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Beschwerde bei der IAO gegen die Schweiz: Der Bundesrat weist die

Beschwerde bei der IAO gegen die Schweiz: Der Bundesrat weist die
Argumente des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes zurück

Der Bundesrat hat am 31. März 2004 seine Antwort auf die am 14. Mai
2003 vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) bei der
Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) eingereichten Beschwerde
gegen die Schweiz gutgeheissen. Der Bundesrat ersucht die IAO, auf die
Beschwerde des SGB nicht einzutreten.

Gemäss SGB verstösst die Schweiz gegen die Verpflichtungen des
Übereinkommens Nr. 98 über die Anwendung der Grundsätze des
Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (von der
Schweiz am 17. August 1999 ratifiziert): nach Auffassung des SGB ist es
den Gerichten infolge der Bestimmungen des Obligationenrechts nicht
möglich, eine Strafe mit abschreckender Wirkung (in der Regel 3
Monatslöhne) gegen Arbeitgeber auszusprechen, die einen
Gewerkschaftsvertreter oder einen von den Arbeitnehmern gewählten
Vertreter missbräuchlich entlassen. Der SGB ist ausserdem der Ansicht,
dass mit Ausnahme von gewissen Fällen, die im Gleichstellungsgesetz
vorgesehen sind, die Wiedereinstellung eines entlassenen Arbeitnehmers
nicht garantiert sei.

Mit dem Übereinkommen Nr. 98 soll der Schutz der Vereinigungsfreiheit
der Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitgebern und der Schutz der
Arbeitnehmerverbände gegenüber den Arbeitgeberverbänden - und umgekehrt
- gewährleistet werden. Zum anderen sollen freiwillige
Kollektivverhandlungen unter Wahrung der Unabhängigkeit der Parteien
gefördert werden.

Der Bundesrat verweist auf seine Argumentation in der Botschaft vom 21.
September 1998 zur Ratifizierung des Übereinkommens: das positive Recht
der Schweiz steht in allen Belangen im Einklang mit dem Übereinkommen;
die Schweizer Gesetzgebung zur missbräuchlichen Kündigung trägt der
Tatsache Rechnung, dass eine Entschädigung von bis zu sechs
Monatslöhnen abschreckend genug ist, da die grosse Mehrheit der
Unternehmen in der Schweiz KMUs sind. Der Ermessenspielraum des
Richters erlaubt es ihm, dem Arbeitnehmer eine Entschädigung
zuzusprechen, deren Höhe nach Ermessen festgelegt wird. Das Parlament
wollte das Prinzip der Wiedereinstellung des entlassenden Arbeitnehmers
nicht einführen. Weder das Übereinkommen Nr. 98 noch die Rechtsprechung
der IAO-Kontrollorgane sehen diesen Grundsatz im Übrigen vor. Im Rahmen
des Ratifizierungsverfahrens wurden keine Anträge auf Änderung der
Schweizer Gesetzgebung gestellt, die darauf zielten, den
Arbeitnehmerschutz bei missbräuchlichen Entlassungen zu stärken. Das
Parlament ist dem Bundesrat in seiner Argumentation gefolgt. Die
Beschwerde könnte Ende Mai 2004 von der IAO behandelt werden.

Jean-Jacques Elmiger,
 seco,
 Internationale Arbeitsfragen,
 Tel. 031 322 28 87