Bewilligungspflicht statt Totalverbot, KMG
Keywords : Pressemitteilung, Initiative, Kriegsmaterial, Bundesrat,
Revision, Kriegsmaterialausfuhr
(Ti) Bewilligungspflicht statt Totalverbot
Bundesrat lehnt Initiative "für ein Verbot der
Kriegsmaterialausfuhr" ab - Revision des Bundesgesetzes
über das Kriegsmaterial als indirekter Gegenvorschlag
verabschiedet
(Ld) Der Bundesrat hat die Botschaft zur Volksinitiative "für ein
Verbot der Kriegsmate-rialausfuhr" zuhanden des
Parlaments verabschiedet. Er beantragt, das Begehren
Volk und Ständen mit der Empfehlung auf Ablehnung zur
Abstimmung zu unterbreiten. Im Sinne eines indirekten
Gegenvorschlags zu dieser Volksinitiative legte die
Landesregie-rung gleichzeitig den Entwurf zur
Totalrevision des Bundesgesetzes über das Kriegs-
material (KMG) vor.
(Tx) Initiative für den Bundesrat zu radikal
Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative "für ein Verbot der
Kriegsmaterialausfuhr" als zu radikal ab. Er begründet sein Nein wie
folgt: Schon seit langem nimmt die Schweiz ihr
sicherheitspolitisches Teilziel, Frieden und Sicherheit durch
Bemühungen um Rüstungs-kontrolle und Abrüstung zu wahren und
zu fördern, in vielfältiger Weise wahr. Anderseits hängt die
Verteidigungsfähigkeit eines Kleinstaates wie der Schweiz - nebst
anderen Faktoren - auch von der Möglichkeit einer eigenen
Rüstungsproduktion und einem eigenen industriellen
Rüstungsunterhalt bzw. von der Ein- und Ausfuhr von
Rüstungsgütern ab. Ein generelles Verbot der Aus- und Durchfuhr
von Kriegsmaterial und entsprechender Dienstleistungen würde
diese Möglichkeit unterbinden.
Kaum durchführbare Kontrollen
Der Vollzug der Bestimmungen der Volksinitiative würde
Kontrollmechanismen erfordern, die teilweise kaum durchführbar
wären: etwa die von den Initianten verlangten Abklärungen des
jeweiligen Verwendungszwecks sogenannter Dual-use-Güter (Güter,
die sowohl für kriegstechnische als auch für zivile Zwecke
verwendet werden können) im Ausland oder die Kontrolle von
Dienstleistungen und Finanzierungsgeschäften. Die Initiative hätte
im Falle ihrer Annahme schwere nachteilige Folgen, sowohl für die
Landesverteidigung als auch für unsere Exportindustrie und die
Rüstungsbetriebe des Bundes.
Initiative verfolgt vier Ziele
Die Volksinitiative "für ein Verbot der Kriegsmaterialausfuhr" wurde
im Frühjahr 1991 von der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz
(SPS) lanciert und am 24. September 1992 mit 108'762 gültigen
Unterschriften eingereicht. Sie verfolgt vier Ziele:
1. Die Förderung von internationalen Bestrebungen zur
Eindämmung des Kriegsmaterialhandels und zur
Rüstungsbeschränkung zugunsten der sozialen Entwicklung.
2. Ein Verbot der Ausfuhr, Durchfuhr und Vermittlung von Gütern
und Dienstleistungen für kriegstechnische Zwecke sowie
entsprechender Finanzierungsgeschäfte.
3. Ein Verbot der Ausfuhr, Durchfuhr und Vermittlung von Dual-
use-Gütern und -Dienstleistungen, sofern diese für
kriegstechnische Zwecke verwendet werden sollen, sowie
entsprechender Finanzierungsleistungen.
4. Ein Verbot von Umgehungsgeschäften zu diesen Sachverhalten.
Diese Ziele sollen nach dem Willen der Initianten mit Bewilligungs-
bzw. Meldepflichten für die einschlägigen Geschäfte, mit
Strafbestimmungen und der Einsetzung einer verwal-
tungsunabhängigen Instanz für den Vollzug erreicht werden.
NEUES KMG INTERNATIONAL KOMPATIBEL
Gestützt auf einen parlamentarischen Auftrag und unter
Berücksichtigung der Ergebnisse einer breiten Vernehmlassung hat
der Bundesrat gleichzeitig den Entwurf zu einem totalrevidierten
Kriegsmaterialgesetz vorgestellt; dieses wird damit formell zu einem
indirekten Gegenvorschlag zur Initiative "für ein Verbot der
Kriegsmaterialausfuhr". Der Entwurf geht von der Idee des
bisherigen Gesetzes aus, das eine Bewilligungspflicht (und nicht,
wie die Initiative, ein Verbot) für die einschlägigen Geschäfte mit
Kriegsmaterial enthält.
Mit der Revision will der Bundesrat eine gewisse Übereinstimmung
mit den Rechtsordnungen vergleichbarer Staaten erreichen und der
Schweizer Industrie die internationale Zusammenarbeit erleichtern.
Zugleich werden Lücken im geltenden Gesetz geschlossen.
