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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Strafverbüssung im Heimatstaat ohne Einverständnis der verurteilten Person

Rechtliche Grundlagen treten am 1. Oktober 2004 in Kraft

Bern, 17.09.2004. Verurteilte Personen können künftig auch ohne ihr
Einverständnis in ihren Heimatstaat zur Strafverbüssung überstellt werden.
Das Zusatzprotokoll zum Überstellungsübereinkommen des Europarats tritt für
die Schweiz am 1. Oktober 2004 in Kraft. Die erforderlichen Anpassungen des
Rechtshilfegesetzes hat der Bundesrat auf den gleichen Zeitpunkt in Kraft
gesetzt.

Das von der Schweiz seit 1988 angewendete Übereinkommen des Europarates über
die Überstellung verurteilter Personen ermöglicht ausländischen
Strafgefangenen, ihre Strafe im Heimatstaat zu verbüssen. Das
Überstellungsübereinkommen dient einem humanitären Zweck und will die
Wiedereingliederung von Strafgefangenen in die Gesellschaft fördern. Es kann
jedoch nur angewendet werden, wenn die verurteilte Person eine Überstellung
wünscht.

Ohne oder gegen den Willen der verurteilten Person

Im Interesse einer weiter gehenden internationalen Zusammenarbeit sieht das
Zusatzprotokoll vor, dass auch ohne oder gegen den Willen einer verurteilten
Person in zwei Fällen eine Strafvollstreckung im Heimatstaat erfolgen kann.

·         Wenn gegen die verurteilte Person im Urteilsstaat eine
rechtskräftige Aus- oder Wegweisungsverfügung vorliegt, kann sie in ihren
Heimatstaat zum Vollzug einer Reststrafe von mindestens sechs Monaten
überstellt werden.

·         Wenn die verurteilte Person aus dem Urteilsstaat in ihren
Heimatstaat flieht und sich so der Strafverbüssung zu entziehen versucht,
kann der Heimatstaat stellvertretend die Strafe vollstrecken.

In beiden Fällen ist die Zustimmung des Heimatstaates erforderlich.

Rechte der verurteilten Person

Nach dem Zusatzprotokoll muss einer verurteilten Person insbesondere das
rechtliche Gehör gewährt werden. In der Schweiz kann sie sich sowohl einer
Überstellung an den Heimatstaat als auch einem Vollzug einer ausländischen
Strafe widersetzen. Gegen das auf Antrag eines Kantons vom Bundesamt für
Justiz (BJ) gestellte Überstellungsersuchen ist eine
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht möglich. Das
Zusatzprotokoll bleibt dem Gedanken der Resozialisierung verpflichtet und
bezweckt eine Wiedereingliederung im Heimatstaat, das heisst im gewohnten
sozialen und kulturellen Umfeld. Gegen den Entscheid, ein ausländisches
Urteil in der Schweiz zu vollstrecken, müssen die zuständigen kantonalen
Behörden mindestens eine Weiterzugsmöglichkeit vorsehen.

Für den Beitritt anderer Staaten werben

Das bisher von 25 Mitgliedstaaten des Europarates ratifizierte
Zusatzprotokoll dürfte in der Schweiz den Anteil ausländischer
Strafgefangener reduzieren und die Strafanstalten entlasten. Zu erwarten ist
auch eine abschreckende Wirkung auf kriminelle Ausländer ohne gewöhnlichen
Aufenthalt in der Schweiz ("Kriminaltouristen"). Damit möglichst zahlreiche
Überstellungen vollzogen werden können, will der Bundesrat aktiv für den
Beitritt anderer Staaten zum Zusatzprotokoll werben und dieses Thema an
Justizministertreffen sowie Arbeits- und Staatsbesuchen zur Sprache bringen.
Die Erreichung dieses Ziels setzt zudem voraus, dass nach dem Erlass von
Urteilen gegen ausländische Straftäter die kantonalen Ausländer- und
Migrationsbehörden rasch Aus- oder Wegweisungsentscheide fällen.

Weitere Auskünfte:

Folco Galli, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 322 77 88