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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Referat Lex Friedrich / 11. April 1995

	Es gilt das gesprochene Wort

Revision der Lex Friedrich

Pressekonferenz vom 11. April 1995
Votum von Bundesrat Koller

Vom Schutzwall gegen Inflation und Spekulation...

Die Lex Friedrich und ihre Vorgängerinnen, die Lex von Moos,
die Lex Celio und die Lex Furgler, gehören zur
Wirtschaftsgeschichte der Nachkriegszeit. Eine Zeit, die
weltweit und auch in unserm Land geprägt war von
wirtschaftlichem Aufschwung, oft von einem eigentlichen Boom
in einem bislang unbekannten Ausmass. Mit diesem Boom einher
gingen aber auch Inflation, Spekulation und Währungskrisen.
Als Ursache wie auch als Folge dieser Erscheinungen nahm die
Nachfrage nach Grundeigentum seit Beginn der Fünfzigerjahre
und dann vor allem in den Siebzigerjahren stark zu. Käufer aus
dem Ausland, zum Teil durch Steuervergünstigungen angetrieben,
trugen mit zu diesem Trend bei.
Aus der Sorge, dass der Erwerb von Boden für Schweizer
unerschwinglich werden könnte, dass ausländische Unternehmen,
die in der Schweiz Land kaufen und sich hier niederlassen, die
wirtschaftliche Eigenständigkeit unseres Landes schwächen
würden, kurz aus der Angst vor Überfremdung wurde 1961 mit der
Lex von Moos erstmals ein Schutzwall gegen den
Grundstückerwerb durch Ausländer errichtet. Dieser wurde in
der Folge verschiedentlich erneuert und verstärkt. Mit der Lex
Friedrich, die am 1. Januar 1985 in Kraft trat, wurden
Personen im Ausland, die in der Schweiz eine Wohnung erwerben
oder Land für einen Industrie- oder Gewerbebetrieb kaufen
wollen, einer Bewilligungspflicht unterstellt. Die
Bewilligungen für Ferienwohnungen wurden kontingentiert, und
der Landerwerb zum Zwecke der Kapitalanlage wurde
grundsätzlich verboten.

... zum Hemmschuh für die wirtschaftliche Entwicklung
In der Zwischenzeit haben sich die wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen wesentlich verändert. Die Inflation hat
stark abgenommen; Steuerbegünsti-gungen sind weggefallen; eine
Kapitalflucht hin zu den Immobilien und die Spekulation mit
Grundstücken finden kaum mehr statt; auf dem Bodenmarkt
herrscht relative Ruhe. Anderseits hat die Schweiz ihre
Standortvorteile, die sie als ein vom Zweiten Weltkrieg
verschontes Land lange hatte, weitgehend eingebüsst. Ihre
Wirtschaft muss nun in einem sehr viel schärferen, sich
vielfach weltweit abspielenden Wettbewerb bestehen. Damit der
Wirtschaftsstandort Schweiz attraktiv bleibt und um einer
Abwanderung von Arbeitsplätzen entgegenzuwirken, sind
zusätzliche Anstrengungen nötig. Diese müssen unter anderem
darauf ausgerichtet sein, unser Land für ausländische
Investoren und Unternehmungen zu öffnen. Denn nur wenn sie in
die internationale Wirtschaft eingebunden ist, hat die Schweiz
als rohstoffarmes Land echte Entwicklungsperspektiven.
Mit der Lex Friedrich haben wir uns unter diesem Gesichtspunkt
in den letzten Jahren zunehmend Nachteile eingehandelt.
Ausländische Industrie- und Dienstleistungsunternehmen konnten
zwar auch unter diesem Gesetz das für ihre Produktionsstätten
und Geschäftshäuser nötige Land erwerben. Doch war hiezu ein
kompliziertes Bewilligungsverfahren nötig, das wohl etliche
Unternehmen abgeschreckt hat, sich in der Schweiz
niederzulassen. Auch lässt sich eine Beschränkung des
Grundstückerwerbs aufgrund der Nationalität des Käufers nicht
vereinbaren mit den von GATT und GATS sowie der OECD
verbundenen Liberalisierungsbemühungen, die wir im Interesse
unserer Wirtschaft doch sonst immer unterstützen. Schliesslich
steht das Gesetz im klaren Widerspruch zu den
Niederlassungsverträgen, welche die Schweiz mit den meisten
westeuropäischen Staaten abgeschlossen hat. Diese Missachtung
von Völkervertragsrecht kann, wie wir aus einigen Bündner
Fällen unangenehm erfahren haben, zu einer beträchtlichen
Hypothek für unsere Unternehmer und Bürger werden, wenn andere
Staaten ihrerseits nicht mehr bereit sind, Schweizern ohne
weiteres den Erwerb von Grundeigentum zu gestatten.

