Von den Zwangsmassnahmen sind überwiegend illegal anwesende Ausländer
betroffen, die in der Schweiz kein Asylgesuch eingereicht haben.

Die Kantone haben die Wirksamkeit der neuen Massnahmen bejaht. Nach
übereinstimmender Auffassung der kantonalen und städtischen Behörden des
Kantons Zürich wäre die Schliessung des Drogenplatzes Letten ohne die neu
eingeführten Administrativmassnahmen nicht möglich gewesen. Die Anzahl der
aufgegriffenen ausländischen Drogenhändler ist vor allem im Kanton Zürich
zurückgegangen. Die Kantone haben auch die erhoffte präventive Wirkung des
Gesetzes bestätigt.  Ausländer sind unter dem neuen Recht, das bei
Verheimlichung der Identität eine Ausschaffungshaft von maximal neun Monaten
Dauer erlaubt, häufig rascher bereit, ihre Identität offenzulegen.

Entgegen vielfach geäusserter Befürchtungen im Vorfeld der Abstimmung über das
neue Gesetz, kann heute festgestellt werden, dass die neuen Bestimmungen -
trotz intensiver bundesgerichtlicher Kontrolle - weder verfassungs- noch
völkerrechtliche Vorschriften verletzen. Die bisherige Praxis zeigt, dass der
vom Gesetzgeber vorgesehene Rechtsweg mit den dazu gehörenden Garantien,
namentlich der obligatorischen Haftüberprüfung durch einen unabhängigen
Richter, das hohe Rechtsgut der persönlichen Freiheit zu gewährleisten
vermögen.

Probleme traten in der ersten Phase der Umsetzung bei den Anwendungsmodalitäten
der neuen Administrativmassnahmen auf. Dies führte dazu, dass das Bundesgericht
rund ein Drittel der über vierzig Beschwerden guthiess, mit denen es bisher
befasst war. Der Bund wird deshalb weitere Tagungen mit den kantonalen
Fremdenpolizeiorganen organisieren, bei denen die bundesgerichtliche
Rechtsprechung analysiert wird. Dies mit dem Ziel, die Rechtsanwendung durch
die Kantone möglichst rasch zu vereinheitlichen.

Weitere Anstrengungen müssen auch in bezug auf die Haftplätze für die
Vorbereitungs- und die Ausschaffungshaft unternommen werden. Hier sind in naher
Zukunft Verbesserungen zu erwarten. Der Bund leistet einen Beitrag von 18,4
Millionen Franken an den Bau des Ausschaffungsgefängnisses Kloten II. In
verschiedenen weiteren Kantonen sind Projekte in Planung. Am weitesten
fortgeschritten sind sie in den Kantonen Bern und Aargau, während das
Westschweizer Konkordat momentan die Standortfrage abklärt. Der Bundesrat ist
gewillt, solche Projekte der Kantone im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben
weiterhin finanziell zu unterstützen. Es liegt im Interesse des Bundes und der
Kantone, Hafteinrichtungen zu schaffen, die den gesetzlichen Anforderungen
entsprechen.

Das Bundesamt für Flüchtlinge ist im Begriff, die personellen und
organisatorischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass den Kantonen eine
verstärkte Unterstützung angeboten werden kann, wenn es darum geht, bei
undokumentierten abgewiesenen Asylsuchenden die für einen Vollzug der
Wegweisung notwendigen Reisepapiere zu beschaffen.

Die angeführten Massnahmen werden mithelfen, die noch bestehenden
Schwachstellen bei der Umsetzung der Zwangsmassnahmen zu beseitigen. Diese
Anfangsprobleme ändern aber nichts an der Notwendigkeit der Zwangsmassnahmen in
einer Situation, in der sich die Probleme im Asyl- und Ausländerrecht vom
Verfahrensbereich hin zum Vollzugsbereich verlagert haben. Eine glaubwürdige
Politik ist nach Auffassung von Bund und Kantonen unabdingbar mit der
Verhinderung von Missbräuchen und mit dem Vollzug rechtskräftig gefällter
Wegweisungsverfügungen verknüpft.

3003 Bern, 15. September 1995

EIDGENÖSSISCHES JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst

Anhang:

- Tabellarische Übersicht über die angeordneten Zwangsmassnahmen

- Bericht zum Stand der Dinge betreffend Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht.

Für weitere Auskünfte:
Urs Hadorn, Stv. Direktor BFF
Tel. 031 / 325 92 51