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Das neue Scheidungsrecht


Pressemitteilung

Das neue Scheidungsrecht

Revision des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Personenstand, Eheschliessung,
Scheidung, Kindesrecht, Verwandtenunterstützungspflicht, Heimstätten,
Vormundschaft und Ehevermittlung)

Der Bundesrat hat am 15. November die Botschaft zum neuen Scheidungsrecht
zuhanden der Eidgenössischen Räte verabschiedet. Damit ist ein bedeutender
Schritt im Rahmen der Gesamtrevision des Familienrechts gemacht worden. Das aus
dem Jahre 1907 stammende Scheidungsrecht wird den gewandelten Verhältnissen der
heutigen Gesellschaft angepasst.

Zentrale Punkte der bundesrätlichen Vorlage sind die Neukonzeption der
Scheidungsgründe, die Regelung der Kinderzuteilung, des nachehelichen
Unterhalts sowie der beruflichen Vorsorge (2. Säule) im Scheidungsfall. Der
Entwurf sieht nur noch drei Scheidungsgründe vor. Erstens soll inskünftig die
Scheidung auf gemeinsames Begehren der Ehegatten ohne richterliche Abklärung
der Verschuldensfrage möglich sein. Die Scheidungsklage nach 5jährigem
Getrenntleben der Ehegatten ist ebenfalls ohne Abklärung der Verschuldungsfrage
als zweiter Scheidungsgrund vorgesehen. In diesen Fällen gilt die Ehe als
unheilbar zerrüttet. Die Formalisierung der Scheidungsgründe soll zusätzlichen
Streit über die Scheidung im Interesse aller Beteiligten möglichst vermeiden.
Schliesslich soll drittens die Scheidung offenstehen, wenn die Fortsetzung der
Ehe, d.h. das Abwarten der fünfjährigen Trennungsfrist unzumutbar ist.

Bei der Kinderzuteilung soll das Kindeswohl wie bis anhin das entscheidende
Kriterium sein. Das geltende Recht hat sich in diesem Bereich grundsätzlich
bewährt. Grundlegende Aenderungen sind diesbezüglich nicht vorgesehen. Während
aber das Zivilgesetzbuch (ZGB) heute vorschreibt, dass das Sorgerecht bei der
Scheidung einem Elternteil allein zugewiesen werden muss, will der Entwurf auch
das bereits in den meisten europäischen Staaten eingeführte gemeinsame
Sorgerecht geschiedener Eltern ermöglichen. Gleichzeitig soll diese Möglichkeit
auch für die unverheirateten Eltern geschaffen werden. Der für das Kindesrecht
zentrale Gesichtspunkt des Kindeswohls erfordert eine solche Rechtsänderung,
weil Kinder unverheirateter Eltern nicht schlechter gestellt werden sollen als
Kinder geschiedener Eltern. Bestimmte Voraussetzungen müssen allerdings erfüllt
sein, namentlich ein gemeinsamer Elternantrag.

Die Rente für einen geschiedenen Ehegatten soll inskünftig nicht mehr vom
Verschulden, sondern von objektiven Kriterien (namentlich Ehedauer, Einkommen
und Vermögen, Alter und Gesundheit der Ehegatten, unmündige Kinder) abhängig
sein. Eine wichtige Verbesserung für geschiedene Frauen sieht der Entwurf bei
der beruflichen Vorsorge vor. Die von der Eheschliessung bis zur Scheidung im
Rahmen der 2. Säule geäuffneten Vermögenswerte sollen inskünftig nicht mehr
ausschliesslich dem erwerbstätigen Ehegatten zukommen, sondern unabhängig vom
Güterstand hälftig geteilt werden.

Im Frühjahr 1992 eröffnete das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement
(EJPD) das Vernehmlassungsverfahren zur vorliegenden Revision des ZGB, das bis
zum 31. Oktober 1992 dauerte. Der Vorentwurf, insbesondere das im Zentrum der
Revision stehende Scheidungsrecht stiessen auf sehr grosses Interesse. Die
überwiegende Mehrheit der zahlreichen Stellungnahmen, die im
Vernehm-lassungsverfahren eingegangen sind, erklärten sich mit der Konzeption
der geplanten Revision einverstanden. In vielen Einzelfragen kamen allerdings
auch unterschiedliche Standpunkte zum Ausdruck. Mit Beschluss vom 8. September
1993 beauftragte der Bundesrat das EJPD, den Vorentwurf im Lichte der
Vernehmlassungsergebnisse zu überarbeiten und eine Botschaft vorzulegen. Zudem
musste der Vorentwurf auch an das neue Freizügigkeitsgesetz angepasst werden.

21. November 1995

EIDGENÖSSISCHES
JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst

Weitere Auskünfte: Thomas Sutter (Tel. 322 41 76)
und Dieter Freiburghaus       (Tel. 322 41 78), Sektion Zivilgesetzbuch,
Bundesamt für Justiz