Kein Ausverkauf der Heimat
Seit 1967 sind 1'856 ha Land zusätzlich in ausländischen
Besitz übergegangen, das sind 0,05 Prozent der Landesfläche
bzw. 0,8 Prozent der ausgeschiedenen Bauzonen. Der Anteil des
ausländischen Grundeigentums an der Siedlungsfläche wird heute
auf 5 Prozent geschätzt. Seit 1985 ist zudem der Zuwachs von
ausländischem Grundeigentum stets zurückgegangen: Im Vergleich
zum jährlichen Durchschnitt in der Zeit von 1966 - 1984 macht
der durchschnittliche Zuwachs pro Jahr in der Periode 1985 -
1993 nur noch etwa einen Viertel aus. Was die Zweitwohnungen
angeht, haben in der gleichen Zeitperiode (1985 - 1993) sogar
mehr Schweizer Wohnungen von Ausländern zurückgekauft als
Ausländer Wohnungen neu erworben haben (was allerdings
teilweise auf eine besondere Situation im Kanton Wallis
zurückzuführen ist, der mangels gesetzlicher Grundlage eine
Zeitlang keine Bewilligungen für Grundstückerwerbe durch
Ausländer erteilen konnte). Fazit: Der befürchtete "Ausverkauf
der Heimat" findet nicht statt!

Probleme mit dem Boden vorwiegend hausgemacht
Wer sich von der Lex Friedrich einen wesentlichen Beitrag zur
Lösung raumplanerischer Probleme insbesondere im Zusammenhang
mit den Zweitwohnungsbau (Zersiedelung der Landschaft,
Verteuerung des Wohnraums für Einheimische, überdimensionierte
und zu teure Infrastrukturanlagen) erhofft hatte, wurde eher
enttäuscht. Zwar ist die Anzahl von ausländischen Eigentümern
von Zweitwohnungen beträchtlich - von den 250'000
Zweitwohnungen, die in der Zeit von 1960 bis 1990 erstellt
wurden, sind knapp 17 Prozent von Personen im Ausland erworben
worden. Die Kontingente für Zweitwohnungen sind aber, obwohl
sie in den letzten zehn Jahren vom Bundesrat kontinuierlich
herabgesetzt worden sind, gesamtschweizerisch gesehen kein
einziges Mal mehr ausgeschöpft worden. Das beweist, dass die
Zweitwohnungsprobleme zum wesentlichen Teil von uns Schweizern
verursacht werden, also hausgemacht sind.

Neue Attraktivität für den Werk- und Dienstleistungsplatz
Schweiz
Aus all diesen Ueberlegungen sind Bundesrat und Parlament zur
Auffassung gelangt, dass die geltende Lex Friedrich unter den
heutigen Bedingungen über das Ziel hinausschiesst, ja dass wir
Gefahr laufen, mit diesem Gesetz, wenn wir es nicht ändern,
ein wirtschaftliches und rechtliches Eigentor zu produzieren.
Mit der vorgesehenen Revision der Lex Friedrich kann der Werk-
und Dienstleistungsplatz Schweiz an Attraktivität gewinnen.
Zusätzliche Wertschöpfung wird möglich und damit auch die
Schaffung neuer Arbeitsplätze. Ausländische Unternehmen
brauchen keine Bewilligung mehr, wenn sie für ihren Betrieb
Grundstücke in der Schweiz kaufen. Investoren, die zwar selber
keine wirtschaftlichen Aktivitäten in unserm Land entfalten
wollen, die aber ihre Grundstücke in der Schweiz der
Industrie, dem Gewerbe oder Dienstleistungsbetrieben zur
Verfügung stellen, erhalten neu eine Kaufbewilligung. Die
ausländische Beteiligung an Gesellschaften mit Grundbesitz in
der Schweiz soll grundsätzlich ohne weitere Voraussetzungen
möglich sein; sie wird nur eingeschränkt, wenn die
entsprechende Gesellschaft gewerbsmässigen Immobilienhandel
betreibt. Die Revision führt aber auch zu einem Abbau von
staatlicher Bürokratie und zu einer Entlastung der Unternehmen
von administrativen Umtrieben. Kurz: das Klima für
ausländische Direktinvestitionen, die in den letzten Jahren
bedenklich zurückgegangen (1989: 3'687 Millionen, 1993: -344
Millionen) sind, wird günstiger.