Hauptpunkte der Gesetzesrevision
- Der Begriff des Kriegsmaterials wird erweitert und dadurch
international kompatibel. Definitionskriterium ist die spezifisch
militärische Konzeption des Materials, womit Dual-use-Güter
nicht darunter fallen. (Während Kriegsmaterial ein im KMG
definierter Begriff ist, sind Dual-use-Güter dem
Güterkontrollgesetz unterstellt.)
- Spezifische Ausrüstungsgegenstände für die Kampfausbildung
(z.B. Schiess-Simulatoren) sowie Maschinen und Werkzeuge, die
ausschliesslich der Herstellung oder dem Unterhalt von
Kriegsmaterial dienen, werden neu dem Gesetz unterstellt. (Was
Kriegsmaterial ist, wird detailliert in einer bundesrätlichen
Verordnung aufgelistet.)
- Bewilligungspflichtig wird sodann auch der Transfer von
Technologie aus dem Kriegs-materialbereich.
- Bei den bewilligungspflichtigen Tätigkeiten werden fortan auch
Vermittlungsgeschäfte in der Schweiz erfasst, bei denen die
vermittelten Güter sich gar nie auf schweizerischem Territorium
befinden. Damit lassen sich vor allem Waffenschiebereien verhin-
dern, die lediglich aufgrund des liberalen Rechts von der Schweiz
aus abgewickelt werden, ansonsten aber in keiner Weise im
Interesse unseres Landes stehen.
- Ausserdem enthält der Entwurf ein generelles Verbot jeglicher
Aktivitäten zur Förderung der atomaren, biologischen und
chemischen Waffen (ABC-Waffen).
- Neu ins KMG aufgenommen wird eine gesetzliche Grundlage für
Embargo-Entscheide.
- Mit einer Neuregelung im Bereich der Nichtwiederausfuhr-
Erklärungen soll schliesslich die Zusammenarbeit der
schweizerischen Rüstungsindustrie mit ausländischen Partnern
erleichtert werden.
- Die Bewilligungskriterien für Auslandsgeschäfte werden neu
gefasst, um dem aussenpolitischen Charakter solcher Entscheide
besser Rechnung zu tragen.
Die im KMG-Entwurf formulierten Neuerungen entsprechen
weitgehend den heutigen Rechtsordnungen vergleichbarer Staaten
sowie Empfehlungen internationaler Gremien.
Nicht in das Gesetz aufgenommen wurden Bestimmungen über die
Kontrolle von reinen Finanzierungsgeschäften sowie von
ausländischen Tochtergesellschaften schweizerischer Unternehmen.
Der Grund: Die Erfassung dieser Bereiche wäre mit
unverhältnismässigem Aufwand verbunden und zudem teilweise
völkerrechtlich problematisch.
Überarbeitete Gesetzesvorlage
Die Hauptpunkte der Ende 1993 in die Vernehmlassung gegebene
Vorlage für ein neues KMG wurden im jetzigen Botschaftsentwurf
beibehalten. Eine Überarbeitung erfuhren im wesentlichen die
folgenden Bereiche:
- Zweckartikel (Art. 1): Neu werden die Ziele des KMG in einem
Zweckartikel dargelegt.
- Abstimmung mit dem künftigen Waffengesetz: Grundsätzlich
sollen die Aktivitäten von (nicht gewerbsmässig tätigen)
Privatpersonen im Inland konsequent durch die Waf-
fengesetzgebung erfasst werden, namentlich bezüglich
Herstellung (Art. 12), Vermitt-lung (Art. 14) und Einfuhr (Art. 16
Abs. 4).
- Fabrikationsbewilligung (Art. 13): Bei Bewilligungsgesuchen für
Kriegsmaterial, das für das Ausland bestimmt ist, wird die
Rechtssicherheit zur Erlangung der nachfolgenden
Ausfuhrbewilligung verbessert.
- Bewilligung für Vermittlungsgeschäfte (Art. 14) und
Technologietransfer (Art. 19): Neu wird die Möglichkeit
vorgesehen, dass der Bundesrat für gewisse Länder Ausnahmen
vorsehen kann. Solche könnten für Staaten innerhalb der OECD
in Frage kommen.
- Nichtwiederausfuhr-Erklärung (Art. 17): Die Regelung wird mit den
im geltenden Ge-setz erwähnten "anonymen Teilen" ergänzt.
- Embargo (Art. 23): Die Voraussetzungen für Embargo-Beschlüsse
werden präzisiert.
- Anpassung an das Exportkontrollgesetz und das Atomgesetz:
Verschiedene Bestimmungen über die Kontrollen (Art. 26 Abs.
3), Strafen (Art. 33-36) und Amtshilfe (Art. 38 f.) werden mit den
Bestimmungen in den Entwürfen zu den beiden angeführten
Gesetzen nach Möglichkeit in Übereinstimmung gebracht.
- Übergangsbestimmung (Art. 42): Die Übergangsregelung wird
vereinfacht.
Für zusätzliche Auskünfte zum KMG :
Hansjörg Meyer, Fürsprecher, Rechtsabteilung des EMD
Tel. 031 / 324 50 21
Tel. 031