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Kanton
Appenzell-Ausserrhoden, reformiert, gemässigt liberal
Geboren 21. Februar 1813 in Wald (Appenzell-Ausserrhoden)
Verstorben 6. Juli 1883 in Bern
Eidgenössischer Staatsschreiber 1847/48
Sohn eines Pfarrers und Redaktors; Schulbesuch in Basel; Studium
(Jurisprudenz, Geschichte und Philosophie) in Basel, Jena, Berlin
und Göttingen; Dr. phil. 1835. Danach im Kanton Appenzell-Ausserrhoden
Archivar (1835), Verhörrichter (1836–1839) und Ratsschreiber
(1839–1847). |
Kanzlerwahl ohne Kandidatur!
In der Sonderbundskrise wurde Schiess
im Juli 1847 gegen den damaligen Amtsinhaber August
von Gonzenbach zum Staatsschreiber der Eidgenossenschaft gewählt.
Schiess hatte gar nicht kandidiert; er erfuhr von seiner Wahl aus
der Zeitung! Schiess sagte auf den 1. Januar 1848 zu. Wegen der
Doppelvakanz in der Kanzlei (Kanzler AmRhyn
trat im Oktober ebenfalls zurück) musste Schiess sein Amt aber
schon im November 1847 antreten und amtierte gleichzeitig interimistisch
bereits als Kanzler. 1848 wurde er von der Tagsatzung offiziell
zum Kanzler gewählt. Im Herbst 1848 wurde Schiess von der Bundesversammlung
mit 121 von 124 Stimmen unumstritten im Kanzleramt bestätigt:
Zeichen seines sofort erworbenen hohen Ansehens als Staatsdiener
über die Kriegsparteigrenzen hinweg. 33 Jahre lang prägte
Schiess dieses Amt mit seiner Persönlichkeit.
Schwerarbeiter mit breiter Anerkennung
Schiess kam um fünf Uhr morgens ins Büro und arbeitete
oft bis tief in die Nacht. Streng wie gegen sich selbst war Schiess
auch gegen seine Angestellten: So soll er zuweilen Zuspätkommenden
einen tüchtigen Klaps verabreicht haben oder mit dem Lineal
gegen träge Angestellte vorgegangen sein. Unter seiner Leitung
erlangte die eidgenössische Verwaltung internationale Beachtung.
Er erhielt 1862 den Ehrendoktor der Universität Jena mit der
Würdigung: "[...] dem in Amtsgeschäften erfahrensten
Mann, dem überaus starken Hüter helvetischer Freiheit".
Schiess wurde bekannt für die nuancierte, knappe, substantiell
reichhaltige Protokollierung der Nationalratsverhandlungen und besonders
der Verfassungsdiskussionen 1870–1874
sowie für ihre vollständige Herausgabe.
Politiker
Schriftstücke, die ins Ausland verschickt wurden oder von staatsrechtlicher
Tragweite liess Schiess in Schönschrift besonders gediegen
gestalten, was ihm und der Kanzlei im In- und Ausland viel Lob eintrug.
Schiess wurde vom Bundesrat auch mit internationalen Missionen in
Nachbarstaaten betraut. Nach seinem Rücktritt sass Schiess
für seinen Kanton ab 1881 im Nationalrat. Auf dem Weg dorthin,
wo er 33 Jahre lang Protokoll geführt hatte, erlag Schiess
am 6. Juli 1883 einem Hirnschlag.
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