Wirtschaftliche Chancengleichheit für alle Bewohner der
Schweiz
Eine Wirtschafts- und Sozialordnung, welche Ausländer
benachteiligt, beeinträchtigt letztlich die
Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft. Künftig sollen deshalb
alle Personen, die in der Schweiz Wohnsitz haben oder während
fünf Jahren gehabt haben, ohne Bewilligung Grundeigentum in
unserem Land erwerben können. Ein Ausländer, der in der
Schweiz Wohnsitz nehmen will, braucht aber nach wie vor eine
fremdenpolizeiliche Bewilligung. Zudem sollen - auch das
entspricht dem Gebot der wirtschaftlichen Gleichbehandlung -
auch jene Ausländer bewilligungsfrei Wohneigentum in unserm
Land erwerben können, die zwar im Ausland Wohnsitz haben, aber
hier arbeiten und über längere Zeit auf eine Wohnung
angewiesen sind.
Diese Regelung hat indessen auch ihre Kehrseite, indem die
noch verbleibenden Restriktionen beim Grundstückerwerb, auf
die ich noch zu sprechen komme, nicht nur für Ausländer im
Ausland, sondern auch für Auslandschweizer gelten. Doch hat
der Gesetzgeber der besonderen Lage der Auslandschweizer, die
vielfach noch starke Bindungen zu unserm Land haben, durchaus
Rechnung getragen. Just mit Blick auf die Auslandschweizer hat
er vorgesehen, dass Personen, die insgesamt während fünf
Jahren Wohnsitz in der Schweiz gehabt haben, nicht unter das
Gesetz fallen. Das bedeutet, dass zumindest die erste
Generation der Auslandschweizer in der Regel noch
bewilligungsfrei Grundeigentum in der Schweiz erwerben kann.
Ferner werden die Auslandschweizer wesentlich davon
profitieren, dass nach der Revision Erben das ihnen
zugefallene Grundstück behalten dürfen und es nicht wieder
veräussern müssen. Zudem bietet die Bestimmung Gewähr, dass
unsere Landsleute ihrerseits nicht Diskriminierungen
ausgesetzt sind und an ihrem Wohnort im Ausland gleich wie die
Einheimischen Grundeigentum erwerben können.
Keine ausländische Spekulation mit Schweizer Grundstücken
Allerdings bedeutet die Revision keineswegs, dass Ausländer
künftig nach Belieben Grundstücke in der Schweiz erwerben
können. Denn wir konnten die Erfahrung machen, dass sich die
wirtschaftliche Lage trotz eines unterdessen recht gut
entwickelten wirtschaftspolitischen Instrumentariums rasch
verändern kann. Inflationäre Schübe, Störungen im
Währungssystem, Kapitalfluchten in grossem Ausmass kommen
immer wieder vor. Auch herrscht, wie sich anlässlich von
andern Abstimmungen gezeigt hat, in der Bevölkerung eine
latente Angst vor unerwünschten ausländischen Einflüssen. Die
Furcht vor Ueberfremdung, vor einem "Ausverkauf der Heimat"
ist zwar, wie die Statistiken belegen, übertrieben. Sie
erscheint aber angesichts des hohen Anteils der ausländischen
Bevölkerung in der Schweiz (18,6 Prozent) und der Knappheit
des Bodens verständlich und muss ernst genommen werden. Wir
wollen deshalb die Lex Friedrich keinesfalls über Bord werfen,
sondern kontrolliert öffnen. Auch nach der Revision bleibt der
harte Kern bestehen.
Das heisst konkret: Ausländer, die lediglich ihr Geld in
schweizerischen Grundstücken anlegen wollen, ohne zusätzliche
wirtschaftliche Aktivitäten zu entfalten und Arbeitsplätze zu
schaffen, erhalten weiterhin keine Erwerbsbewilligung. Das ist
eine wichtige Massnahme, um der Preistreiberei auf dem
Bodenmarkt entgegenzuwirken. Aus dem gleichen Grund darf auch
künftig das ausländische Immobiliengewerbe nicht auf dem
schweizerischen Bodenmarkt operieren. Und schliesslich können
Ausländer weiterhin Ferienwohnungen nur im Rahmen eines vom
Bundesrat festzulegenden Kontingents erwerben. Den Kantonen
wird zwar erlaubt, die ihnen zustehenden Kontingentseinheiten
etwas flexibler zu handhaben, zum Beispiel die in einem Jahr
nicht verbrauchten Kontingente auf das nächste Jahr zu
übertragen. Insgesamt darf aber die Zahl der Bewilligungen für
Ferienwohnungen im Durchschnitt 2000 pro Jahr nicht
überschreiten. Dies entspricht der Zahl, die 1985 beim
Inkrafttreten der Lex Friedrich festgelegt wurde.
Selbstverständlich kann der Bundesrat die Kontingente auch
herabsetzen; erhöhen darf er sie jedoch nicht.

