Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Volksinitiative "Volkssouveränität
statt Behördenpropaganda"
Der Bundesrat beantragt der Bundesversammlung, die
Volksinitiative "Volkssouveränität statt Behördenpropaganda" ohne direkten oder
indirekten Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. Er ist der Ansicht, dass
die freie Meinungs- und Willensbildung der Stimmberechtigten durch die Annahme
der Initiative nicht gewährleistet, sondern vielmehr gefährdet würde.
Die
Volksinitiative war am 11. August 2004 eingereicht werden. Sie verlangt eine
Ergänzung zu Artikel 34 BV über die Garantie der politischen Rechte und sieht
verschiedene Massnahmen vor. So soll es Bundesrat und Bundesverwaltung
grundsätzlich verboten sein, im Vorfeld von Abstimmungen über die Vorlage zu
informieren. Ausnahme bildet zum einen eine einmalige kurze Information durch
die zuständige Departementsvorsteherin oder den zuständigen
Departementsvorsteher, zum anderen bleibt das Abstimmungsbüchlein weiterhin
zulässig. Die Initiative schränkt zudem die Informationstätigkeit der
Bundesversammlung ein und hat Auswirkungen auf Abstimmungen auf Kantons- und
Gemeindeebene.
Das Verfassungsrecht des Bundes verlangt, dass Abstimmungs- oder
Wahlergebnisse den freien Willen der Stimmberechtigten zuverlässig und
unverfälscht zum Ausdruck bringen. Bundesrat und Bundesverwaltung sind
verpflichtet dafür zu sorgen, dass sich die Stimmberechtigten ihre Entscheidung
nach freiem Willen bilden können. Mit der Annahme der Initiative könnte der
Bundesrat diesen Ansprüchen nicht mehr genügen und damit seiner Funktion als
oberste leitende Behörde nicht mehr nachkommen: Der Bundesrat muss auch in der
intensivsten Phase des Willensbildungsprozesses präsent bleiben, Fragen
beantworten, Unklarheiten beheben, auf neue Argumente eingehen sowie Zusammenhänge und Folgen des Entscheids
aufzeigen. Die Stimmberechtigten haben zudem ein Anrecht darauf, nicht nur die
Haltung ihrer Regierung zu einer Vorlage, sondern auch deren Begründung zu
kennen. Schliesslich müssen Bundesrat und Bundesverwaltung namentlich dann
korrigierend eingreifen können, wenn falsche oder irreführende Äusserungen
Privater die freie Meinungs- oder Willensbildung zu gefährden drohen. Auch haben
Bundesrat und Bundesverwaltung über neue erhebliche Tatsachen zu informieren,
deren Kenntnis für eine objektive Entscheidung über eine Vorlage notwendig ist.
Die
Informationstätigkeit von Bundesrat und Bundesverwaltung vor Abstimmungen hat
sich allerdings an klaren Kriterien zu orientieren. Bei ihrer
Informationstätigkeit im Vorfeld von Volksabstimmungen halten sich Bundesrat und
Bundesverwaltung deshalb an die Grundsätze von Kontinuität, Transparenz,
Sachlichkeit und Verhältnismässigkeit, wie sie im Bericht "Das
Engagement von Bundesrat und Bundesverwaltung im Vorfeld von eidgenössischen
Abstimmungen" der
Konferenz der Informationsdienste von 2001 (Bericht AG KID) verankert
sind.
Die neue Verfassungsbestimmung wäre teilweise auf die
Kantone und Gemeinden anwendbar. So müssten die Termine auch für die kantonalen
und kommunalen Abstimmungen sechs Monate im Voraus angekündigt werden, was
zumindest für kommunale Abstimmungen schwierig umsetzbar ist. Auch Kantone und
Gemeinden müssten zudem den Abstimmungsunterlagen immer die geltenden
Rechtstexte beilegen, was zu einem erheblichen Mehraufwand führen
dürfte.
Aus diesen
Gründen lehnt der Bundesrat die Volksinitiative ab. Bereits am 10.November 2004
hat er beschlossen, keinen Gegenentwurf zu unterbreiten. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass mit den
breit anerkannten Grundsätzen des Berichtes AG KID die Informationstätigkeit vor
Abstimmungen ausreichend geregelt ist. Eine Verankerung dieser Grundsätze auf
Gesetzesebene erachtet er daher nicht als
nötig.
SCHWEIZERISCHE
BUNDESKANZLEI
Information und
Kommunikation
Bern, 29. Juni 2005
Für
Rückfragen:
Thomas Sägesser, Leiter Sektion Recht
Tel. 031 / 322 41 51