Vorschläge der
Arbeitsgruppe „Bundesgerichtsgesetz“
Bern,
07.04.2004. Im Rahmen der Totalrevision der Bundesrechtspflege hat eine von
Bundesrat Christoph Blocher geleitete Arbeitsgruppe Vorschläge erarbeitet, wie
der umstrittene Zugang zum Bundesgericht neu geregelt werden soll: Bei der
Verletzung verfassungsmässiger Rechte soll eine zusätzliche Form der Beschwerde
an das Bundesgericht möglich sein. Zudem soll die Streitwertgrenze in
Zivilsachen weniger stark als vorgesehen angehoben
werden.
Im
Rahmen der Totalrevision der Bundesrechtspflege verabschiedete das Parlament im
Herbst 2002 das Strafgerichtsgesetz. Das Bundesgerichtsgesetz und das
Verwaltungsgerichtsgesetz wurden vom Ständerat im Herbst 2003 verabschiedet und
an den Nationalrat überwiesen. Am 16. Januar 2004 erteilte die Rechtskommission
des Nationalrats dem Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) auf Anregung
von Bundesrat Christoph Blocher den Auftrag, mit dem Bundesgericht und dem Eidg.
Versicherungsgericht nach Lösungen zu suchen, welche die Bedenken des
Bundesgerichts gegenüber dem Bundesgerichtsgesetz
berücksichtigen.
Das
Rechtsmittelsystem ergänzen
Die von Bundesrat Christoph Blocher selbst geleitete Arbeitsgruppe schlägt in ihrem Bericht vor, am Übergang zum System der drei Einheitsbeschwerden in Zivilsachen, Strafsachen und öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten festzuhalten. Damit bleibt die zentrale Neuerung im zukünftigen Rechtsmittelsystem, welche die komplizierten Beschwerdewege ans Bundesgericht vereinfacht, ungetastet. Neu soll aber eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen jene kantonalen Entscheide möglich sein, die nicht ans Bundesgericht weitergezogen werden können werden (Fälle unterhalb der Streitwertgrenze oder ausgeschlossener Sachgebiete). Diese Neuerung schliesst eine Rechtsschutzlücke und verhindert, dass letztinstanzliche Entscheide der Kantone direkt beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg angefochten werden können.
Streitwertgrenze nur der Teuerung
anpassen
Zur Entlastung des Bundesgerichts haben Bundesrat und Ständerat die Streitwertgrenze in Zivilsachen von 8000 auf 40 000 Franken erhöht. Gemäss Arbeitsgruppe soll der geltende Streitwert hingegen lediglich der Teuerung angepasst und neu auf 30 000 Franken festgesetzt werden. Bei der Beschwerde in Strafsachen beantragt die Arbeitsgruppe, auf die Einführung von Mindeststreitwertgrenzen zu verzichten. Abklärungen haben ergeben, dass der Entlastungseffekt kleiner wäre als ursprünglich angenommen. Zudem ist die Einführung von Mindeststreitwerten im Bereich des Strafrechts politisch umstritten.
Aufsicht
über die erstinstanzlichen Bundesgerichte
Die
Arbeitsgruppe schlägt ferner vor, die Oberaufsicht des Parlaments über die
erstinstanzlichen Bundesgerichte durch eine vorgeschaltete, direkte Aufsicht des
Bundesgerichts zu ergänzen. Das Bundesgericht ist als oberste Fachinstanz in
Justizfragen besser geeignet, Missstände in der Geschäftsführung des
Bundesstrafgerichts in Bellinzona und des künftigen Bundesverwaltungsgerichts in
St. Gallen zu erkennen. Als übergeordnete Rechtsmittelinstanz ist es über
Stärken und Schwächen der erstinstanzlichen Gerichte im Bild und kann daher
Mängel frühzeitig wahrnehmen.
Weitere
Auskünfte:
Heinrich Koller, Direktor Bundesamt für Justiz, Tel. 031 322 41 01