Ersatzlose Aufhebung der Lex Friedrich steht nicht zur
Diskussion
In den letzten zwei Jahren ist verschiedentlich eine
vollständige Aufhebung der Lex Friedrich verlangt worden. Ich
habe deshalb eine Expertenkommission unter dem Vorsitz von
Frau Regierungsrätin Füeg, Solothurn, beauftragt zu prüfen,
welche Auswirkungen eine Aufhebung des Gesetzes hätte und ob
in einem solchen Fall nicht bundes- oder kantonalrechtliche
Ersatzmassnahmen nötig wären.
Die Kommission hat ihren Bericht formell noch nicht
verabschiedet. Materiell steht aber heute schon fest, dass sie
eine Aufhebung der Lex Friedrich grundsätzlich befürwortet,
aber für diesen Fall flankierende raumplanerische und
allenfalls steuerrechtliche Massnahmen vorsieht, um
unerwünschte Entwicklungen im Zweit- und Ferienwohnungsmarkt
zu verhindern.
Kontrollierte Lockerung
Die Arbeit der Kommission bestärkt mich in der Auffassung,
dass Bundesrat und Parlament gut daran getan haben, die Lex
Friedrich nicht mit einem Federstrich zu beseitigen. Wir
wollen vielmehr behutsam, mit Augenmass und kontrolliert
vorgehen. Das revidierte Gesetz soll jene ausländischen
Investitionen in den schweizerischen Bodenmarkt, welche
unserer Wirtschaft neue Impulse geben, von unnötigen
Restriktionen befreien. Sie soll - zu einem erheblichen Teil
wenigstens - Diskriminierungen von Ausländern in unserer
Wirtschaft beseitigen, weil ja auch unsere Wirtschaft im
Ausland auf eine faire Behandlung in der Gesetzgebung anderer
Staaten angewiesen ist. Da wir aber ein kleines Land sind,
bleibt auch nach dieser Teilrevision des Gesetzes der
einheimische Bodenmarkt Ausländern, die hier lediglich eine
Kapitalanlage tätigen oder Grundstückhandel betreiben wollen,
verschlossen, und auch der Zweitwohnungsmarkt für Ausländer
wird weiterhin stark beschränkt.
Ob wir später, wie von der Expertenkommission Füeg
vorgeschlagen, eine weitergehende Liberalisierung ins Auge
fassen, ist heute eine offene Frage. Bevor Bundesrat und
Parlament darüber diskutieren, müssen Erfahrungen mit dem
revidierten Gesetz gemacht werden. Auch die Kommission Füeg
lehnt jedoch eine Aufhebung der revidierten Lex Freidrich ohne
Ersatzmassnahmen ab.
Ein ausgewogener Kompromiss
Bundesrat und Parlament halten die vorliegende Revision für
einen sinnvollen Mittelweg: Weder wird extremen Forderungen
nach völliger Aufgabe der bisherigen Einschränkungen
stattgegeben, noch wird die heutige starre Regelung
beibehalten. Von der Revision wird - nicht zuletzt in
benachteiligten Regionen - eine Belebung der Wirtschaft
ausgehen, ohne dass der Bodenanteil in ausländischem Besitz
übermässig zunimmt. Es handelt sich also um einen
ausgewogenen, tragfähigen Kompromiss, zu dem wir mit
Überzeugung Ja sagen.